Martin Luther Protestanten feiern die Reformation

Homburg · Am 31. Oktober 1517 hatte Martin Luther 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen, mit denen er den Ablasshandel der katholischen Kirche anprangerte. Diese Tat vor 500 Jahren gilt als Beginn der Reformation.

 Zum Jubiläum der Reformation sieht man das Gesicht von Martin Luther allerorten – zum Beispiel auf diesen Magneten.

Zum Jubiläum der Reformation sieht man das Gesicht von Martin Luther allerorten – zum Beispiel auf diesen Magneten.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Proppenvolle Kirchenbänke, viel Musik, gute Predigten und viele, viele Gäste aus Politik, Kultur, Sport, Wirtschaft und Wissenschaft und natürlich aus den Gemeinden: So sah es am 31. Oktober des vergangenen Jahres in der protestantischen Stadtkirche in Homburg aus. Die Kirchenkreise und Kirchenbezirke im Saarland hatten mit einem zentralen Gottesdienst das Reformationsjubiläumsjahr festlich eröffnet. „Eine große Ehre für uns“, hieß es allerorten in unserer Region. Diese Eröffnungsfeier läutete eine Vielzahl von Veranstaltungen für das Reformationsjubiläum im Saarland ein. Die beiden Kirchenkreise der Rheinischen Kirche, Saar-Ost und Saar-West, sowie die Dekanate Homburg (mit Dekan Thomas Holtmann) und Zweibrücken (mit Dekan Peter Butz) in der Pfälzischen Kirche haben beschlossen, das Jubiläum im Saarland gemeinsam zu feiern. Und diese Feierlichkeiten finden zwischen dem 29. Oktober und 31. Oktober (der ein bundesweiter Feiertag in diesem Jahr ist) nun ihren Höhepunkt zwischen Homburg-City, Erbach, Einöd, Bruchhof-Sanddorf, Beeden, Bierbach, Blieskastel, Mimbach und Ensheim.

Der Saarpfalz kommt bei der Reformation eine Schlüsselrolle zu. Im Herzogtum-Pfalz, zu dem viele Gemeinden aus der Region gehörten, war Johannes Schweblin (Johann Schwebel) eine Hauptfigur. Er war 1523 Hofprediger in Zweibrücken. Durch Philipp Melanchthon und Franz von Sickingen mit Luthers Theologie vertraut, publizierte Schwebel bereits 1522 seine Erstlingsschrift als Reformator. Er bearbeitete unter anderem Grundsätze zu einem Gottesdienst in deutscher Sprache und der Kommunion in beiderlei Gestalt, die er 1533 für eine vorläufige Kirchenordnung in zwölf Artikel zusammenfasste. Nach dem Tod des Zweibrücker Herzogs Ludwig II., der reformatorischen Stimmungen sehr aufgeschlossen gegenüberstand, wurde nach der Regierungsübernahme seines Sohnes Wolfgang die Neuordnung des Kirchenwesens nach reformatorischen Gesichtspunkten im Fürstentum vollzogen. Am 21. Mai 1539 tagte eine Versammlung von zehn Pfarrern, die später „Synode“ genannt wurde. In unserer Saarpfalz-Region gibt es eine Besonderheit: Der Kirchenbezirk Homburg umfasst größenteils pfälzische Gemeinden und der Kirchenbezirk Zweibrücken hat größenteils die Gemeinde im Bliesgau bis zur lothringischen Grenze. Der Homburger Stadtteil Einöd-Ingweiler ist Teil von Zweibrücken.

Einige Veranstaltungen, neben der Festgottesdiensten, sollen als Beispiel für die vielen Aktivitäten zum zu Ende gehenden Jubiläum dienen:  In Beeden werden an der Friedenskirche   Schwedenfeuer und Fackellichter entzündet. In Einöd ist es möglich auf einer Tür vor der Apostelkirche „Einöder Thesen zur Reformation“ anzubringen. In Homburg startet  am Reformationstag um 18.30 Uhr ein Luther-Umzug durch die obere Altstadt: Mit Luther-Konterfei und begleitet von Bläsern laden die Präparanden und Konfirmanden der Kirchengemeinden Homburg, Kirrberg und Bruchhof-Sanddorf zu einem Rundgang. Wer dabei sein möchte, sollte sich um 18.15 Uhr an der Stadtkirche einfinden. Im sich anschließenden Gottesdienst in der Stadtkirche steht dann die Gegenwartsrelevanz von Luthers Thesen im Mittelpunkt, dargestellt an ausgewählten Beispielen. Einen ökumenischen Impuls setzen um 20 Uhr „Die unerschrockene Nonne und der streitbare Mönch“. Obwohl sie sich im realen Leben nie begegnet sind, aber zu ähnlicher Zeit gelebt haben, treffen die Nonne Teresa von Avila aus Spanien und der Mönch Martin Luther in einem fiktiven Dialog aufeinander.

Aus einer repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts geht hervor, die das Monatsmagazin „chrismon“ zwischen August und September in Auftrag gegeben hat, dass 13 Prozent der Westdeutschen  nichts mit dem Namen „Martin Luther“ anfangen können, in Ostdeutschland sind es lediglich drei Prozent.  Bei der Umfrage entschieden sich 37 Prozent aller Teilnehmer für die Antwortmöglichkeit „Kirchenerneuerer“. 33 Prozent sehen in Luther am ehesten den „Bibelübersetzer“. Elf Prozent gaben trotz der Vorgaben an, nichts von Luther zu wissen, beziehungsweise keine Angabe machen zu wollen. Als weitere Antwortmöglichkeiten waren „Nationalheld“ (11 Prozent), „Kirchenspalter“ (7), „Antisemit“ (1) und „Bauernschinder“ (keine Stimme) vorgegeben. Die Männer sehen laut der Umfrage in Martin Luther eher den Kirchen-
erneuerer (43 Prozent) als den Bibelübersetzer (29 Prozent), bei den Frauen ist es umgekehrt. Hier liegt der Übersetzer mit 36 Prozent vor dem Kirchenerneuerer (32 Prozent). Auch vor dem Hintergrund dieser aktuellen Umfrage finden zum Ende des Jubiläumsjahres viele Veranstaltungen in unserer Region statt. Was bleibt, was kommt?

 Die Apostelkirche in Einöd mit ihrem Portal ist ein Blickfang in der saarpfälzischen Region.

Die Apostelkirche in Einöd mit ihrem Portal ist ein Blickfang in der saarpfälzischen Region.

Foto: Markus Heitz/Hauptstraße Einöd
 Eine blaue Luther-Büste auf einem bunten Sockel steht vor der Homburger Stadtkirche. 

Eine blaue Luther-Büste auf einem bunten Sockel steht vor der Homburger Stadtkirche. 

Foto: Christine Maack

„Zahlreiche Impulse der Reformation haben weit über die Kirche hinaus Gesellschaft, Politik und Kultur geprägt“, sagte Christian Weyer, Superintendent des Kirchenkreises Saar-West und Sprecher der Steuerungsgruppe, die das Programm geplant hat. Dies hätten die Kirchen in den letzten zehn Jahren in Themenjahren bedacht. „Da ging es um die Impulse, die die Reformatoren der Kirchenmusik gegeben haben, um das Thema Bildung, die soziale Frage oder unsere Verantwortung für die Eine Welt“, sagte der Theologe. „Die Bereitschaft, sich immer wieder zu hinterfragen und zu verändern, das ist die Aufgabe, die wir aus dem Reformationsjubiläumsjahr mitnehmen. Aus allen Bereichen der Kirche und der Gesellschaft haben wir Anregungen zur Weiterentwicklung unserer Kirche erhalten.“ Das könne und dürfe nicht ohne Auswirkung bleiben. „Wir wollen eine Kirche sein, die ihre Kraft aus dem Evangelium schöpft, und die sich mit dieser Kraft auch in die gesellschaftlichen Prozesse einbringt“, sagte er. Christian Schad, Präsident der Protestantischen Landeskirche der Pfalz:  „Wir wollen die Impulse Martin Luthers aufgreifen und als Zukunftsaufgabe für Kirche und Gesellschaft annehmen.“ Nicht die Spaltung, sondern die Erneuerung der Kirche sei die Absicht  Luthers gewesen: „Wir haben gerade heute viel Grund dazu, die bleibenden Unterschiede als Ausdrucksformen einer tiefer liegenden ökumenischen Gemeinsamkeit zu betrachten und verständlich zu machen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort