Hobbygärtner aus Limbach Sieben Jahrzehnte Chorgesang verfallen

Limbach · Der Limbacher Manfred Gräßer hat Talente auf vielen Gebieten, unter anderem auch als Hobbygärtner.

 Hobbygärtner Manfred Gräßer in seinem Garten in Limbach mit einigen selbst gezüchteten Prachtstücken.  Foto: Sebastian Dingler

Hobbygärtner Manfred Gräßer in seinem Garten in Limbach mit einigen selbst gezüchteten Prachtstücken. Foto: Sebastian Dingler

Foto: Sebastian Dingler

Was hat dieser Mann alles schon erlebt! Die letzten Kriegsjahre, als Manfred Gräßer 13 Jahre alt war, seine Tätigkeiten bei Saarstahl und bei der Saarbrücker Zeitung bis hin zu den zahlreichen Hobbys, die der Limbacher ausgeübt hat — das würde für mehrere Artikel reichen. Der eigentliche Anlass, nämlich eine besonders große Zucchini, die im Garten der Gräßers heranwuchs, wirkt da fast nebensächlich.

Seit 70 Jahren singt der mittlerweile 86-jährige in Chören, mehrere hat er selbst geleitet, zum Teil sieben gleichzeitig. Als Chorleiter hörte er erst vor drei Jahren auf. Ein 110 Jahre altes Klavier steht in seinem Wohnzimmer, auf dem er noch gerne die Finger über die Tasten fliegen lässt. Und nach wie vor gestaltet er Singnachmittage im Seniorenheim. Auch die Gottesdienste dort werden von ihm am Klavier begleitet. Die Chorleiter-Ausbildung machte Gräßer vor vielen Jahren an der Musikhochschule in Saarbrücken.

„Da haben 44 mit mir angefangen. Als es mit der Gehörbildung losging, hat der Dozent drei- oder vierstimmige Chorsätze auf dem Flügel gespielt, das mussten wir Studenten aufschreiben. Da sind nur noch zwölf übrig geblieben“, erzählt der musikalisch Hochbegabte stolz. Später kamen dann auch noch einige Chorleiter-Fortbildungen hinzu.

Eines der größten Erlebnisse seiner musikalischen Laufbahn war ein Chorfest in der Pfalz: „Da habe ich einen Männerchor von 300 Leuten dirigiert. Dabei habe ich ein derartiges Pianissimo rausgeholt, dass die Experten gesagt haben: ‚Das ist ja bald unmöglich!‘“ Zu vielen seiner musikalischen Aktivitäten ließ Gräßer sich „verschwätzen“: Sowohl zu seiner Ausbildung als Chorleiter („„Mein damaliger Chorleiter, der Vorsitzende des MGV 1875 Limbach und meine Frau - zu Dritt haben sie es dann geschafft!“), als auch zu diversen Chören, die dringend einen Dirigenten suchten.
Doch auch in der bildenden Kunst war Manfred Gräßer tätig, eine schöne Bleistiftzeichnung der Limbacher Mühle hängt bei ihm an der Wand. „Die hat Seltenheitswert“, schmunzelt der Senior, denn der darauf abgebildete Baum fiel Sturmtief Lothar im Jahr 1999 zum Opfer. Bei der Demag und bei Saarstahl übte er Ingenieur-Tätigkeiten aus, obwohl er nur eine Meisterprüfung im Bau- und Kunstschlosserhandwerk hatte. Als er jedoch nach Nordrhein-Westfalen ins Ruhrgebiet versetzt werden sollte, kündigte er seine Stelle, um seinen kranken Vater nicht allein zu lassen und ihn zusammen mit seiner Frau zu pflegen.

Wie gut, dass Gräßer so reich mit Talenten gesegnet war. Denn zum Broterwerb fing er dann an, unter dem Kürzel „mg“ Artikel für unsere Zeitung zu schreiben. „Aber nur über kulturelle Themen — Politik interessierte mich nicht. Über sein liebstes Thema, die Musik, hat er in den achtziger und neunziger Jahren, zahlreiche Artikel verfasst, ein dicker Ordner aus dieser Zeit zeugt davon.
Mit Schrecken erinnert sich der Limbacher an den Krieg, aber auch an das Glück, das er hatte. Beim Jungvolk war er da im Einsatz und musste beispielsweise Leute aus brennenden Häusern herausholen, wobei viele Blindgänger explodierten. Doch das war noch nicht alles. Einmal sei er mit 50 anderen Buben auf einem Lastwagen unterwegs gewesen, als die Jagdbomber der Alliierten angriffen. Vorne flatterte das Hakenkreuz, gut sichtbar für die Piloten. „Die verrückten Kerle von der SS haben die Fahne nicht weggenommen, die haben nur ‚Halt die Schnauze‘ gebrüllt“, erzählt Gräßer. Bei Hauptstuhl konnte die Gruppe sich in Schützengräben flüchten, „sonst wären wir alle weg gewesen.“
Und die riesige Zucchini aus dem Garten der Gräßers? „Ach, eigentlich ist eher meine Frau Roselinde die Gartenspezialistin, ich bin mehr fürs Grobe zuständig“, gibt sich der Senior bescheiden. Die Samen für die 70 Zentimeter lange Frucht habe sein Sohn aus Italien mitgebracht. Tromba d’Albenga heißt die Sorte, die auch als Keulenzucchini bekannt ist. Eine 500 Gramm schwere Tomate habe Gräßer auch neulich ernten dürfen. Dabei verzichtet der Hobbygärtner ganz aufs Düngen - Manches geht ihm halt einfach wirklich leichter von der Hand als anderen.

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