Reparaturcafé Besser repariert als einfach weggeworfen 

St. Ingbert · Es hat sich herumgesprochen: Seit September existiert das Reparaturcafé in St. Ingbert. Seitdem wachsen das Interesse und die Nachfrage stetig.

 Günter Hartkorn (Mitte) versucht mit Hilfe von Klaus Dejon, die Uhr von Renate Feichtner zu reparieren. Foto: Cornelia Jung

Günter Hartkorn (Mitte) versucht mit Hilfe von Klaus Dejon, die Uhr von Renate Feichtner zu reparieren. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

Im September wurde das jüngste Kind der Volkshochschule St. Ingbert im Rahmen der Projektwoche „Das Saarland voller Energie“ geboren – das Reparaturcafé. Bereits bei der Auftaktveranstaltung kamen einige St. Ingberter, um ihre Schätzchen reparieren zu lassen. Beim zweiten Termin im Oktober war schon richtiges Treiben im Untergeschoss des VHS-Zentrums, sowohl was die Anzahl der Besucher mit reparturbedürftigen Geräten betraf als auch derjenigen, die sich berufen fühlten, diese zu reparieren.

Den einzelnen Tischen wurden Sparten wie Nähen, Elektro oder auch Computer zugewiesen, an denen die entsprechenden Experten auf „Kundschaft“ warteten. Marika Flierl, Leiterin der VHS, war begeistert von den Fähigkeiten der Reparateure und Näherinnen, aber auch von der Gemeinschaft, in der am Ende manchmal nicht mehr auseinander zu halten war, wer Dienstleister und wer Besucher war. Man tauschte sich aus, gab sich gegenseitig Tipps, trank gemeinsam Kaffee und führte angeregte Gespräche auch über andere Themen als die Funktionalität von Technik.

„Das nimmt richtig Fahrt auf“, so Flierl, „ich finde auch gut, dass Kinder dabei sind.“ Interessenten riefen sogar in ihrem Büro an, um zu erfragen, wann die nächsten Termine seien. Auch Flüchtlinge, die ihre Integrationskurse im gleichen Gebäude besuchten, boten ihre Hilfe an. Mahmoud Al Mahmoud allerdings kam mit seiner Jacke vorbei, die durch einen Sturz einen Dreiangel im Bereich des Ellenbogens hatte. Ursula Litzenburger, gelernte Näherin, hatte die Lösung, trennte aus dem Innenfutter die Handytasche heraus und setzte sie außen wieder auf. Dadurch wurde die Jacke nicht nur wieder tragbar gemacht, sondern auch zum Unikat.

Eine junge Mutter saß mit ihrem Kind auf dem Schoß am selben Tisch, wo ihren zerschlissenen Lieblingssocken ein zweites Leben als Stulpen geschenkt wurde. Am Nebentisch, in der „Elektro-Abteilung“, war ein St. Ingberter gespannt darauf, ob sich ein von ihm mitgebrachtes kaputtes Radio mit kombiniertem CD- und Kassettendeck noch einmal in Betrieb nehmen ließ. Klaus Dejon wiederum schaute interessiert bei der Reparatur einer alten Uhr mit Pendel und Schlagwerk zu, denn er sammelt Erfahrungen für ein ähnliches Vorhaben. „Ich war hier schon beim ersten Mal dabei. Ich wollte mir das mal angucken, denn wir planen so etwas in Homburg schon seit einem Jahr“, erzählt er fast ein bisschen neidisch, „bei uns fehlt es an Räumen. Was hier gemacht wird, fasziniert mich. Auch die Räumlichkeiten und deren Aufteilung finde ich top.“ Vor allem gefalle ihm, dass man dabei viel lerne, sich gleichzeitig gut unterhalten könne und vor allem zeige diese Initiative, dass man nicht alles wegwerfen müsse.

Am Radio, das im E-Bereich von Wolfgang Schmitt instand gesetzt wurde und wieder Töne von sich gab, sei nur ein Plastikteil abgebrochen gewesen. Schmitt, gelernter Elektroniker, bot seine Hilfe fürs Reparaturcafé nur zu gern an: „Ich habe zu Hause und für Bekannte schon immer Sachen repariert. Damals noch nicht im Zeichen der Nachhaltigkeit, sondern einfach, weil ich‘s eben kann.“ Es war sein erster Einsatz in diesem Rahmen und da er es „super“ fand, wird er, wie die anderen auch, wiederkommen. Die St. Ingberter kamen mit den unterschiedlichsten Dingen: eine Munddusche, ein ferngesteuertes Auto, ein Bodenstaubsauger. Im letztgenannten Fall musste nicht einmal das Werkzeug angerührt werden. Hier gab es „Hilfe zur Selbsthilfe“, denn das Gerät war lediglich verstopft.

 Günter Hartkorn (rechts, sitzend) versucht hier unter den Augen von Klaus Dejon, die mitgebrachte Uhr von Renate Feichtner zu reparieren.

Günter Hartkorn (rechts, sitzend) versucht hier unter den Augen von Klaus Dejon, die mitgebrachte Uhr von Renate Feichtner zu reparieren.

Foto: Cornelia Jung
 Günter Hartkorn (im Vordergrund) versucht beim Reparaturcafé, eine Uhr wieder zum laufen und klingen zu bringen. Im Hintergrund wird gerade ein Radio repariert. Foto: Cornelia Jung

Günter Hartkorn (im Vordergrund) versucht beim Reparaturcafé, eine Uhr wieder zum laufen und klingen zu bringen. Im Hintergrund wird gerade ein Radio repariert. Foto: Cornelia Jung

Foto: Cornelia Jung

Die Reparatur ist kostenlos, ebenso Kaffee, Kuchen oder Obst, doch steht eine Sparbüchse für eine kleine Spende bereit. Günter Hartkorn sorgte als Reparateur dafür, dass beim nächsten Mal ein leckerer Kuchen bereit steht. Seine „Kundin“ Renate Feichtner zeigt mit dem Backwerk ihre Dankbarkeit, dass der 82-Jährige aus Elversberg sich zu Hause eingehender ihrer defekten Uhr widmet, die er zum nächsten Termin repariert mitbringen will. Denn auch der Tausendsassa, der gelernter Radiotechniker, E-Feinmechaniker und Maschinenbauer ist, kommt wieder aus einem ganz simplen Grund: „Die Leute machen mir einfach Spaß.“

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