Heinrich-Henrion-Preis Diskussion um den „Waldstreiter“ Heinrich Henrion

St. Ingbert · Von Teresa Bauer

 Gräfin Marianne von der Leyen auf einem Gemälde im Stadtarchiv. Mit ihr fochten Heinrich Henrion und die St. Ingberter den berühmten Waldstreit aus.

Gräfin Marianne von der Leyen auf einem Gemälde im Stadtarchiv. Mit ihr fochten Heinrich Henrion und die St. Ingberter den berühmten Waldstreit aus.

Foto: Schmelzer

Zum 20. Mal wird am heutigen Freitag der Heinrich-Henrion-Preis verliehen. Die Junge Union initiierte ihn 1997, um Personen oder Gruppen aus St. Ingbert zu ehren, „die sich in besonderer Weise um das Gemeinwohl verdient gemacht haben“, so Bürgermeister Pascal Rambaud. Der gelernte Klavierbauer Heinrich Henrion, geboren 1743, wurde während der Französischen Revolution – dem Ende der Herrschaft der Grafen von der Leyen – und der darauf folgenden Besetzung St. Ingberts durch französischen Truppen im Zuge einer Munizipalverfassung zum ersten „Maire de Saint Imbert“ ernannt. Vier Jahre später, am 22. September 1797, trat Henrion das Amt des Präsidenten der (nur acht Tage währenden) unabhängigen „St. Ingberter Republik“ an. „Dieser Tag jährt sich 2017 zum 220. Mal und ist ausschlagenden dafür, dass gerade am 22. September der Heinrich-Henrion-Preis verliehen wird“, heißt es in einer Pressemitteliung der Jungen Union und des CDU-Stadtverbands.

Henrion war aber auch bis 1791 am St. Ingberter Waldprozess beteiligt. Knapp 40 Jahre stritten die St. Ingberter Bürger mit den Grafen von der Leyen über die Holznutzungsrechte im Wald rund um St. Ingbert, der sich im Besitz der Blieskasteler Herrschaft befand. Auf Grund der recht aussichtslosen Lage der St. Ingberter Waldstreiter entschieden sie sich, dem Gericht ein gefälschtes Dokument, eine Bannerneuerung von 1601, vorzulegen, welches ihnen die Nutzungsrechte zusprach. Die Fälschung wurde vom Gericht abgewiesen. Unter hohen Prozesskosten zog sich der Waldstreit ins Jahr 1791, bis sich St. Ingbert zu einem Vergleich bereit erklärte, da schlichtweg weitere finanzielle Mittel fehlten. Dieser Vergleich erkannte die Eigentumsrechte der Herrschaft von der Leyen an, während den St. Ingberter Bürgern nur an besonderen Tagen eine Nutzung des Waldes erlaubt wurde.

Max Lindemann, ein Nachkomme Henrions in siebter Generation, betreibt seit Jahren Ahnenforschung und lässt es sich nicht nehmen, die Bedeutung Henrions in Frage zu stellen: „Heinrich Henrion war in St. Ingbert kommunalpolitisch sehr aktiv, er war Bürgermeister von St. Ingbert, er rief die Republik St. Ingbert aus. Er stellte bei den französischen Behörden in Paris vergeblich den Antrag, St. Ingbert in das französische Staatsgebiet aufzunehmen. Durch den Verlust des Waldprozesses brachte er viel finanzielles Elend über die Bürger von St. Ingbert.“ Zusammenfassend müsse er feststellen, dass sich „Heinrich Henrion nur wenig (oder eigentlich überhaupt nicht) als Namensgeber für einen solchen Preis eigne. „Als Nachfahre bin ich nicht stolz auf ihn“, kritisiert Lindemann.

Zwar betont er, keinen Streit entfachen zu wollen, wünsche sich aber, dass „die Mitglieder der Jungen Union sich nochmal mit der Person des Heinrich Henrion beschäftigen“. Diesen Denkanstoß richtete Lindemann auch an Bürgermeister Rambaud, der die Beweggründe der Namensgebung erläutert: „Heinrich Henrion wurde damals ausgewählt, weil wir den Eindruck hatten (und noch haben), dass er sich über ein übliches Maß hinaus für St. Ingbert eingesetzt hat. Selbstverständlich haben wir nicht näher erforscht, ob alle seine Maßnahmen von Erfolg gekrönt waren oder sich als Wohltaten erwiesen haben. Jede Form von Engagement kann punktuell scheitern.“ Rambaud lädt Lindemann aber ein, der heutigen Preisverleihung beizuwohnen, um „im Gespräch mit den Teilnehmern auf die ambivalente Persönlichkeit Henrions hinzuweisen“.

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