Neujahrsreden in St. Ingbert Uneinigkeit über die Machtverhältnisse

OB Hans Wagner hat beim Neujahrsempfang nachgekartet. Statt die Drohung mit einem Staatskommissar nach ihrer Erwähnung im lokalen Jahresrückblick abzuhaken, hat er den Streit selbst neu aufgewärmt.

Neujahrsreden in St. Ingbert: Uneinigkeit über die Machtverhältnisse
Foto: SZ/Robby Lorenz

Nico Ganster hat in dieser Woche beim Neujahrsempfang in der St. Ingberter Stadthalle mehr „Miteinander“ als sein Schlagwort für die kommenden Monate in der Stadt ausgegeben. Der politische Streit der jüngeren Vergangenheit müsse ruhen, es sei Zeit nach vorne zu schauen, meinte der Vorsitzende von Handel und Gewerbe. Diese hehren Wünsche, denen sich sicherlich die allermeisten Zuhörer im Saal anschließen konnten, formulierte Ganster aber auch aus einem triftigen Grund. Er räumte einen Dissens (also eine Uneinigkeit) ein, den es über die vorangegangenen Worte seines Co-Redners Hans Wagner gegeben hatte.

Der Oberbürgermeister konnte es in seinen Anmerkungen zum neuen Jahr nämlich nicht lassen, wieder Öl in ein Feuer zu gießen, das eigentlich schon niedergebrannt schien. Während auf der Leinwand ein Artikel aus dem lokalen Jahresrückblick unserer Zeitung zu sehen war, der auch die Androhung der Kommunalaufsicht aus dem September aufgegriffen hatte, dem OB einen Staatskommissar vor die Nase zu setzen, wiederholte Hans Wagner die Sätze, die er schon nach dessen Erscheinen auf der Facebook-Seite der SZ geschrieben hatte: „OBs können nicht entmachtet werden. Sie werden per Urwahl von den Bürgern gewählt und nur die Bürger können sie abwählen.“ Das bedeutet aber nicht, dass die direkt gewählten Bürgermeister über den Dingen stehen. Auch sie müssen die Regeln achten, die das Gesetz für ihre Amtsführung sowie die Zuständigkeiten von Verwaltung und Gemeinderäten vorsieht. Außerdem spielt der Verweis auf die Machtverhältnisse mit den Fakten. Niemand hat je behauptet, dass der St. Ingberter OB wegen der Nichtumsetzung von Stadtratsbeschlüssen seines Amtes enthoben werden soll. Die Drohung, die im Raum stand, war jedoch die im Saarland bisher beispiellose Bestellung eines Beauftragten, der Wagner beaufsichtigen sollte. Was wäre eine solche Kontrolle des Verwaltungschefs aber anderes als eine Beschneidung seiner Amtsgeschäfte, also eine Entmachtung?

Obendrein relativierte Hans Wagner zu Neujahr noch einmal die Stadtrats-Beschlüsse, die ehemalige Tischtennishalle abzureißen und einen Aufzug in der Stadthalle einzubauen. Das seien nur zwei Aufträge unter Tausenden, die das städtische Bauamt umzusetzen hätte. Diente die Zusage an die Kommunalaufsicht, die Beschlüsse umzusetzen, doch nur einem Burgfrieden, damit der Innenminister Ruhe gibt? Dann wäre das genau die „politische Show“, die der OB seinerseits beklagte.

Nico Ganster hat im Übrigen den Zeitraum, in dem mehr Miteinander in St. Ingbert besonders wünschenswert wäre, in seiner Rede zu Recht ziemlich genau bemessen. Bis 2019, dann stehen die OB- und die Kommunalwahl an. Doch darf man zweifeln, ob diese Aussicht tatsächlich die Einsicht fördert. Vermutlich gibt es längst einen Dissens, wer sich in den kommenden Monaten bei öffentlichen Auftritten am Riemen reißen muss.

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