Erster Saarland-Fahrradgipfel der CDU/SPD-Landesregierung Zwischen „Radgipfel“ und Dienstbesprechung

Saarbrücken · Beim ersten „Fahrradgipfel“ des Landes tummelten sich Beamte der Kommunen. Der Bürger-Initiative Radelkolletiv fehlten die Alltagsthemen.

 In gelber (Warn-)Weste: Harald Kreutzer vom Radelkollektiv auf der roten Radspur der Wilhelm-Heinrich-Brücke in Saarbrücken.

In gelber (Warn-)Weste: Harald Kreutzer vom Radelkollektiv auf der roten Radspur der Wilhelm-Heinrich-Brücke in Saarbrücken.

Foto: Oliver Dietze

Wie sehr das Saarland noch Rad-Erwartungsland ist, ist gestern beim „Ersten Saarländischen Fahrradgipfel“ der CDU/SPD-Landesregierung deutlich geworden. Vor der Saarbrücker Congresshalle hatten etwa 30 Radfahrer ihre Drahtesel abgestellt, drinnen war etwa die siebenfache Menge an funkelnagelneuen Rädern, meistens strombetrieben, zu bestaunen. Denn der „Radgipfel“ fand im Rahmen der „Reisen und Freizeit Messe Saar 2019“ statt. Und die Radhändler hatten ihre besten Stücke in den Kastenwagen gepackt und in die Halle gekarrt.

So kamen die etwa 150 Teilnehmer des „Radgipfels“, die meisten kommunale Vertreter, über einen blauen Teppich zunächst an den Top-Angeboten (darunter Räder für 7000 Euro) vorbei, ehe sie im Saal Ost von Astrid Klug, Ex-SPD-Bundesgeschäftsführerin und jetzige Abteilungsleiterin in Anke Rehlingers (SPD) Verkehrsministerium, mit der wenig funkelnden Radverkehrs-Realität im Saarland konfrontiert wurden. Nur zwei Prozent beträgt der Anteil der Radler am Alltagsradverkehr, der mit Abstand niedrigste Wert aller Bundesländer im, so Klug, „Auto-affinen“ Saarland. Dies will die CDU-/SPD-Landesregierung mit ihrer neuen „Radstrategie“ ändern und hat sich dazu den Lobby-Verein der Radfahrer, den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) zum Partner erkoren. Dessen Landeschef Thomas Fläschner sagte in seinem Grußwort, dass die Zeiten, in denen Radler im Saarland verspottet worden seien, vorüber sind. „60 Prozent würden gerne Radfahren, wenn die Verhältnisse besser wären“, sagte Fläschner. Radfahren schone die Umwelt weit mehr als Autofahren. Fläschner forderte die CDU/SPDLandesregierung auf, die Bürger-Initiativen der Radler „mit an Bord zu nehmen“ bei den Planungen, das beuge Politikverdrossenheit vor.

Klug verwies bei der Vorstellung der „Radstrategie“ auf die vilefältigen Bemühungen der Landesregierung seit 2014, etwa die Veranstaltungsreihe „Wege aus der Radlosigkeit“. Sie kündigte „mehrere Millionen Euro“ an, die in den kommenden Jahren vom Land an die Kommunen für eine Verbesserung der Radverkehrs fließen sollen. Dabei wolle das Verkehrsministerium auch neues Beratungspersoanl bereitstelllen.  Als Pilotprojekte kündigte Klug öffentliche Fahrradservice-Stationen an, wo Radler ihre Reifen aufpumpen oder flicken könnten, Das sei in Frankreich sehr erfolgreich. Zudem solle der Kauf von Falträdern mit 150 Euro Steuermitteln gesponsert werden, da die Mitnahme nicht klappbarer Räder in Zügen, Saarbahn und Bussen vor neun Uhr morgens an Bedenken der Verkehrsbetriebe scheitere. Die Deutsche Bahn werrde zudem neue Radabstellplätze an Bahnhöfen schaffen. Neue Radwege würden jedoch nur langfristig gebaut.

Weitere Vorträge drehten sich dann darum, wie Kommunen an Fördertöpfe von Bund und Land herankommen. Dies kritisierte Gerald Purucker vom Radelkollektiv Saarlouis, der den „Radgipfel“ als „Dienstbesprechung für Kommunen“ bezeichnete. Thomas Krenz (Radelkollektiv Bexbach) monierte, dass er nur durch Zufall von der Veranstaltung erfahren habe und gestern zum Glück Urlaub hatte. Krenz forderte, das die Radwege wie die Straßen bei Schnee geräumt werden müssten.

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