Kabarett „Wer verliebt ist, ist bekloppt“

Losheim · . . . und damit nicht in der Verfassung, so etwas zu entscheiden wie eine Ehe, weiß Bernd Stelter, der Sonntag nach Losheim kommt.

 Bernd Stelter beschäftigt sich mit Verliebtsein, Liebe, Hochzeit, Ehe und allem, was dazu gehört.

Bernd Stelter beschäftigt sich mit Verliebtsein, Liebe, Hochzeit, Ehe und allem, was dazu gehört.

Foto: Manfred Esser

Bernd Stelter, bekannt aus der Comedy-TV-Show „7 Tage, 7 Köpfe“, ist Kabarettist, Autor, Moderator und Karnevalist – ein echtes Multitalent also. Am Sonntag gastiert er mit seinem Programm „Wer heiratet, teilt sich Sorgen, die er vorher nicht hatte“ in Losheim in die Eisenbahnhalle. Im Interview mit der Saarbrücker Zeitung plaudert der 56-jährige Lebemann vorab über sein Leben auf und hinter der Bühne. Trotz eines Hexenschusses war der Künstler bester Laune. „Ich bekomme es gerade in den Griff. Ich war bei einem guten Arzt, der mir sein Knie in den Rücken geboxt hat und jetzt geht es wieder“, erzählt Bernd Stelter und lacht.

Herr Stelter, um was geht es genau in Ihrem Programm „Wer heiratet, teilt sich Sorgen, die er vorher nicht hatte“?

Bernd Stelter: Der Titel kann zunächst als völlig positiver Ansatz gewertet werden, denn wer sich die Sorgen anderer teilt, wird glücklich. Dieser komplette Titel hat nur leider so nicht aufs Plakat gepasst, deswegen musste ich es beim ersten Teil des Satzes belassen. Das Programm ist auch gleichzeitig mein Silberhochzeitsprogramm – die habe ich letztes Jahr gefeiert. Mir ist bei dem Anlass aufgefallen, dass alle Komiker und  Kabarettisten auf den Bühnen stehen und erzählen, dass Männer und Frauen nicht zusammenpassen. Das finden sie lustig. Ich dagegen finde es lustig zu sagen, doch, das passt wohl zusammen. Es passt nicht nur, sondern es macht auch Spaß und ist sogar gesund. Das erzählen die wenigsten und damit habe ich mein Pferd mal wieder anders herum aufgezäumt – und das macht mir sehr viel Spaß.

Der Titel könnte auch negativ interpretiert werden. War das in Ihrem Sinne?

Stelter: Der Titel ist keineswegs negativ, aber trotzdem finde ich es sehr schön, wenn die Leute das so empfinden. Andere Programme heißen einfach nur „Live“ oder „20 Uhr“. Die machen überhaupt keine Aussage. Da geht es um nichts. Meine Programme tragen Titel, an denen man sich reiben kann. Die Leute müssen überlegen, was ich damit sagen will. Das gefällt mir richtig gut. Wer aber noch Fragen zum Titel hat, der soll einfach mal in Losheim vorbeikommen und sich das Programm anschauen.

Sie sind schon über 25 Jahre verheiratet, und in ihrem Programm dreht sich alles um das Modell der Ehe. Verraten Sie den Zuschauern ihr Geheimnis einer erfolgreichen Ehe?

Stelter: Das Problem ist, dass es kein einfaches Geheimnis gibt. Ich erwähne da immer sehr gerne Blacky Fuchsberger. Der hat immer von den vier großen V als Geheimnis einer glücklichen Ehe gesprochen: verstehen, vertauen, verzeihen, verzichten. Das kann ich noch nachvollziehen. Im selben Atemzug hat er aber auch immer davon gesprochen, dass er nie von seiner Frau getrennt war. Das sehe ich anders. Ich bin Tourneekünstler und meine Frau ist zu Hause. Das ist auch richtig so. Ich glaube, dass unsere Ehe deswegen so gut funktioniert, weil wir uns nicht ständig auf der Pelle hocken. Ich bin ständig unterwegs, und meine Frau ist zu Hause und wohnt, und das macht sie sehr gerne. Das passt einfach. Es gibt in dem Sinne also kein konkretes Geheimnis einer glücklichen Ehe. Es gibt vielleicht zwei Punkte, die man einhalten sollte: Man muss miteinander reden und man muss neugierig auf den anderen bleiben. Das ist wichtig. Darum geht es auch im Programm. Der Partner muss eigentlich das ganze Leben lang interessant bleiben.

Wie ist das Programm entstanden? Wie sind sie an das Thema rangegangen?

Stelter: Auslöser war natürlich meine Silberhochzeit. Dann denkt man eben mal drüber nach, was die Ehe eigentlich ist und was Verheiratetsein eigentlich bedeutet. Andere in meinem Alter sind ja teilweise schon wieder geschieden, und ich wollte da auch den Unterschied herausfinden. Ich bin von den verschiedensten Seiten dann an dieses Programm und eben auch an dieses große Thema rangegangen.

Wie sah das konkret aus?

Stelter: Ich habe verschiedene Kunstfiguren geschaffen, die das Thema auf unterschiedlichste Art und Weise durchleuchten. Zum Beispiel habe ich einen sauerländischen Bauern, der bei seinem Nachbarn die Festrede für die Silberhochzeit hält, und einen Literaturwissenschaftler, der festgestellt hat, dass es keine Bücher über glückliche Ehen gibt. Das ist tatsächlich so. Es geht alles immer schief. Dieser Literaturwissenschaftler schlägt folgende Definition vor: „Die Zeit zwischen ‚ich dich auch’ und ‚du mich auch’, nennt man Beziehung.“ In Büchern geht es immer nur um „ich dich auch“, und sie enden immer beim „du mich auch“. Und wenn mal einer was über die Zeit dazwischen schreibt, wird’s fürchterlich. Das ist wirklich so. Es gibt jede Menge Literatur über Ehen, die in die Brüche gehen, aber Bücher über Ehen, die funktionieren, das gibt’s nicht. In einer anderen Nummer geht es aber zum Beispiel auch darum, warum man nicht heiraten sollte, wenn man verliebt ist. Eine Ehe ist schließlich ein langfristiges Projekt, da hilft einem Verliebtsein nicht mehr weiter, da braucht man schon Liebe. Wer verliebt ist, ist bekloppt. Da spielen die Hormone verrückt. In so einer Situation sollte man alles machen, aber nicht so eine langfristige Entscheidung wie eine Ehe treffen. Durch diese verschiedenen Nummern betrachte ich die Themen Ehe, Heirat und Silberhochzeit  immer aus neuen Perspektiven.

Gibt es auch ernste Momente in dem Programm?

Stelter: Das Programm ist nicht nur lustig. Das ist mir immer sehr wichtig. Ich finde, ein Programm, bei dem ich nur lache, wird nach 45 Minuten langweilig. Der Mensch hat eine ganz andere Klaviatur an Emotionen, und ich glaube, die muss man auch bedienen. Wenn man hinterher nach Hause gehen will und sagen will: „Das war ein geiler Abend“, dann muss mehr passiert sein als nur lachen.

Wie wichtig ist Ihnen einen politische Perspektive in ihrer Arbeit?

Stelter: Wenn ich das mir das Thema Ehe vornehme, dann gehört die Ehe für alle einfach dazu und das ist natürlich politisch. Es geht mir allerdings nicht darum, dass das Programm politisch sein soll. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist ein politisches Thema, und es ist wichtig. In anderen Bereichen war ich schon viel politischer unterwegs. Das Thema Hochzeit und Ehe ist aber auch einfach kein politisches Thema.

Wer sieht das fertige Programm zuerst?

Stelter: Meine Frau ist immer mein erster Kritiker. Sie war, glaube ich, mit 95 Prozent des Programms einverstanden. Über die restlichen fünf Prozent haben wir diskutiert. Im allergrößten Notfall, in letzter Instanz sozusagen, bin ich entscheidend, selbst wenn es meiner Frau nicht gefällt. Dann ist es mein Programm, ich stehe auf der Bühne, und sie schaut zu. Normalerweise höre ich aber wirklich sehr auf meine Frau. in 90 Prozent der Fälle hat sie nämlich recht mit ihrer Meinung. Dieser Rückhalt ist ganz wichtig.

Wie lange dauert es, um ein solches Bühnenprogramm zu entwickeln?

Stelter: Ich entwickle momentan schon das nächste. Das wird in eineinhalb Jahren auf die Bühne kommen. Im nächsten Jahr wird es ein Musikprogramm mit dem Titel „Wer Lieder singt, braucht keinen Therapeuten“ geben. Das ist sehr spannend. In der Zeit, mit der ich mit dem Musikprogramm durch die Gegend toure, entsteht dann wieder das nächste Kabarett-Programm. Der Arbeitstitel hierfür lautet: „Hurra, ab Montag ist wieder Wochenende“.

Sie leben von guten Ideen. Haben Sie manchmal Angst, dass diese Ihnen ausgehen könnten?

Stelter: Immer, aber bei mir geht es noch. Heinz Erhardt zum Beispiel war manisch-depressiv. Nach jedem Gedicht, das er geschrieben hat, dachte er, dass ihm so was tolles nie wieder einfallen würde. Genau diesen Gedanken habe ich auch. Immer. Ich bin sehr stolz auf mein jetziges Programm und ob mir nochmal so etwas einfällt, weiß ich nicht. Ein bisschen Angst habe ich davor natürlich auch immer. Ich bin deswegen aber nicht depressiv. Gleichzeitig bin ich auch sehr dankbar, dass es mir überhaupt eingefallen ist. Ich richte da schon manchmal meinen Blick nach oben und sage vielen Dank.

Gibt es eine Kernaussage in ihrem Programm, mit der Sie das Publikum erreichen möchten?

Stelter: Eigentlich nicht. Ich will niemandem was vorschreiben. Ich glaube auch nicht, dass die Ehe der einzige Weg ist. Ich sage nur, dass die Ehe auch ein Modell ist und meiner Ansicht nach ein gutes. Das muss aber jeder selbst wissen. Die Ehe wird in der Öffentlichkeit immer so spießig dargestellt. Ich möchte den Leuten jetzt gerne klar machen, dass die Ehe überhaupt nicht spießig ist. Eine Ehe ist oftmals harte Arbeit, gleichzeitig hochspannend und hat viele Vorteile zum Beispiel beim Älterwerden. Ich will den Leuten aber mit meinem Programm nichts beibringen. Es ist ein Unterhaltungsprogramm und die Leute sollen Spaß haben. Natürlich besteht das Programm nicht nur aus Lachern, sondern auch aus Tiefgang, und das braucht es auch.

Sie bezeichnen sich selbst als Genießer-Spießer. Wie darf man das verstehen?

Stelter: Wenn man verheiratet ist, wird man ja auch oft als Spießer hingestellt, aber es ist nicht spießig. Wenn ich zum Beispiel im Sommer in kurzer Hose auf meiner Terrasse sitze und meine Beine im Gartenteich baumeln, die Fische mir an den Zehen lutschen und ich dabei einen schönen, trockenen Riesling trinke, dann mag das spießig sein. Wenn das wirklich spießig ist, dann ist mir das egal. Ich genieße es.

Das Saarland ist Ihnen nicht fremd. Voriges Jahr waren Sie in Homburg zu Gast. Wie gefällt Ihnen das kleinste Bundesland der Republik?

Stelter: Ich bin gerne im Saarland. Vor allem, um Lyoner essen zu können. In ganz Deutschland bekommt man Lyoner-Wurst, aber nirgends so wie im Saarland. Die schmeckt dort einfach ganz anders und da freue ich mich jedes Mal drauf. Gerade die Küche im Saarland ist legendär. Der Saar-Riesling ist was ganz wunderbares. Käse-Sahne-Suppe abgeschmeckt mit Saar-Riesling und schon bin ich dabei. Die Aufenthalte im Saarland genieße ich immer sehr und deswegen freue ich mich schon auf Losheim. Die Auftritte im Saarland unterscheiden sich gar nicht so sehr von den anderen, aber das was danach passiert schon. Man hat dort diese ganz besondere, spießige Geselligkeit. Da pass ich rein wie die Faust aufs Auge. Ich habe dort schon oft mit sehr netten Leuten sehr lange zusammengesessen und Blödsinn getrunken.

Bereiten Sie sich speziell auf das saarländische Publikum vor?

Stelter: Nein. Ich kenne das saarländische Publikum. Ich bereite mich auf die Schwaben nicht anders vor als auf die Friesen. Man weiß, dass manche Leute sehr unterschiedlich reagieren. Der Schwabe zum Beispiel zählt die ersten 20 Minuten mit, wie viele Pointen er für sein Eintrittsgeld bekommt. Wenn er dann irgendwann mit der Anzahl zufrieden ist, taut er auf und macht mit. Der Holsteiner zum Beispiel sitzt einfach nur da und klatscht dreimal in die Hände und hört weiter zu. Da steht man dann da vorne und denkt: „Das darf doch nicht wahr sein.“ Aber am Ende sind dann alle begeistert. Die Holsteiner bekommen es nur nicht hin, es ihrem Gesicht mitzuteilen. Das ist aber auch das Schöne an den einzelnen Regionen, dass man immer wieder neue Reaktionen bekommt. Die Saarländer reagieren in der Regel sehr positiv und möchten auch ein bisschen feiern, und das tun sie auch.

Sie sind ja nicht nur Kabarettist, sondern auch Autor, Moderator und Karnevalist. Was gefällt Ihnen am besten?

Stelter: Ich kann eigentlich nur zwei Dinge. Zum einen Schreiben und zum anderen, das Geschriebene auf Bühnen darstellen. Das kann ich beides gut und deswegen mache ich auch nichts anderes. Ich würde nie auf die Idee kommen, eine Produktionsgesellschaft zu gründen oder eine Agentur. Ich setze mich an den Schreibtisch und schreibe oder stelle mich auf eine Bühne und führe es vor. Ich mache beides gleich gerne.

Bis Weihnachten habe ich noch 35 Auftritte, und dann kommen 150 Karnevalssitzungen. Danach habe ich von der Bühne die Nase voll und freue mich, wenn ich wieder schreiben kann. Nach ein paar Wochen am Schreibtisch muss ich dann aber auch wieder dringend auf die Bühne.

Sie üben Ihren Beruf mit großer Leidenschaft aus. Was lieben Sie daran?

Stelter: Ich stehe unheimlich gerne auf der Bühne. Ich mag Menschen und bezeichne mich selbst als Philanthropen. Es freut mich, wenn ich Menschen fröhlich machen kann. Dann bin ich ein zufriedener Mensch. Eigentlich bin ich von Beruf Clown. Ein Clown, der mit seinem Beruf zufrieden ist.

Wer ist der Mann hinter  dem Bernd Stelter auf der Bühne?

Stelter: Den gibt es nicht. Ich stelle auf der Bühne keine Figur dar. Ich stelle Figuren dar, aber ich komme raus auf die Bühne als Bernd Stelter und verlasse sie auch wieder als Bernd Stelter. Zwischendurch schlüpfe ich in verschiedene Figuren hinein, aber es ist immer ganz klar, dass das nur Rollen sind. Dass ich ich selbst bin, ist das Geheimnis des Erfolgs, denn nur deshalb ist das Programm authentisch.

Was dürfen die Zuschauer in Losheim am 22. Oktober erwarten?

Stelter: Einen Abend, an dem nicht nur gelacht wird. Sie werden einen Abend erwarten können, an dem man sich auch mal zurücklehnen kann, an dem man auch mal eine Gänsehaut bekommen kann, und vielleicht wird auch mal zwischendurch ein Tränchen verdrückt. Ich will, dass die Leute am Ende des Abends rausgehen und sagen: „Wow, das war ein geiler Abend. Das hat sich mal gelohnt, dorthin zu gehen.“

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