Schüleraustausch Armes Land, aber reich an Geschichte

Wadern · Erasmus-Schüler, sieben davon vom Waderner Hochwald-Gymnasiums, lernten in Bulgarien den Umgang mit Holz und das junge EU-Land kennen.

 Die siebenköpfige Delegation des Hochwald-Gymnasiums Wadern im nordbulgarischen Pleven.

Die siebenköpfige Delegation des Hochwald-Gymnasiums Wadern im nordbulgarischen Pleven.

Foto: Edwin Didas

( Zukunftsweisende Ideen zum Umgang mit Holz war das Arbeitsthema, zu dem sich die Erasmus-Projektpartner aus Bulgarien, Deutschland, Italien, Polen und Slowenien während einer Woche austauschten.

Im Rahmen eines multilateralen Erasmus-Programms reiste kürzlich eine siebenköpfige Delegation des Hochwald-Gymnasiums unter der Leitung von Rudolf Boos und Vanessa Krämer zu ihrer Partnerschule ins nordbulgarische Pleven.

Es handelte sich dabei um die fünfte Phase eines Projektes, das im Herbst 2015 auf Sizilien begann und dort im Frühjahr 2018 seinen Abschluss finden wird.

Seit der Wende in Europa 1990 ist Bulgarien eine parlamentarische Republik, die jedoch wirtschaftlich noch längst nicht den Standard westlicher Staaten der EU erreicht hat. Einige Informationen zu ‚Land und Leuten‘, die die Projektreise etwas vorentlasten sollten, entpuppten sich für die HWG-Equipe bereits beim Verlassen des Flughafens in Sofia als ungeschminkte Realität. Der Bus wühlte sich durch ein engmaschiges Straßensystem, an dessen Ränder ärmlich aussehende Häuschen standen, die mehr Hütten glichen als stabilem Bauwerk. Bei der Überlandfahrt zum 160 km entfernten Projektstandort glitt der Blick auf Pferdefuhrwerke, die den Weg kreuzten und kaum einem Auto ausweichen mussten.

Plewen liegt in einer landwirtschaftlich geprägten hügeligen Region in der Mitte der westlichen Donauebene. Mit seinen knapp 100.000 Einwohnern zählt es zu den größten bulgarischen Städten. Die Schule, die sich u.a. dem Weinanbau widmet, wartete mit einer herzlichen Begrüßungszeremonie auf die Gäste aus vier Ländern. Fleischbällchen, die im bulgarischen kyufte und kebapche heißen, sowie die landestypischen meze, die an spanische Tapas erinnern, wurden von Schülern und Schülerinnen in Landestracht gereicht.

Nach der Feierstunde wurden erste Programmpunkte des Projektes skizziert, internationale Gruppen eingeteilt und mit dem EU-basierten Vorhaben begonnen. Die ortsgebundenen Recherchen nahmen zunächst die Rolle der Holz-und Papierindustrie ins Visier, um nicht zuletzt den Wirtschaftsfaktor des nachwachsenden Rohstoffs für Plewen hervorzuheben.

Die Jugendlichen, die sich in Englisch unterhielten, bastelten in eifriger Kleinarbeit Produkte aus Holz, um sie schließlich auf einem internen Schulmarkt für einen guten Zweck zu verkaufen. Das Projektthema stand im Ethnografischen Etara-Freilichtmuseum ebenfalls ganz im Vordergrund. Dieser beeindruckende Ort wartet auf mit Mühlen, alten Bäckereien, Kaffeehäusern und landwirtschaftlichen Geräten auf, die alle aus Holz gefertigt sind. Das kulturgeschichtliche Open-Air-Flair dieses Ortes zog nicht nur die Jugendlichen aus Wadern in ihren Bann. Eine aussagekräftige Dokumentation des Gesehenen rundete den Besuch dort ab.

Die erlebnisreiche Woche in Bulgarien war eine große Kontrasterfahrung. Auf der einen Seite zeigte sich die schwache soziale Lage dieses an Geschichte, Landschaft und Kunst reichen Landes immer wieder. Auf der anderen Seite erlebten die Schülerinnen und Schüler Stunden unvergessener Gastfreundschaft und sahen historisch bedeutende Stätten wie die alte Zarenstadt Veliko Tarnovo, die Hochburg der Thraker, Vratsa oder zum Abschluss die Hauptstadt Sofia, deren orthodoxe Kathedrale, Moschee und größte Synagoge Europas Zeugen von großer religionsgeschichtlicher Ausstrahlung sind. Bei den Gästen aus Wadern blieb ein widersprüchliches Bild von einem Land übrig, das seinen Weg in der EU noch finden muss.

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