Gipsabbau Im Gipsbruch finden viele Männer aus dem Dorf Arbeit

1919 übernimmt der Dillinger Bauunternehmer Josef Wilhelm Witt die Mecherner Gipsgrube. Gleichzeitig startet der Untertageabbau.

 Luftaufnahme von Anfang der 1930er Jahre. Zu sehen ist die Bahnstrecke von Mechern nach Mondorf mit der Gipsgrube am oberen Bildrand.

Luftaufnahme von Anfang der 1930er Jahre. Zu sehen ist die Bahnstrecke von Mechern nach Mondorf mit der Gipsgrube am oberen Bildrand.

Foto: Stefan Siebenborn

Die Firma Knauf prüft, ob sich Gipsabbau in Merzig lohnen könnte (wir berichteten). Der Abbau des Baustoffs hat in Merzig Tradition. Die Geschichte der Gipsgrube Mechern, besser bekannt als „Gipskaul“, kann in drei Zeitabschnitte eingeordnet werden. Die erste Abbauphase beginnt Ende 1897 und endet kurz vor dem Ersten Weltkrieg. 1919 wird zum zweiten Mal der Betrieb für kaum fünf Jahre aufgenommen. Zwischen 1924 und 1936 ruht der Abbau. Im Herbst 1935 übernehmen die Gebr. Knauf den Betrieb. Erst mit der vollständigen Ausbeutung der Gipslager kommt im Frühjahr 1955 die endgültige Stilllegung der Gipsgrube „Auf Kappen“. Teil eins unserer Serie: Der Abbau von 1897 bis 1914. Teil zwei unserer Serie: der Abbau von 1919 bis 1924.

Merzig Kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges, Anfang 1919 – das genaue Datum ist nicht bekannt – übernimmt der Dillinger Bauunternehmer Josef Wilhelm Witt pachtweise den stillgelegten Gipsbruch. Der 1879 geborene J. W. Witt hatte seine Firma 1903 mit Unterstützung seines Vaters, der in Schiffweiler ein Baugeschäft betrieb, in Dillingen gegründet. Mit bis zu 100 Mitarbeitern errichtete bis er zu seinem Tod 1934 markante Wohn- und Geschäftshäuser, die Kirche Heilig Sakrament, den Saardom, das Gymnasium, den Schlachthof und die Post in Dillingen, die Kreissparkasse in Saarlouis, die Lokomotivwerkstätten in Saarbrücken sowie Kasernen in Thionville, St. Wendel und Saarlouis.

Zu seinem Firmenkomplex gehören Steinbrüche und Gipsgruben, mit denen er das benötigte Baumaterial für seine Projekte fördert. Die Gipsmühle in Büren (heute Siersburg) mit der Gipsgrube im Gauberg hatte er um 1905 erworben. Dorthin wird der Mecherner Gipsstein zur weiteren Verarbeitung transportiert. Da der Abbau über Tage erschöpft ist, beginnt die Firma Witt den Untertagebetrieb. Um die 30 Männer aus Mechern und den direkten Nachbarorten finden in dem Betrieb Arbeit. Einer von ihnen ist der Maurer Johann Dollwet aus Mechern, der von November 1921 bis November 1923 als Vorarbeiter im Bergwerk arbeitet. Für Mechern ist dies in den schwierigen Nachkriegsjahren ein Segen. Jedoch müssen gewisse Erschwernisse in Kauf genommen werden.

Zum Abtransport des geförderten Gipsgesteins dienen neben Pferdefuhrwerken schon Lastkraftwagen mit Vollgummirädern und Kettenantrieb. Einer dieser Fuhrunternehmer, der mit seinem Lkw nach Siersburg fährt, ist Nikolaus Bauer. Er betreibt bis in die 80er Jahre auf der Dörrmühle eine Spedition. Dass diese Transporte für die wenig ausgebauten Straßen in Mechern nicht förderlich sind, kann nicht bestritten werden. Besonders hat die steile Bahnhofstraße (heute Am Stauden) unter Schlaglöchern und ausgewaschenen Radspuren zu leiden. Einerseits beklagen sich die Unternehmer als Hauptverursacher über den schlechten Zustand der Straße. Andererseits will die Gemeinde den Missstand beseitigen, kann aber die auf 4100 Francs veranschlagten Kosten nicht alleine aufbringen. Aus diesem Grund möchte sie die Verursacher für einen angemessenen Zuschuss angehen. Auch die Bahnverwaltung sowie die Regierungskommission sollten ihren Beitrag leisten. Das ist im Herbst 1922. Viel kann daraufhin nicht passiert sein. Die Straße zeigt sich Anfang der 60er Jahre immer noch im gleichen maroden Zustand. 1924 gibt J. W. Witt überraschend die Gipsgrube auf. Als Begründung werden besondere Umstände genannt. Bekannt ist, dass er in den letzten Lebensjahren ein schwerkranker Mann war.

Die Ausdehnungen der unterirdischen Anlage betragen jetzt etwa 160 mal 220 Meter. Die Stollen dieser Kampagne sind an ihrer großen Breite und an der ausgerundeten Streckenführung leicht zu erkennen. Fördermengen sind nicht bekannt.

In einer Versteigerung am 12. November 1932 wechselt das Areal der Gipsgrube den Besitzer. Am 24. Februar 1933 werden das Bankhaus Bickelmann aus Saarlouis zu zwei Dritteln und der Chemiker Rudolf Tascher aus Schönbruch zu einem Drittel die neuen Eigentümer.

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