Kelten und Römer im Saarland Wo einst vielleicht die Gladiatoren trainierten

Unsere Region ist geprägt von Einflüssen der Kelten und Römer. In einer Serie stellen wir Orte vor, an denen Spuren davon zu finden sind. Heute: der Mosaikfußboden der römischen Villa in Nennig.

 Besucher können den Mosaikfußboden der römischen Villa in Nennig in Gänze von der Galerie des Museumsbaus bewundern.

Besucher können den Mosaikfußboden der römischen Villa in Nennig in Gänze von der Galerie des Museumsbaus bewundern.

Foto: Ruppenthal

Beim ersten Blick weiß man gar nicht, wohin man schauen soll: Voller Details präsentiert sich der Mosaikfußboden in der römischen Villa in Nennig. Verflochtene Leisten bilden ein geometrisches Muster, umschließen Rauten und Rechtecke. Teilweise sind Ranken und weitere pflanzliche Symbole zu erkennen, teilweise herrschen klare Linien vor. Doch den Höhepunkt des über zehn mal 15 Meter großen Kunstwerks bilden sechs Achtecke sowie ein Quadrat mit szenischen Darstellungen. Diese zeigen sehr anschaulich typische Momente eines Spektakels im Amphitheater.

Dass sich heute Besucher dieses beachtliche Stück Geschichte anschauen können, ist zu einem großen Anteil purem Glück geschuldet. Gefunden wurde das Mosaik, welches als das größte und besterhaltene nördlich der Alpen gilt, 1852 von einem Landwirt. „Er wollte eine Grube graben und hat dazu Gott sei Dank eine Schaufel genommen“, erzählt Thies Kliem. Er versieht in der römischen Villa in Nennig den Dienst an der Kasse und beantwortet gern die zahlreichen Fragen der Besucher zur Geschichte der Anlage. Der Mosaiksaal war wohl der Empfangsraum des über 6000 Quadratmeter umfassenden Villenkomplexes, dessen Hauptgebäude zwei Etagen hatte – und eine Top-Ausstattung. „Es gab eine Fußbodenheizung, fließendes Wasser und Doppelfenster“, berichtet er. Zudem war das Gebäude unterkellert, erläutert er weiter. Wie die Anlage damals ausgesehen haben könnte, zeigt ein Modell im Ausstellungsraum.

Ein Stück vom Haupthaus entfernt befand sich ein Badehaus. „Für die Römer war Baden Kultur, die haben dort entspannt und Feste gefeiert“, weiß Kliem. Vom Hauptgebäude aus zu diesem Badehaus führte ein Wandelgang, 250 Meter lang, neun Meter breit, mit Säulen an den Seiten. Zunächst sei angenommen worden, dass es sich dabei einfach um einen Verbindungsgang gehandelt habe, erzählt er weiter, aber: Der Boden des Gangs sei mit Sand bedeckt gewesen – unwahrscheinlich also, dass die Villenbewohner sich dort nach dem ausgiebigen Bad die Füße schmutzig gemacht hätten, meint Kliem, und beschreibt die aktuelle Theorie: „Man vermutet nun, dass in dem Gang eine Gladiatorenschule war.“ Hier könnten also die Sklaven, die von ihrem Besitzer für den Einsatz im Amphitheater vorgesehen waren, ihre Techniken geübt und sich ertüchtigt haben. Beweisen könne man dies allerdings bisher nicht, räumt er ein.

Ein Indiz für diese Theorie sind die Darstellungen auf dem rund 160 Quadratmeter umfassenden Mosaikfußboden. Circa 90 Prozent von diesem sind im Original erhalten, der Rest wurde 1874 von Villeroy & Boch rekonstruiert. Alle der circa drei Milionen Steinchen sind reiner Naturstein, sowohl die alten, als auch die neueren, erläutert Kliem. Welche Teile ergänzt wurden, ist bei genauem Hinsehen zu erkennen: Die von Villeroy & Boch hinzugefügten Bereiche sind etwas dunkler als die historischen. Neu ist insbesondere ein Feld, in dem Daten zum Fund des Mosaiks und zur Restaurierung zu finden sind – von dieser Stelle war im Original nichts erhalten. „Man nimmt an, dass da der Name des Erbauers stand“, äußert Kliem eine Theorie.

Sehr gut erhalten und klar erkennbar sind die weiteren Felder, die typische Szenen aus dem Amphitheater zeigen. Das vom heutigen Eingang aus als erstes zu sehende Bild zeigt zwei Musikanten – einen Tubenspieler und einen Mann an der Wasserorgel. Diese Musiker eröffneten damals die Spiele, weiß Kliem zu berichten. Die weiteren Motive, die in der römischen Villa in Nennig zu sehen sind, sind deutlich martialischer: Eins zeigt einen bereits verwundeten Panther neben einem Speerwerfer, ein anderes den Kampf von drei Männern gegen einen Bären. „Die haben das so arg getrieben, dass im Römischen Reich die Bären fast ausgestorben sind“, erklärt er. Teile des Spektakels kamen sogar ohne menschliche Akteure aus. Dies zeigt eindrücklich das Motiv eines Tigers, der sich auf einen Esel stürzt. Auch ein Löwe ist in einer weiteren Darstellung zu erkennen. In den Amphitheatern eingesetzt wurden noch weitere Arten exotischer Tiere, ergänzt Kliem, darunter Elefanten, Nashörner und Krokodile.

 Zwei Gladiatoren kämpfen gegeneinander. Dahinter: der Schiedsrichter.

Zwei Gladiatoren kämpfen gegeneinander. Dahinter: der Schiedsrichter.

Foto: Ruppenthal
 Musik bildete den Auftakt zum Spektakel im Amphitheater.

Musik bildete den Auftakt zum Spektakel im Amphitheater.

Foto: Ruppenthal
 Thies Kliem

Thies Kliem

Foto: Ruppenthal
 Der kostbare Mosaikfußboden befindet sich geschützt im Museumsbau. Der Boden liegt dabei auf Stelzen, um ihn vor den Einflüssen des Grundwassers zu schützen.

Der kostbare Mosaikfußboden befindet sich geschützt im Museumsbau. Der Boden liegt dabei auf Stelzen, um ihn vor den Einflüssen des Grundwassers zu schützen.

Foto: Ruppenthal
 Im Außengelände der römischen Villa in Nennig können die Besucher sich Reste der Säulen sowie einige Mauern anschauen.

Im Außengelände der römischen Villa in Nennig können die Besucher sich Reste der Säulen sowie einige Mauern anschauen.

Foto: Ruppenthal
 Ein Modell zeigt, wie die Villenanlage ausgesehen haben könnte.

Ein Modell zeigt, wie die Villenanlage ausgesehen haben könnte.

Foto: Ruppenthal

Neben Tierkämpfen stand natürlich der Kampf Mann gegen Mann an. Zuerst gab es dabei Schaukämpfe, die der Belustigung dienten und mit den heutigen Wrestling-Kämpfen zu vergleichen waren, erklärt Kliem. Im Mosaikfußboden wird dies repräsentiert durch einen Kampf mit Stock und Peitsche. Doch der Höhepunkt waren die blutigen Gefechte der Gladiatoren. Die Darstellung eines solchen Zusammentreffens bildet das zentrale und größte Element des Fußbodens. Es zeigt zwei Kämpfer, einen mit Dreizack und Armschutz, den anderen mit Schild und Schwert, welches auf dem Bild allerdings nicht zu sehen ist. „Da ging es richtig zur Sache“, erläutert Kliem, denn gekämpft wurde, bis einer der Kontrahenten unterlag. „Der Unterlegene konnte um Gnade bitten“, erzählt er weiter – doch ob ihm diese gewährt wurde, entschied das Publikum. Überlebt haben die Kämpfe wohl die wenigsten der Teilnehmer.

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