Alte Tradition Wadriller pflegen ihr altes Brauchtum

Wadrill · Das Erbsrad rollt am Sonntagabend vom Perscher Kopf bis in die Wadrill. Die Vorbereitungen laufen.

 An ihrem Vereinsdomizil, der Harteichhütte, wickeln die Heimat- und Naturfreunde das Erbsrad sowie Kreuz und Kerzen.

An ihrem Vereinsdomizil, der Harteichhütte, wickeln die Heimat- und Naturfreunde das Erbsrad sowie Kreuz und Kerzen.

Foto: eb

Mit dem kommenden Sonntag, 10. März, wird bis Ostern die kirchliche Fastenzeit eingeläutet. Zugleich ist dieser erste Fastensonntag für die Wadriller Bevölkerung ein besonderer Sonntag, zumal er vornehmlich in früherer Zeit auch Erbsensonntag genannt wurde. Dann lassen die Mitglieder der Heimat- und Naturfreunde wiederum älteste Vergangenheit aufleben, die bis in die Keltenzeit zurückreicht: den Lauf des Erbsrades. Dieser Brauch wird alljährlich einige Jahrzehnte von den Heimatfreunden gepflegt. Bei Anbruch der Dunkelheit gegen 19 Uhr rollen sie ein brennendes Strohrad, früher mit Erbsenstroh gewickelt und daher auch sein Name, von der Anhöhe Perscher Kopf bis in die Wadrill. Mit diesem Brauch soll das Rad als Symbol der Sonne ihren Segen über Wiesen, Felder und Äcker bringen sowie für eine erfolgreiche Ernte sorgen. Der ursprünglich heidnische Brauch wurde unter dem Einfluss der Kirche mit christlichen Symbolen ergänzt. Zwei Kerzen und ein Kreuz werden ebenfalls aus Stroh gewickelt und zunächst angezündet. Dann wird das Erbsrad mit dem Kreuz angezündet und über eine 500 Meter lange Strecke von vier bis sechs Naturfreunden an einer Stange in die Wadrill getrieben. Zudem wird das Lied „Großer Gott, wir loben dich“ angestimmt. Alljährlich verfolgen unzählige neugierige Zuschauer auch aus der weiteren Umgebung dieses Schauspiel. Tradition ist es auch, dass die Vereinsmitglieder bereits am Sonntagnachmittag im Dorf unterwegs sind, um Eier einzusammeln. Nach dem Erlöschen der Räder treffen sich alle Akteure, Bevölkerung und auswärtige Schaulustige in der Wadrilltalhalle zum gemeinsamen Eieressen, aber auch zum Plausch miteinander.

Schriftliche Zeugnisse über Brauchtum, in dem Feuerräder eine Rolle spielen, stammen aus Nordeuropa. In einem alten englischen Gedicht wird die Zeremonie wie folgt beschrieben: „Die Leute nahmen ein altes, verfaultes, nicht mehr benutztes Rad, umwanden es ganz und gar mit Stroh und Werg und trugen es auf den Gipfel eines Berges. Wenn es dunkel geworden war, zündeten sie es an und ließen es den Berg hinunter rollen, ein merkwürdiges und ungeheures Schauspiel. Man konnte meinen, die Sonne sei vom Himmel gefallen.“ Es ist erstaunlich, wie deutlich sich das in Wadrill gepflegte Brauchtum darin widerspiegelt. Sonne, Erde und Wasser sind die Urkräfte des Lebens. Das gemeinsame Wirken dieser drei Elemente sorgt für Wachstum und hält den Kreislauf auf Erden in Gang. Der Lauf des Erbsrades ist die symbolische Verbindung dieser drei Elemente. Das brennende Rad ist das Symbol der Sonne. Ihre wärmende Kraft wird gleichsam vom Himmel herabgeholt, damit sie sich mit der Erde verbindet. Wenn schließlich das brennende Rad am Ende seines Weges im Bach erlischt, ist auch die dritte Kraft, das Wasser eingebunden. Die drei Elemente sind zu einer gemeinsamen, Leben spendenden Kraft vereint.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort