Wadern Bürgerinitiative kritisiert Gesundheitspolitik

Wadern · Bernd Schröder von der BI Nordsaarlandklinik prangert an, dass Krankenhäuser nur noch als Rendite-Objekte gesehen werden.

 Das Krankenhaus in Wadern ist seit 2017 geschlossen.

Das Krankenhaus in Wadern ist seit 2017 geschlossen.

Foto: Rolf Ruppenthal/ROLF RUPPENTHAL

Gibt es für die Nordsaarlandklinik keinen Investor oder ist sie politisch nicht gewollt? Die Frage stellen sich viele Menschen im Hochwald nach der Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel (fraktionslos). Die Landesregierung hatte der Parlamentarierin mitgeteilt, es gebe nach wie vor keinen Investor für das Projekt Nordsaarlandklinik, obwohl man mehrfach mit allen im Saarland tätigen Krankenhausträgern und auch einem Klinikum im benachbarten Rheinland-Pfalz gesprochen habe.

„Der Begriff ‚Investor’ in der kurzen Nachricht in der Saarbrücker Zeitung vom 2. März weist auf ein grundlegendes Problem der aktuellen Gesundheitspolitik in Deutschland hin“, sagt Bernd Schröder, Sprecher von der Bürgerinitiative Nordsaarlandklinik. „Krankenhäuser werden nicht mehr unter medizinisch-ethischen Gesichtspunkten betrachtet, sondern vorrangig als Renditeobjekt für Investoren. Diese Verkehrung der Rolle einer Klinik wird allgemein mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit hingenommen.“

Natürlich sei ein Krankenhaus ein bedeutender Arbeitgeber und ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Umland. „Das sehen auch wir in der Bürgerinitiative so und fordern darum von der Landesregierung, dass sie sich endlich eindeutig hinter das Projekt Nordsaarlandklinik stellt, weil es eine Leitinvestition für die Region wäre mit beträchtlichen positiven Auswirkungen auch in wirtschaftlicher Hinsicht.“

In allererster Linie soll laut Schröder ein Krankenhaus jedoch leidenden Menschen helfen. Jede Region – auch dünner besiedelte ländliche Gebiete – hat nach seiner Ansicht Anspruch auf ein hinreichend dicht geknüpftes Netz ambulanter medizinischer Versorgung sowie – als Eckpfeiler – auf ein gut erreichbares Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung. „Ein solches Krankenhaus muss keine Rendite abwerfen; es genügt, wenn es finanziell einigermaßen gesund dasteht. Seine Gewinne sind die erzielten Heilerfolge.“ Nach seiner Ansicht ist das gegenwärtige System der Fallpauschalen aber darauf ausgerichtet, kleinere, meist im ländlichen Raum angesiedelte Kliniken der Grund- und Regelversorgung in den Bankrott zu treiben. „Erklärtes Ziel der seit 2004 praktizierten Gesundheitspolitik ist es, solche Krankenhäuser zur Schließung zu zwingen zugunsten einiger weniger Großkliniken, von denen man eine bessere Qualität in Diagnose und Behandlung erwartet – eine Erwartung, die sich allerdings nicht immer erfüllt“, führt er an.

Kurz nach der Schließung des Waderner Krankenhauses im Sommer 2017 habe die BI ihr Konzept einer Nordsaarlandklinik vorgelegt. „Es sieht ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung vor, das durch Hinzunahme einer Reihe weiterer Fachabteilungen sein Leistungsspektrum deutlich verbessert, wodurch mehr Patienten in der Nähe ihres Wohnorts behandelt werden können, was sowohl bei geplanten Eingriffen, aber vor allem in Notfällen wesentliche Vorteile bietet“, sagt Schröder. Vorausgesetzt, dass keine weiteren Verknappungen der Entlohnung für Krankenhäuser eingeführt werden, wäre nach seiner Einschätzung damit eine Betriebsgröße von etwa 180 Betten wirtschaftlich auskömmlich.

Die Landesregierung hatte das Konzept von unabhängigen Gutachtern überprüfen lassen (wir berichteten). „Diese erwiesen sich als klare Anhänger des Renditewahns im Gesundheitswesen“, sagt Schröder. „Um in Wadern auf eine Betriebsgröße von 300 Betten und eine Rendite von acht Prozent zu kommen, schlugen sie einen weiteren Ausbau der Fachabteilungen vor durch Schließung der Krankenhäuser in Losheim und Lebach, welche ihre Spezialisierungen in die Nordsaarlandklinik einbringen müssten.“

Dieses „radikale, politisch äußerst heikle und auch finanziell ambitionierte Modell“, wie Schröder es bezeichnet, legte nun die Landesregierung ihren Gesprächen mit den Krankenhausträgern zugrunde. „Zugleich gab man den Trägern zu verstehen, dass sie erst den Zuschlag bekämen, wenn sie sich mit den Trägern der Krankenhäuser in Lebach und Losheim über die Übernahme von deren Häusern geeinigt hätten.“ Vor diesem Hintergrund nennt er es nicht überraschend, dass sich bisher kein Krankenhausträger entschließen konnte, das Projekt anzugehen.

Die BI halte ein leistungsfähiges Krankenhaus im Herzen des Nordsaarlands weiter für notwendig, um dem ländlichen Raum gleichwertige Lebensverhältnisse zu bieten, wie sie an der Saarschiene zu finden sind. Die Errichtung einer Nordsaarlandklinik ist nach Ansicht der BI möglich, „wenn die Landesregierung sich erstens deutlich hinter das Projekt stellt, zweitens mit potenziellen Trägern der Maßnahme auch über etwas leichter zu realisierende Alternativen redet und drittens ihre spürbare Mithilfe beim Ausräumen von Schwierigkeiten zusagt“. Neben dieser Erwartung speziell an die Landesregierung fordert die BI die Politiker auf allen Ebenen dazu auf, sich für ein Umsteuern in der deutschen Gesundheitspolitik einzusetzen, damit Krankenhausärzte und Pflegepersonal wieder ihre ganze Sorge dem Wohl ihrer Patienten widmen können, statt zu überlegen, wie sich dieser „Fall“ in der Bilanz des Hauses auswirken wird.

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