Einkaufsmeilen Merchweiler ist auch ohne Zentrum lebendig
Merchweiler · Was Handel, Handwerk und Gewerbe vor Ort in den Zeiten des Internets bieten. Die SZ ist im Kreis unterwegs.
Von den sieben Kommunen im Kreis Neunkirchen ist Merchweiler mit weniger als 10 000 Einwohnern in den beiden Ortsteilen Merchweiler und Wemmetsweiler die kleinste. Statt eines gewachsenen Ortszentrums, in dem sich Handel und Gewerbe konzentrieren, präsentiert Merchweiler eine lange Strecke vom Kreisel im Solch über die Hauptstraße und die Quierschieder Straße bis zum Kreisel ins Gewerbegebiet Auf Pfuhlst und Richtung Autobahn und Göttelborn. Dazu diverse Nebenstraßen, in denen es zwar Handel und Gewerbe gibt, was für die zahlreichen Autofahrer auf der „Durchreise“ aber erkennbar ist. Die „Großen“ wie Wasgau, Aldi, Lidl, DM oder Rewe haben alle Filialen in Merchweiler entlang der Hauptverkehrsader. Der Verkehr ist überhaupt die Krux in der Gemeinde, deren Durchgangsstraße vielen als Autobahnzubringer dient.
Wir haben unsere Tour durch den Orts am Illtal-Center „Vier Eichen“ begonnen. Gebaut wurde dieses „Center“, als man von Riesen wie den Saarpark-Center in Neunkirchen noch nichts wusste. Nach Umbau hat der dortige Friseur jetzt weitere Kollegen aus der Gesundheits- und Beauty-Branche, ein Sonnenstudion soll folgen. Mit im Gebäude noch ein Billig-Textilanbieter und ein chinesisches Restaurant. Schlecker war in dem Komplex einst auch zu Hause, schloss aber diese Filiale noch vor dem Zusammenbruch der Drogerie-Kette. Einige Ex-Schlecker-Frauen wagten mit dem „Drehpunkt“ einen Neuanfang, mussten aber ziemlich schnell wieder aufgeben.
In der Nachbarschaft dann Wasgau als großer Frequenzbringer und eine ganze Auswahl an Imbissen und Außer-Haus-Lieferanten mit saarländisch, italienisch und asiatisch geprägten Angebot. Verhungern muss in Merchweiler ohnehin niemand. Es drehen sich gleich an mehreren Standorten die Kebap-Spieße, es gibt italienische Restaurants, ein Eiscafé „to go“, einen Jugoslawen und auch immer noch den Römerhof, dessen Küche viele Leute seit vielen Jahren schätzen. Das Gebäude verfällt außerlich allerdings immer deutlicher. Auswärtige werden sich kaum hierher verirren. Verdursten ist auch kaum möglich. Mehrere der vor allem bei den Herren beliebten Glas-Bier-Geschäfte wie „Zum Gipser“ laden zum unkomplizierten Kaltgetränk ohne Schnick-Schnack.
Merchweiler hat mit den „Kaiserterrassen“ auf dem ewig brach liegenden Kaisersaal-Gelände ein Geschäfts- und Wohngebäude als neuen Hingucker. Die Sparkasse mit ihrem frischen Rot ist hierher umgezogen, hat am alten Standort einige Meter entfernt einen Leerstand hinterlassen. Eigentlich hatten sich Bürger und Gemeinderat am zentral gelegenen Kaisersaal-Standort einen größeren Lebenmittel-Anbieter gewünscht, um diese Versorgungslücke in der Ortsmitte zu schließen, doch es fand sich kein Interessent. So muss man weiter mit der Tatsache leben, dass diese Branche sich eher an den Rändern verteilt hat. Immerhin gibt es ein türkisches Lebensmittelgeschäft mit Obst- und Gemüsebereich.
Anders als in Illingen, wo zurzeit viele leerstehenden Ladenlokale gleich ins Auge fallen, sieht es in Merchweiler durchaus belebt aus. Die Schließung der „Schwarze Katz“ dürfte zu verschmerzen sein, zumal es mit der Maxim-Bar noch einen Vertreter dieser Branche gibt. Und auch den „Joy-Club 1001 Nacht“ am Ortsrand Richtung Wemmetsweiler. Auch in dieser Beziehung muss in Merchweiler niemand darben, auch wenn die Gäste, wenn man auf die Auto-Kennzeichen schaut, eher nicht aus der Region hierher swingen. Traditionsgeschäfte wie Alois Hermann mit seinem Riesenangebot rund um Werkzeug, Heimwerken oder Gartenpflege, die Ärzte, Apotheken, Bäcker, Metzger, Optiker, Reisebüros, Reha-Praxen, Fußpfleger, Friseure, Blumenläden, Schuhgeschäfte, Spielhallen, Kaminofen-Anbieter oder Kfz-Dienstleister sorgen für bunten Branchen-Mix. Etwas knapp ist trotz des Stoffladens und der neuen Boutique das Textil-Anbebot. Seit Schneider-Moden geschlossen ist, findet sich für Damen und Herren „ohne Alter“ eher wenig.
Hans-Jörg Werth vom Handwerker- und Gewerbeverein Merchweiler schätzt den Branchenmix in der Gemeinde als „gut“ ein. Es gebe in der Tat kaum Leerstände, die gewollte Konzentration in den Gewerbegebieten beeinträchtige die innerörtlichen Anbieter nicht. „Die strategische Ausrichtung von Merchweiler ist hervorragend“, sieht Werth Merchweiler auf einem guten Weg.
Bereits erschienen: Illingen, SZ vom 21. Januar 2018.