Samstag ist der meiste Andrang Jeder Fernseher im Wald schmerzt

Neunkirchen · Zu Besuch im EVS-Wertstoff-Zentrum in Ottweiler. 500 bis 600 Kunden täglich kommen in Spitzenzeiten.

 Das Team vom Wertstoff-Zentrum (v.l.): Carsten Bollbach, Karl-Heinz Strempel, Marco Meyer und Sascha Buschlinger.

Das Team vom Wertstoff-Zentrum (v.l.): Carsten Bollbach, Karl-Heinz Strempel, Marco Meyer und Sascha Buschlinger.

Foto: Anja Kernig

Etliche bunte Kopfhörer, die die Kinder zerlegt haben, zwei Computertastaturen, unbrauchbar dank Kaffeeflutung, dazu zig herrenlose Ladekabel, die sich auf gar wunderliche Art selbst zu vermehren scheinen – der nette Mann am Eingangstor will es gar nicht so genau wissen. Nach einem knappen Seitenblick auf die dargebotene Jutetasche diagnostiziert er: „Haushaltskleingeräte. Geradeaus und dann links, G12.“ Sagt’s und gibt den Weg frei ins Wertstoffparadies.

Wer Altes, Ausrangiertes liebt, wird hier nie wieder weg wollen. Und wer es nicht liebt, kommt immer wieder In die Etzwies, um es los zu werden. 500 bis 600 Kunden sind es in Spitzenzeiten pro Tag, informiert Sascha Buschlinger, der Chef vor Ort. In den Sommerferien kann es schon mal eine Dreiviertelstunde dauern, bis man dran ist. Dann reicht die Schlange aus Kleintransportern und Pkw mit oder ohne Anhänger bis hoch zur Saarbrücker Straße. Es ist halt komfortabel und lohnt sich. Große Kartons muss man nicht von Hand zu Fuß zerkleinern, sondern nur in die Presse werfen. Und das meiste wird man kostenlos los. Gleich vorn zum Beispiel warten die Kleincontainer auf neue Nahrung: Buntmetalle, Kabelreste, Korken, Neonröhren, Styropor, Brillen, Haushaltsbatterien. Alles hat seinen Platz – woraus sich ein Gutteil der Faszination speist. Unterscheidet sich doch diese Ansammlung nutzlos gewordener Dinge, Baumaterialien, Verpackungs- und sonstigen Mülls letztlich vor allem durch ihre mustergültige Ordnung von der daheim im Keller oder auf dem Dachboden. Abgelehnt werden nur kontaminierte Sachen wie Asbestplatten oder Flüssigkeiten, die man jedoch einmal im Monat beim Öko-Mobil los wird, nächstes Mal am Samstag, 18. August, von 13 bis 15 Uhr.

„Dieses Jahr ist es heftig“, sagt Inge Herz, die von Seiten der Ottweiler Verwaltung zuständig ist – und meint die Nutzungsintensität, nicht den zuweilen strengen Geruch (der stammt von nebenan, wo die Kläranlage klärt). Allein im Juli leitete man 77 Container à 40 Kubikmeter Sperrmüll an die Verbrennungsanlage Velsen weiter. Im Jahr kommen allein davon locker 2000 Tonnen zusammen – angekarrt von zirka 40 000 Kunden. Und das bei nur 15 000 Ottweiler Einwohnern. Des Rätsels Lösung: Die Klientel speist sich aus dem ganzen Saarland und ein bisschen Pfalz. „Wir haben relativ viele Wiebelskircher, für die das günstiger ist als Heinitz“, klärt Buschlinger auf. Oft sieht er auch St. Wendeler oder Homburger Auto-Kennzeichen. Im April geht es mit dem Ansturm los, der sich jetzt, nach den Sommerferien, so langsam wieder legt. „Samstag ist es am schlimmsten“ – oder am besten, je nachdem, wie man es sieht.

Finanziert wird der Betrieb des Wertstoffhofs weitgehend vom Entsorgungsverband Saar. Zwar verdient dieser am Verkauf von Pappe/Papier, Mischschrott, Kupfer und Co. Zudem wird für besondere Abfälle ein Entgelt erhoben. Für Altreifen zum Beispiel drei Euro, ein Feuerlöscher schlägt mit 13 Euro zu Buche. Gestaffelt sind die Preise für Bau- und Abbruchabfälle, Altholz aus dem Baubereich, Bauschutt und Grünschnitt, wofür man je nach Menge mit zwei bis maximal 30 Euro pro Tour zur Kasse gebeten wird.

Doch das deckt natürlich nicht sämtliche Personal- und Betriebskosten. Für diese stellt der EVS einen Jahresbetrag zur Verfügung, sagt Inge Herz. So muss die Stadt nicht die zwei Vollzeitstellen finanzieren, wohl aber die derzeit vier Hilfskräfte. Gleichwohl: Für die Umwelt ist das Sammeln, Sortieren und Wiederverwerten des Mülls in jedem Fall ein Gewinn. Weshalb sich Buschlinger vor allem eines wünscht: „Die Leute sollen es gut nutzen.“ Jeder Fernseher, jedes Sofa im Wald schmerzt ihn fast körperlich – weil es so unnötig ist. „Sperrmüll bis drei Kubikmeter hier zu lassen kostet keinen Cent“, Elektrogroßgeräte ebenfalls. Richtig teuer wird es dagegen, wenn man beim illegalen „Entsorgen“ in der Landschaft erwischt wird. „Da kann man mit 5- bis 10 000 Euro rechnen.“

 Da wollte wohl keiner mehr in die Röhre schauen . . .

Da wollte wohl keiner mehr in die Röhre schauen . . .

Foto: Anja Kernig

Wozu Buschlinger gern beiträgt. Wenn bei ihm jemand mit seinem Bauholz wieder kehrt macht, weil ihm die paar Euro zu viel sind, notiert er sich schon mal das Autokennzeichen. Um es anschließend ans Ordnungsamt weiter zu leiten. Mancher überlegt es sich dann doch noch mal: „Letztens kam der Mann nach zehn Minuten wieder und meinte: Meine Frau hat gesagt, ich soll bezahlen.“

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