Deutsch-französischer Workshop Völkerverständigung mit vollem Körpereinsatz

Ottweiler · Halbzeit beim Projekt InterCultour, das erstmals im Saarland zu Gast war. Jetzt stellten Jugendliche die Ergebnisse der Workshops an der Landesakademie für musisch-kulturelle Bildung in Ottweiler vor.

„Der Mensch ist eine Maschine“ – und was für eine. Ernst und konzentriert bringen sich Mario, Cythia, Moritz, Rosanna und die anderen InterCultour-Teilnehmer auf der Bühne der Elipse in Position. Ein Fragment fügt sich zum andern, bis die zwölf Jugendlichen – ineinander verkeilt – ratternd, schnaufend, klickend ihre Körper und Gliedmaßen rhythmisch bewegen. Dabei stoßen sie Wortfragmente aus, als ob sie Teile eines großen, mechanisch-pneumatischen betriebenen Sprach-Apparates wären.

Diese von einem Besuch der Völklinger Hütte inspirierte Performance gehört zum Programm der sechs Franzosen und sechs Deutschen, das sie letzte Woche in der Landesakademie für musisch-kulturelle Bildung erarbeiteten. Erstmals richtete der Verband Saarländischer Amateurtheater (VSA) die von der Stiftung Deutsch-Französische Verständigung und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk geförderte InterCultour aus. Das Projekt findet alle zwei Jahre statt, bisher aber immer in Baden-Württemberg. „Die Teilnehmer sind zwischen 16 und 21 Jahren alt – und sehr mutig“, findet Irmgard Leinenbach, VSA-Vizepräsidentin. Sind sie doch alle alleine angereist. Aber das Experiment ist geglückt: „Sie fühlen sich sehr wohl hier.“

Was Hannah Schäfer am leichtesten gefallen sein dürfte. Die 22-Jährige Lehramtsstudentin vertritt das Saarland vor Ort und ansonsten beim Bundesarbeitskreis Kinder- und Jugendtheater. Hannah mimt, seit sie drei ist, aktuell als Mitglied der Spielgruppe Wasabi und des Homburger Amateur Theaters: „Theater ist der Hauptbestandteil meines Lebens“, betont die gebürtige Neunkircherin. „Manchmal fühlt es sich normaler an, auf der Bühne zu stehen, als irgendwo anders.“ Bei InterCultour war Hannah sowohl Betreuungsperson als auch Teil der Gruppe: „Jeder ist gewachsen in dieser Woche, größer geworden“, lautet ihre Bilanz.

Ziel der Workshops war es, die Jugendlichen mit den Mitteln des Theaters zu ihrem Verständnis der Welt zu befragen. Als Trägermedium bezüglich Ausdruck und Darstellung wählten die Dozenten, Simon Capelle (Frankreich) und Dominique Macri (Deutschland), Poetry Slam, was so viel heißt wie Poesiewettstreit oder Poesieschlacht. Kein Seminar gleicht dem anderen, meinte Macri. So kam es sehr überraschend, dass viele Musiker, darunter sogar zwei Saxofonistinnen, angereist waren.

Weshalb die musikalische Komponente diesmal ausgeprägter war. „Wir schauen natürlich immer auch: Was wünschen sich die Teilnehmer, was brauchen sie, um sich weiterzuentwickeln“, erläutert die Referentin. Wobei jeder abgeholt wird, wo er gerade steht. Ihr Sohn Noah verfolgte indes ganz eigene Ziele: „Ich will Freunde finden“, was dem Sechsjährigen auch ohne weiteres gelang – trotz Altersunterschied.

„Man kann sich natürlich auch immer fragen, ob der Aufwand, den wir hier betreiben, für zwölf Jugendliche berechtigt ist“, weiß Dominique Macri um die bestehende Kritik am Projekt. Dabei spricht sehr viel für einen solchen interkulturellen Kontakt, etwa die Intensität und Qualität der gemeinsamen Erfahrungen. „Es entsteht eine Verbundenheit, die ein Leben lang hält.“ Oft bilden sich Pärchen. „Es entstehen Freundschaften und Beziehungen, die tragfähig sind.“ Was gerade in der heutigen Zeit etwas „immens Wertvolles“ sei.

Letztlich sind die zwölf jungen Leute auch Multiplikatoren. Inzwischen sind sie abgereist und diese Woche zu Besuch im Volkstheater von Bussang, wo sie auf Gleichgesinnte treffen und ihr Stück vorstellen werden.

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