Wenn Schönheitsideale krank machen Wie gesunde Kinder gesund bleiben

Ottweiler · Essstörungen in der Pubertät vorbeugen: Lehrer im Landkreis Neunkirchen bilden sich dank Gesundheitsamt weiter.

 Psychotherapeutin Vanessa Wolter.

Psychotherapeutin Vanessa Wolter.

Foto: Vanessa Wolter

Mädchen und Jungen, die in der Pubertät sehr unzufrieden mit ihrem Körper sind, sind anfällig für Essstörungen. Diese sind schwer zu behandeln und gehen häufig mit schwerwiegenden körperlichen Schäden einher. Der Wunsch nach Gewichtsabnahme bei Mädchen in der Pubertät hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Ursache dafür ist mitunter ein unrealistisches Schönheitsideal, beeinflusst etwa durch bearbeitete Fotos bei Instagram oder Modell-Casting-Shows im Fernsehen.

Ein besonderes Augenmerk auf das Problemfeld Essstörungen legt das Gesundheitsamt des Landkreises Neunkirchen. Jutta Schäfer, Abteilungsleiterin Gesundheitsförderung, und Carina Epple-Trittelvitz vom Schulpsychologischen Dienst haben deshalb die ganztägige Fortbildung „Primärprävention von Essstörungen“ für Lehrerinnen und Lehrer, Schoolworker und Psychologen im Landratsamt Ottweiler organisiert. Durchgeführt wurde die Fortbildung von „MaiStep“, dem Mainzer Schultraining zur Essstörungsprävention, entwickelt von Mitarbeitern der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsmedizin Mainz.

Gesunde junge Menschen sollen weiterhin gesund bleiben, das ist der Ansatz des Trainings. Wie dies funktionieren kann, erläuterte die Referentin, Psychotherapeutin Vanessa Wolter, im SZ-Gespräch. Angesprochen sind Jungen und Mädchen in der siebten und achten Klasse. In den Unterrichtsstunden geht es nicht speziell um das Thema Essstörungen, sondern vielmehr um Themen, von denen man weiß, dass sie eine entscheidende Rolle bei deren Entstehung spielen. „Wir versuchen, mit den Schülern in eine Diskussion zu kommen über Schönheit und heutige Ideale“, sagt Wolter. Wichtig dabei zu erkennen: Ein freundliches Lächeln kann ein nicht perfektes Gesicht sympathisch und damit auch schön machen. Von Medien vorgegebene Schönheitsideale in Frage zu stellen wird spielerisch geübt. Bewährt habe sich, berichtet Wolter, die eigene Perspektive des Körpers einzunehmen. Sich bewusst zu machen, wie sich der eigene Körper fühlt. Ist der Stimmungstank gerade gut gefüllt, weil ich Zeit mit Freunden verbracht habe oder mit einem Hobby? Oder ist er leer, weil Streit mit den Eltern oder schlechte Noten die gute Stimmung verbraucht haben? Was tut mir gut, wie kann ich meinen „Tank“ wieder auffüllen, ohne zur Tafel Schokolade zu greifen? Sich immer mal wieder im Laufe des Tages solche Fragen zu stellen, helfe vor unkontrollierten Essattacken, weiß die Diplom-Psychologin. „Wir setzen an den Ursachen für eine mögliche Essstörung an, ohne bestimmte Verhaltensweisen zu verteufeln.“

Die Teilnehmer der Fortbildung im Ottweiler, übrigens der ersten dieser Art im Saarland, können selbstständig das auf fünf mal zwei Unterrichtseinheiten aufgebaute Programm „MaiStep“ durchführen. Die dazu benötigten Materialien werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2011 wurde das bundesweit angebotene Kooperationsprojekt von der KKH-Allianz für seinen modernen Präventionsansatz mit einem Innovationspreis ausgezeichnet und wird bis heute durch die Kaufmännische Krankenkasse gefördert.

Interessierte Schulen des Landkreises Neunkirchen können sich wenden an: Jutta Schäfer, Gesundheitsamt Neunkirchen, Abteilung Gesundheitsförderung. Telefon: (0 68 24) 9 06 88 42. Oder direkt an Vanessa Wolter, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, maistep@unimedizin-mainz.de, Telefon (0 61 31) 17 32 81.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort