Tatort Saarland Personal bei der Polizei: Wie groß ist die Not?

Saarbrücken · Wenn Beamte zu einer Unglücksstelle ausrücken, ist die Feuerwehr oft schon da. Das war mal anders, berichten Feuerwehrleute.

 Feuerwehr und Polizei arbeiten bei Einsätzen Hand in Hand. Aber nehmen die Wehren zunehmend Polizeiaufgaben wahr? 

Feuerwehr und Polizei arbeiten bei Einsätzen Hand in Hand. Aber nehmen die Wehren zunehmend Polizeiaufgaben wahr? 

Foto: dpa/Carsten Rehder

Schwerer Verkehrsunfall: Ein Opfer sitzt im Autowrack. Eingeklemmt, kann sich nicht selbst befreien. Die Feuerwehr ist gefordert. Mit Spezialgeräten schneidet sie den Verletzten aus der Karosse heraus, damit er von Notärzten und Sanitätern versorgt werden kann.

Sowohl Sorgfalt als auch Eile sind gefragt. Sekunden können über Leben und Tod entscheiden. Darum muss jeder Handgriff sitzen, wenn die Retter zur Unglücksstelle eilen.

Allerdings werden sie seit Jahren vor immer neue Herausforderungen gestellt, die sie kaum beeinflussen können. Wenn sie vor der Polizei an Ort und Stelle eintreffen, müssen sie zuerst dafür sorgen, dass sie nicht selbst in Gefahr geraten. Die Unfallstelle wird dazu weiträumig abgesperrt. Das braucht Zeit, Zeit, die für rasche Hilfe fehlt. „Diese Fallzahlen steigen seit Jahren“, sagt ein Informant, der ungenannt bleiben will. Und der Pressesprecher der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft (DFeuG) im Saarland, Detlef Schütz, bestätigt: „Heute erreichen wir gemeinsam oder die Polizei verspätet die Einsatzstelle.“

Noch wirke sich dies nicht negativ auf die zu rettenden Menschen aus, versichert der Feuerwehrvertreter. „Aber es könnte zu einer Gefahr für die Sicherheit in naher Zukunft werden“, prophezeit Ralf Porzel, scheidender Saar-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Noch gelte der Ausspruch: „Die Polizei ist da, wenn sie gebraucht wird.“ Doch könne es länger dauern, bis sie da ist.

Erste Schleifspuren durch den Personalabbau seien indes schon zu spüren. Porzel registriere „Vollzugsdefizite, die bislang kategorisch ausgeschlossen“ worden seien seitens des Innenministers Klaus Bouillon (CDU). Doch mittlerweile erreiche die Situation durch fehlende Beamte eine „neue Qualität“. Hausdurchsuchungen stünden auf dem Spiel, bei Verfahren würden Fristen versäumt. „Das könnte künftig auch Menschenleben kosten“, warnt er.

Zurzeit aber funktioniere die Arbeit noch, versichert der GdP-Vorsitzende. Wenn auch bei Rettungseinsätzen seine Kollegen später ankämen als die Feuerwehr. Dazu liegen Porzel „zwar keine belastbaren Erhebungen“ vor. Statistiken dazu würden vom Führungs- und Lagezentrum nicht erstellt. Porzel: „Dass es aber so ist, wissen wir aus Berichten.“ Er selbst habe solch eine Situation bereits erlebt, als bei Heusweiler in der Nacht erst nach 20 Minuten die Polizei an einem Unfallort war.

Neben dem beständigen Personalschwund seit 2011 von einst landesweit 2750 Stellen auf aktuell 2500 liege dies zudem an den reduzierten Streifenkommandos und der steigenden Arbeitsbelastung. Zudem entscheiden die Kollegen im Führungs- und Lagezentrum bei mehreren gleichzeitig eintreffenden Notrufen, welcher Vorrang hat. Dabei gelte eben die Regel: „Menschenleben geht vor Lärmbelästigung“, sagt Porzel.

Weniger dramatisch sieht Detlef Schütz für die Feuerwehrgewerkschaft die Lage: Die Personalsituation führe akut „seitens der Feuerwehr zu keiner spürbaren Behinderung“. Von den seitens Kollegen anonym geschilderten Problemen im Einsatz „ist uns nichts bekannt“, ließ er schriftlich wissen. Allerdings schränkt Schütz ein, einst selbst Berufsfeuerwehrmann in der Landeshauptstadt: „Wir können nur von Einsätzen mit der Berufsfeuerwehr berichten.“ Damit sind die Erfahrungen des Großteils, der freiwilligen Feuerwehren, außen vor. Das Saarland hat nämlich nur eine kommunale Berufsfeuerwehr.

 ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Blaulicht leuchtet am 27.07.2015 in Osnabrück (Niedersachsen) auf dem Dach eines Polizeiwagens.   (zu dpa «Kuriose Polizeimeldungen: Die Ordnungshüter 2017 im Einsatz» vom 08.12.2017) Foto: Friso Gentsch/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Blaulicht leuchtet am 27.07.2015 in Osnabrück (Niedersachsen) auf dem Dach eines Polizeiwagens. (zu dpa «Kuriose Polizeimeldungen: Die Ordnungshüter 2017 im Einsatz» vom 08.12.2017) Foto: Friso Gentsch/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa/Friso Gentsch

Ähnlich wie der DFeuG-Vertreter sieht es Katrin Thomas, Pressesprecherin im Saar-Innenministerium: „Konkrete Hinweise über eine verstärkte Inanspruchnahme der Feuerwehren für (...) originäre polizeiliche Aufgaben liegen hier nicht vor“, teilt sie auf Anfrage in einer E-Mail mit.

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