Magazin-Fotografie Schön und selbstbewusst: Schwarze Frauen in den 50er Jahren

Berlin · Der Berliner Martin-Gropius-Bau zeigt die Schau „The Black Image Corporation“ mit Fotografien aus den Archiven der Magazine „Ebony“ und „Jet“.

 Dieses Porträt auf einem Kontaktabzug können Besucher der Ausstellung durch eine Lupe betrachten.

Dieses Porträt auf einem Kontaktabzug können Besucher der Ausstellung durch eine Lupe betrachten.

Foto: dpa/Christoph Soeder

„Meine Tochter heiratete einen weißen Mann“, „Die 100 bestangezogenen schwarzen Frauen“ oder „Die Frau hinter Martin Luther King“: So lauteten die Titelstorys oder Schlagzeilen des amerikanischen Monatsmagazins „Ebony“ (Ebenholz) in den 60er Jahren, das der von John H. Johnson gegründete gleichnamige Verlag 1945 erstmals auf den Markt brachte – als richtungsweisende Publikation für ein schwarzes Publikum. „Ebony“ sowie das Schwestermagazin „Jet“ machten es sich zur Aufgabe, die komplexen Realitäten schwarzer Amerikaner in den USA der Nachkriegszeit abzubilden. Auf dem Cover: Schwarze Frauen, zumeist Models.

Ab heute steht die umfangreiche Foto-Sammlung des Verlagsarchivs im Zentrum einer Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau. Die Schau „The Black Image Corporation“ des US-amerikanischen Künstlers Theaster Gates beleuchtet „Kleidungsstile, Sozialstrukturen, häusliche Lebensstile und Formen von Schönheit und Glamour“, so das Museum. Dabei zeichne sich die Bildsprache der Sammlung durch „eine moderne 1950er-Jahre-Ästhetik aus, immer aus der Perspektive schwarzer Menschen“.

Die Direktorin des Gropius-Baus, Stephanie Rosenthal, erklärte, es gehe darum, „sich neu mit den Bildern auseinanderzusetzen und sich zu fragen, wie die unterschiedlichen Communities einer globalen Gesellschaft heute in Zeitschriften repräsentiert sind“. Co-Kuratorin Daisy Desrosiers betonte, die Ausstellung wolle „schwarze Identität positiv und machtvoll präsentieren“ und zum Nachdenken anregen: Erst 1974 schaffte es ein schwarzes Model erstmals auf das Cover der amerikanischen „Vogue“.

Beeindruckend sind die großformatigen Bilder an den Wänden der drei ineinander übergehenden Ausstellungsräume: die Schwarz-Weiß-Aufnahme eines Models von 1965 etwa, das dunkle Augen unter einem dichten Pony und nackte Schultern zeigt. Oder die Ganzkörperfotografie einer „Akteurin aus der Arbeitswelt“ von 1969, einer älteren Dame mit Hut, Kostüm und Sonnenbrille, auf einem Stuhl vor einer Wand mit Braut-Fotos sitzend. Die von Gates konzipierte Ausstellung rückt das Werk der Fotografen Moneta Sleet Jr. (1926-1996) und Isaac Sutton (1923-1995) ins Blickfeld. Neben Original-Ausgaben von „Ebony“ und „Jet“ zeigt die Schau zehn großformatige Abzüge von Sleet und Sutton sowie 112 Fotos in vier eigens angefertigten Kabinetten. Auf den Bildern sind zumeist Models oder Schauspielerinnen abgebildet, aber auch Mütter, die ihr Baby wickeln oder ihren Kinder Zöpfe flechten sowie Frauen in ihrem alltäglichen beruflichen Umfeld.

Die Schau ist partizipativ konzipiert: Die Besucher dürfen selbst – mit Handschuhen, um die Bilder zu schonen – im umfangreichen Foto-Archiv stöbern und nachfolgendem Publikum eine persönliche Auswahl von Fotografien hinterlassen.

Sleet und Sutton erschufen laut Gates mit ihren Bildern „ikonische weibliche Momente und geben zudem kleine Einblicke in das alltägliche Leben der Menschen“. Mit den Fotos werde eine vertrauliche Lebensrealität schwarzer Amerikanerinnen gezeigt, die „außerhalb meiner Community selten zu sehen“ sei, so Gates, der sich selbst als Sammler von Archiven versteht – vor allem der schwarzen Kultur in Amerika.

Der afroamerikanische Choreograf Mac Folkes, der in Deutschland auch als Catwalk-Trainer durch die TV-Serie „Germany Next Top Model“ bekannt wurde, schilderte bei der Eröffnung der Ausstellung seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Magazin „Ebony“. Als er in den 70er Jahren aus seinem Heimatland Jamaika nach Amerika gekommen sei, habe sich für ihn die Wahrnehmung seiner selbst geändert. „Erst in den USA wurde ich ein schwarzer Mensch“, so Folkes. Das „Ebony“-Magazin, das er immer beim Friseur durchblätterte, habe ihm geholfen, einen anderen Blick auf seine schwarze Identität zu bekommen. „In Jamaika gab es höchstens Bilder von schwarzen Menschen als Drogendealer oder Zuhälter.“ Mit den Fotos der Menschen in „Ebony“ und „Jet“ habe er ganz andere schwarze Menschen und ihre Möglichkeiten, etwa zu reisen, gesehen – „und damit konnte ich mich identifizieren“.

Läuft bis 28. Juli: Täglich außer dienstags von 10-19 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort