Brand der Pariser Kathedrale Notre-Dame Experte: „Wiederaufbau der Notre-Dame wird Jahrzehnte dauern“

Hamburg/Paris · Ein missachtetes Rauchverbot ist nicht die Brandursache. Die französische Regierung bringt ein Wiederaufbau-Gesetz für den Kirchenbau auf den Weg.

Der Dombaumeister am Wiener Stephansdom und Vorsitzende der Europäische Vereinigung der Dombaumeister, Wolfgang Zehetner, rechnet mit einem aufwendigen Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame. Die Ankündigung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die Kirche werde nach dem Brand vergangene Woche in fünf Jahren wieder aufgebaut sein, halte er für „sehr ambitioniert“, sagte er bei Spiegel Online. Es werde „eher Jahrzehnte brauchen“, alle entstandenen Schäden zu beheben.

Wenn der Wiederaufbau originalgetreu erfolgen solle, müssten „auch die feingliedrigen Teile der Kirche wieder aus Steinblöcken gehauen werden – und zwar von Handwerkern“, so der Experte. Computer könnten zwar beim Fräsen helfen, „aber die Fertigstellung bleibt beim Handwerker. Das macht ja auch einen Reiz bei originalgotischen Bauwerken wie Notre-Dame aus: dass in jedem Detail auch die Handschrift des Künstlers drinsteckt.“

In ganz Europa gebe es „vielleicht einige hundert“ Menschen, die über die nötigen Fähigkeiten verfügten, sagte der Dombaumeister. Er fügte hinzu, er würde sich wünschen, „dieses Monument der gotischen Architektur, eine Ikone, möglichst originalgetreu wiederherzustellen – statt dort einen Plastik-Wasserspeier aus dem 3D-Drucker hinzusetzen“.

Das Stahldach, das nach einem Brand 1945 das hölzerne Dach des Wiener Stephansdoms ersetzt hatte, könnte nach Einschätzung Zehethners ein Vorbild für Notre-Dame sein. „Das ist zumindest technisch eine sehr gute Lösung – und nicht so aufwendig wie die originalgetreue Variante.“ Baumstämme von der nötigen Qualität „wird man in Mitteleuropa kaum auftreiben können. Man könnte stattdessen natürlich Tropen- oder Teakholz nehmen“. Damit würde man sich indes vom Originalgetreuen verabschieden.

In der Regierungssitzung unter Staatschef Emmanuel Macron wurde gestern ein Gesetzesentwurf für den Wiederaufbau von Notre-Dame vorgelegt. Es soll der Regierung auch die Möglichkeit geben, per Verordnung von bestimmten Vorschriften und Regelungen abzuweichen, um die Arbeiten zu erleichtern, wie Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye sagte. Unklar sei zum jetzigen Zeitpunkt, was der Wiederaufbau kosten werde.

Die Brandursache wurde bisher nicht gefunden. Zwar hätten Bauarbeiter das Rauchverbot auf den Gerüsten missachtet und dies auch der Polizei mitgeteilt, welche die Ursache für den Brand ermittelt, sagte ein Sprecher der Geschäftsführung der Firma Le Bras Frères, die das Gerüst rund um Notre-Dame errichtete. Sie hätten aber den Brand nicht ausgelöst und seien schon eine Stunde vor Ausbruch des Feuers gegangen. Das Feuer sei zudem im Inneren der Kirche ausgebrochen. Zuvor hatte das Enthüllungsblatt „Le Canard Enchaîné“ berichtet, dass sieben Zigarettenkippen auf dem Gerüst entdeckt worden seien.

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