Filmwerkstatt beschäftigt sich mit den Tücken der Integration Die Crux mit dem Einkaufswagen im Supermarkt

St. Johann · Ein Geschwisterpaar dreht Filme über Saarbrücken und welche Missverständnisse man als Lateinamerikaner erleben kann.

Mehrere Vor- und Nachnamen zu haben, ist in Lateinamerika nichts Besonderes. Beim Bürgeramt in Saarbrücken kann man damit aber Probleme bekommen. Warum Rundfunkgebühren bezahlen, obwohl ich weder Radio noch Fernseher besitze oder wie komme ich an einen Einkaufswagen vor dem Supermarkt? – das sind kleine Fragen aus dem Alltag, die zu großen Missverständnissen zwischen Menschen mit einer unterschiedlichen Kultur führen können. Kurz gesagt: Wenn junge Menschen aus Lateinamerika nach Saarbrücken kommen, erleben sie oft erst einmal einen Kulturschock – in vielen Bereichen.

Wie man diesen Schock in satirische Episoden einer Fernseh-Serie namens „Raja TV“ verpacken kann, zeigten am vergangenen Donnerstag Alejandra (27) und Camilo Barrero (29) bei der 102. Filmwerkstatt im Kino Achteinhalb. Das Saarländische Filmbüro bietet Filmemachern und Videokünstlern hier regelmäßig die Gelegenheit, ihre filmografische Arbeit vorzustellen. Die Barrero-Geschwister sind in Kolumbien aufgewachsen und laufen schon beinahe ihr Leben lang mit einer Kamera durch die Welt, lange vor „Raja TV“. Das zeigen sie in der ersten Hälfte des Programms.

Mit Ausschnitten aus Filmen rund um das Thema Nachhaltigkeit und soziale, ökonomische und ökologische Themen bieten sie einen Überblick über die vergangenen Projekte. „Da haben wir spontan ein Musikvideo gemacht für eine Band“, erzählt Alejandra. Die kolumbianische Musikgruppe haben sie im Urlaub getroffen, sie machten Straßenmusik und da die Barreros den Musikern selbst kein Geld geben konnten, machten sie kurzerhand ein Musikvideo mit ihnen. Die Spontanität gibt dem Video eine besondere Energie und davon leben viele der kurzen Filme, die das Publikum an diesem Abend zu sehen bekommt.

Alejandra Barrero arbeitet für das Netzwerk Entwicklungspolitik Saarland, nachdem sie in Kolumbien ihr Studium in internationalen Beziehungen und Politik beendet hat. Sie ist seit zwei Jahren in Deutschland. Die nachhaltigen, politischen und sozialen Themen aus den Filmen durchziehen ihr ganzes Leben, in Kolumbien war sie bereits Produzentin einer politischen Fernsehsendung.

Camilo Barrero ist seit dem Jahr 2009 in Deutschland und hat in Saarbrücken an der Universität des Saarlandes Historisch orientierte Kulturwissenschaften studiert. Filmemachen ist mittlerweile zu seinem Beruf geworden.

Im zweiten Teil des Abends wartet der Höhepunkt: die Vorpremiere von Raja-TV. Das Projekt läuft seit zehn Wochen und besteht aus einer Gruppe junger und motivierter Schauspieler und Filminteressierter. Die anwesenden Mitwirkenden wirken teilweise sogar aufgeregter als die beiden Geschwister, denn sie haben das Filmmaterial in der vollendeten Form noch nicht gesehen. Ungefähr 30 engagierte Freunde und Bekannte sind in das Projekt involviert.

„Wie können wir uns integrieren und wie können wir uns eine Stimme geben?“, diese Frage stellen sich die Geschwister seit acht Jahren und man könnte sagen, die Antwort konnte man an diesem Tag sehen. Das Projekt „Raja TV“ sollte fortgesetzt werden, dieser Meinung war auch die Moderatorin Sigrid Jost (Saarländisches Filmbüro). Der Abend war der Familie und Freunden aus Mexiko gewidmet.

Infos und Filme im Internet unter www.camilo-cine.com und www.facebook.com/rajatv.de

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