Kultur Regional Die Alten sind cool, die Jungen spießig

Dudweiler · Im Stück „Wir sind die Neuen“ treffen alte und junge WG-Bewohner aufeinander und gehen sich mächtig auf die Nerven.

 Das Ensemble des Dudweiler Statt-Theaters bei den Proben zum Stück „Wir sind die Neuen“.

Das Ensemble des Dudweiler Statt-Theaters bei den Proben zum Stück „Wir sind die Neuen“.

Foto: Kerstin Krämer

Es sollen Gerüchte kursieren, dass das Dudweiler Statt-Theater nicht mehr existiere. Dieser Verleumdung muss widersprochen werden: Das Statt-Theater lebt. Und wie! Quicklebendig probt die Truppe gerade ihre aktuelle Produktion „Wir sind die Neuen“ nach der 2016 uraufgeführten Bühnenfassung (Jürgen Popig) des gleichnamigen Films von Ralf Westhoff. Dessen Komödie wurde mit dem Förderpreis Neues Deutsches Kino ausgezeichnet; die Presse schwärmte von der Leichtigkeit, den  Dialogen, dem Humor und der Lebensklugheit.

Dabei sind „die Neuen“ eigentlich die Alten: Die drei Freunde Anne, Johannes und Eddi – jung im Herzen, aber alleinstehend und nix auf dem Konto – kommen auf die Idee, ihre ehemalige studentische Wohngemeinschaft zu reaktivieren. Fröhlich quartieren sich die Senioren in einem Mietshaus ein, direkt unter einer jungen Studi-WG. Und schon knallt‘s, denn die nostalgisch verklärten Alten erleben einen harten Aufprall in der Realität: Ein herzhafter Generationenkonflikt bricht aus, der das Weltbild beider Parteien tüchtig durchrüttelt. Konsterniert stellen die drei Alt-68er fest, dass die Jungen pedantische Spießer sind, die lieber brav für ihr Examen büffeln, statt Party zu machen und diskutierend die Welt zu retten.

Die Karriere-orientierten Studenten wiederum sind komplett genervt von ihren neuen Mitbewohnern, die mitnichten so senil und hilflos sind wie befürchtet: Vielmehr fühlen sie sich genötigt, die nachtaktiven und trinkfesten Hardrockfans ständig zur Ordnung zu rufen.

Das birgt jede Menge Zündstoff für eine freche Komödie, die von Karin Schmidt inszeniert wird. Die war zwar zehn Jahre lang nicht mehr beim Statt-Theater aktiv, aber „mit dem Herzen immer dabei“, wie sie beteuert. Die Auszeit nutzte sie für eine Ausbildung zur Theaterpädagogin und bringt nun so viele entspannende Impulse ein, dass das aktuelle Team ein ganz neues Wir-Gefühl entwickelt hat.

„Wir bringen einander viel mehr Wertschätzung entgegen!“, erklärt Achim Schmidt (Eddi) und erntet zustimmendes Kopfnicken. Zum Ritual des Einschwingens vor der Probe gehört jetzt eine Befindlichkeitsrunde, in der jeder erzählt, welche Laus ihm im Lauf des Tages über die Leber gelaufen ist. Und schwupps, bestätigen alle, fühlten sie sich entlastet und könnten viel frischer und konzentrierter ans Werk gehen. Auch sind dem Ensemble einige hoffnungsvolle Neuzugänge zugelaufen, darunter Marko Hensel, der einen der Studenten verkörpert: Er bringt Theater- und Comedy-Erfahrung mit und hat obendrein eine Ausbildung als Clown.

Auf der anderen Seite wurden ein paar Urgesteine reaktiviert: Die Hits der Alten werden live gespielt von einer Band, deren Mitglieder teilweise schon bei der ersten „Linie 1“ und der „Dreigroschenoper“ aktiv waren: An Keyboard- und Gesangsmikro zu erleben ist hier mit Yvonne Herzog die Schwester des verstorbenen Statt-Theater-Genius Axel Herzog. Aber Regisseurin Karin Schmidt will mehr als nur ambitioniertes Theater machen: Sie möchte eine gesellschaftliche Debatte in Gang bringen. „Wenn wir mit diesem Stück dazu beizutragen könnten, dass Alt und Jung miteinander reden, das wäre toll!“, formuliert sie ihr Sendungsbewusstsein. Als Trailer vor dem Stück wird daher ein kurzer Filmbeitrag (Regie: Michael Koob) eingespielt, in dem drei junge Frauen drei Seniorinnen interviewen – der Streifen entstand im Rahmen des vom Regionalverband Saarbrücken geförderten Projekts „Generation im Dialog“.

Den Traum von einer eigenen Spielstätte hat das Statt-Theater vorerst auf Eis gelegt: „Zu kompliziert, zu teuer“, winkt Karin Schmidt ab. Geprobt wird in der Kreuzkirche Herrensohr und kurz vor der Premiere im Bürgerhaus Dudweiler, wo seit einigen Jahren auch die Vorstellungen laufen. Ab 23. März tobt hier nun also ein Streit um Überzeugungen und Werte und darüber, ob sich der Einsatz für die Gesellschaft lohnt – oder ob man selbst dabei auf der Strecke bleibt.
Premiere: Samstag, 23. März, 19.30 Uhr, Bürgerhaus Dudweiler. Wieder: Sonntag 24.3. und 31.3. jeweils 18 Uhr, Samstag 30.3., 19.30 Uhr. Karten:Papier Meiser, Tel. 06897/972346 oder www.proticket.de/veranstaltung/15252-wir-sind-die-neuen.

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