Dudweiler Geschichte Sieben Menschen starben im Schienen-Renner

Dudweiler · Geschichtswerkstatt erzählt vom Schicksal eines Mannes aus Dudweiler, der in Moskau nach einem Unglück die letzte Ruhe fand.

 Dieser propellergetriebene „Aerowagen“ wurde einem Bergmann aus Dudweiler zum Verhängnis.

Dieser propellergetriebene „Aerowagen“ wurde einem Bergmann aus Dudweiler zum Verhängnis.

Foto: Geschichtswerkstatt

Eine atemberaubende Story präsentiert die Dudweiler Geschichtswerkstatt in ihrem Band 15. „Warum ein Dudweiler Bürger an der Kremlmauer begraben wurde“, ist der Beitrag von Reinhard Jakobs überschrieben. Die Geschichte handelt von Leben und Tod eines Mannes namens Oskar Hellbrück, 1884 in Dudweiler geboren. Die Familie lebte in der St. Ingberter Straße 85. Hellbrück erlernte den Beruf des Bergmanns. „Die Arbeitsbedingungen für die Bergleute waren sehr schwierig, und Rechte hatten sie auch kaum welche“, schreibt Jakobs. Deshalb habe Hellbrück ständig für bessere Arbeitnehmerrechte gekämpft und sich gewerkschaftlich engagiert. Mitten im Ersten Weltkrieg begann die Spaltung der SPD. Der rechte Flügel unterstützte die Kriegspolitik der Regierung, während der linke Flügel dagegen war. 1917 gründete sich dann aus dem linken Flügel eine neue Partei, die USPD – Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Durch den Beitritt der Spartakusgruppe wurde sie jedoch immer mehr kommunistisch geprägt. In Dudweiler übernahm Oskar Hellbrück die Führung der neuen Partei. Bei den Kommunalwahlen 1920 erreichte sie 43,6 Prozent der Stimmen, wodurch auch besagter Bergmann in den Gemeinderat einzog.

Im Sommer 1921 fand dann in Moskau die Gründungsversammlung der RGI – Rote Gewerkschafts-Internationale statt. Es war dies ein internationaler Dachverband von linken Gewerkschaften. Unter den deutschen Delegierten befand sich auch der politisch engagierte Mann aus Dudweiler.

Nach Tagungsende waren mehrere Delegierte am 24. Juli 1921 zu einer Zugfahrt der besonderen Art eingeladen. Der russische Konstrukteur Valerian Abakovsky hatte damals einen Schienentriebwagen erfunden, der durch einen Flugzeugpropeller angetrieben wurde. Dieser Aerowagon erreichte bei zahlreichen Probeläufen eine Spitzengeschwindigkeit von 140 Kilometern pro Stunde. Und nun schien die Zeit eben reif, diese Erfindung der Weltöffentlichkeit vorzuführen.

Doch das ehrgeizige Projekt endete im Desaster. Der Aerowagon entgleiste kurz vor Moskau mit hoher Geschwindigkeit. Darüber berichtete im August 1921 auch die Saarbrücker Zeitung. Sie übermittelte ihren Lesern, dass insgesamt sieben Menschen bei dem Unglück ums Leben kamen, darunter Oskar Hellbrück aus Dudweiler. Er wurde – mit den anderen sechs Unfallopfern – in der Nekropole an der Kremlmauer, dem russischen Ehrenfriedhof, bestattet. „Er ist der einzige Saarländer, dem diese Ehre zuteil wurde“, schreibt Reinhard Jakobs abschließend.

Der Band 15 mit historischen Beiträgen der Dudweiler Geschichtswerkstatt ist erhältlich in der Buchhandlung Am Markt (Alban Sunde) und in der Gaststätte Kopps Haus, Büchelstraße 22.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort