Der Fußball soll verändert werden Ein ganz großer Witz

Saarbrücken/Völklingen · Geplante Regeländerungen im Fußball sorgen für Ärger. Viel Unmut verursacht insbesondere die Verkürzung der Spielzeit.

Ein Spiel dauert 90 Minuten - oder doch nicht mehr? Die Regelhüter des Fußballs wollen, dass eine Partie nur noch 60 Minuten dauert. Dafür soll aber bei jeder Unterbrechung die Uhr angehalten werden.

Ein Spiel dauert 90 Minuten - oder doch nicht mehr? Die Regelhüter des Fußballs wollen, dass eine Partie nur noch 60 Minuten dauert. Dafür soll aber bei jeder Unterbrechung die Uhr angehalten werden.

Foto: imago/GEPA pictures/GEPA pictures/ Mario Kneisl

Der Fußball-Weltverband Fifa hat mal wieder Ideen. Besser gesagt, die Regelmacher der Fifa: das seit 1882 bestehende International Football Associaton Board (IFAB). Seine acht Mitglieder - vier Fifa-Vertreter und je ein Vertreter der Verbände aus England, Nordirland, Schottland und Wales - treffen sich einmal im Jahr. Mit einem Katalog an Regeländerungen hat das Gremium offenbar vor, den Fußball zu revolutionieren. Allerdings sagt David Elleray, der technische IFAB-Direktor, dass manche Änderungen schneller kommen und und andere wiederum gar nicht. Es läge daran, was der Fußball möchte.

Im März 2018 sollen die ersten Änderungen beschlossen und danach direkt umgesetzt werden. Die wohl größte geplante Änderung ist, dass ein Spiel nur noch 60 statt 90 Minuten dauern soll. Bei jeder Unterbrechung soll die Uhr angehalten werden, so dass netto 60 Minuten gespielt werden.

Horst Eckel, Weltmeister von 1954, war am Samstag beim Blindenfußball-Länderspiel Deutschland gegen England in Homburg zu Gast. Der Ex-Spieler des 1. FC Kaiserslautern machte große Augen, als er von der geplanten Zeitänderung hörte. „Ich finde, man sollte den Fußball nicht kaputt ändern. Das Spiel ist wunderschön und so soll es auch bleiben“, sagt der 85-Jährige.

Eckel erinnert sich. „1954 durfte man ja noch keine Spieler auswechseln. Das wurde erst später erlaubt. Ich weiß aber noch, dass damals die Änderung zum Einwechseln jeder gut fand. Solche Änderungen machen Sinn. Zu viel sollte man aber im Fußball nicht ändern. Vor allem sollte man auch auf die Spieler und Vereine hören“, erzählt der ehemalige Spieler und Trainer des SV Röchling Völklingen. „60 Minuten netto ist wie beim Feldhockey und das gucke ich deshalb schon nicht gerne. Außerdem habe ich immer wieder im Hinterkopf, dass es bei all den Änderungen mal wieder nur um das liebe Geld geht und der Fußball eine untergeordnete Rolle spielt“, sagt Günter Erhardt, der heute die in die Regionalliga aufgestiegenen Völklinger trainiert.

André Hemmer ist Sportdirektor und Altherren-Spieler beim Saarlandligisten SV Auersmacher. Er sagt: „Bei uns spielen sonntags oft unsere zweite, dritte und vierte Mannschaft hintereinander. Bei einer Nettospielzeit von 60 Minuten weiß man ja überhaupt nicht, wie lange so ein Spiel wirklich dauert. Das könnte Chaos geben.“ Durch die Bank waren alle von uns Befragten gegen eine Änderung zu einer 60minütigen Nettospielzeit.

Weitere geplante Änderungen, wenn es nach dem Willen des IFAB geht: Der Schlusspfiff ist erst möglich, wenn der Ball nicht mehr im Spiel ist. Bei einem Elfmeter, soll es keinen Nachschuss mehr geben. Und das Spiel soll mit einem Abstoß fortgesetzt werden. Nimmt der Torhüter den Ball nach einem Rückpass mit der Hand im Strafraum auf, soll es künftig Elfmeter statt indirektem Freistoß geben. Handspiel eines Feldspielers auf der Torlinie soll direkt ein Tor zur Folge haben und keinen Elfmeter mehr.

„Ich finde das alles einen ganz großen Witz, was die da oben wieder vorhaben. Fußball wird seit gefühlten 150 Jahren nach tollen Regeln gespielt. Und so soll es auch bleiben“, sagt Hady Abdeli, der Trainer des Kreisligisten SV Schafbrücke. Alexander Stamm, Trainer des Verbandsligisten SC Großrosseln, erklärt: „Wenn heute der 1. April wäre, könnte ich darüber lachen. Ansonsten habe ich für viele Änderungen kein Verständnis. Wenn es Änderungen geben würde, die das Spiel noch fairer machen, wäre ich dafür. Aber das scheint mir nicht der Fall zu sein.“

Weitere geplante Regeländerungen: Der Ball muss bei Standardsituationen nicht mehr ruhen.Und ein Spieler darf bei einem Eckball oder einem Freistoß den Ball mehrmals berühren. „Diese beiden Änderungen fände ich nicht schlecht. Wir waren vor drei Wochen auf einem G-Jugendturnier in Holland. Dort wurde das praktiziert“, erzählt Hemmer. Er berichtet: „Die Spieler können bei einem Freistoß oder Eckball direkt losdribbeln, das macht das Spiel viel schneller. Unsere Kinder haben nur ein paar Minuten gebraucht, dann haben sie diese Regeln schon drauf gehabt.“

 Völklingens Trainer Günter Erhardt sagt: „Es geht nur um das Liebe Geld.“

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Foto: Andreas Schlichter
 Weltmeister Horst Eckel sagt: „Man sollte den Fußball nicht kaputt ändern.“

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Foto: Heiko Lehmann

Für hitzige Gemüter und diskussionsfreudige Spieler: Zu heftige Kritik am Schiedsrichter soll künftig zur Folge haben, dass es einen Torabzug oder direkt einen Punktabzug gibt. Erdogan Karaeli, Trainer des Bezirksligsiten FC Türkiyem Sulzbach, muss lachen. „Wir haben uns in Sachen Disziplin in den vergangenen Jahren extrem verbessert“, sagt er, wird dann aber ernst. „Was sich nicht verbessert hat, sind die Provokationen gegen unsere Spieler. Das muss sich auch mal verbessern. Wir hatten auch schon Schiedsrichter vor dem Spiel in der Kabine, die uns einen Platzverweis androhten, wenn wir ein Wort Türkisch reden“, erklärt Karaeli, der ergänzt: „Im Fußball kann Vieles verbessert werden, aber bitte sinnvoll.“

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