Ein Unikat in der Gastro-Szene „Es Brigittche“, das Show-Talent, hört auf

Altenwald · Nach 48 Jahren hat Wirtin Brigitte Hilger am Sonntag im Gasthaus Schäfer in Altenwald ihre letzte Schicht. Wehmut liegt in der Luft.

 Wirtin Brigitte Hilger verabschiedet sich nach 48 Jahren hinterm Zapfhahn am Sonntagabend in den Ruhestand.

Wirtin Brigitte Hilger verabschiedet sich nach 48 Jahren hinterm Zapfhahn am Sonntagabend in den Ruhestand.

Foto: Thomas Seeber

Wer sie nicht kennt, hat richtig was verpasst. Und wer sie kennt weiß, was er vermissen wird. Denn Brigitte Hilger hört auf. Aus gesundheitlichen Gründen kehrt die 75-Jährige dem Zapfhahn den Rücken. Es geht halt nicht mehr. Schluss. Aus. Ende. Am Sonntag ist ihre letzte Schicht, dann kann man sich noch von ihr verabschieden, sie herzen, küssen und ihr alles Gute wünschen. Das haben in den vergangenen Tagen schon einige Leute getan, ganz persönlich und mit warmen Worten. Viele Vereine sind darunter, im Gasthaus Schäfer am Altenwalder Markt fanden sie sozusagen eine Heimat. Und „Geheischnis“, wie wir Saarländer sagen, wenn wir vor allem Geborgenheit, menschliche Wärme und Wohlgefühl meinen.

„Es Brigittche“, wie sie von ihren Gästen liebevoll genannt wird, ist nicht irgend eine Wirtin, sondern ein Unikat im gastronomischen Universum, da sind sich viele Leute einig. Ein Prototyp der guten Laune sozusagen. Als wir sie am Donnerstag zum fröhlichen Geplauder aufsuchten, lief sie gerade zur Hochform auf. Ein Karaoke-Solo war da gerade angesagt. Aus der Musikbox erklang „Akropolis Adieu“ - ein allseits  bekannter Gassenhauer, interpretiert von Mireille Mathieu. „Es Brigittche“ - ganz Showtalent - schnappt sich das Mikrofon und singt tänzelnd und mit einem Arm wedelnd mit. Passend zum Finale am Sonntag singt die Wirtin dann auch noch „Altenwald Adieu“. Die Akropolis hat gerade mal Pause. Und dann erzählt sie kichernd und prustend von der einen Nacht, als ihr die Sperrstunde mal ziemlich egal war. Es kam wie es kommen musste: Polizeikontrolle. Die Frau hinterm Büfett sang dazu „Heidi“ und jodelte vergnügt. Bis ihr der Bußgeldbescheid ins Haus flatterte. „Doo hann ich nimmeh gejodelt“, sagt sie und fährt fort mit den komischsten Episoden, die ihr in den vielen Jahren als Kneipenwirtin untergekommen sind. Wenn etwa eine Trauerfeier zum „Hausball“ ausartete. Die SZ-Redakteurin kringelt und krümmt sich ein ums andere Mal vor Lachen, kann aber dennoch ein paar Fakten aufnotieren:

Über 90 Jahre ist das Gasthaus Schäfer im Familienbesitz, die Großeltern, Jakob und Amalie Schäfer, waren 20 Jahre an Bord, die Eltern 23 und Brigitte Hilger macht nun, nach 48 Jahren,  Schluss. Im Alter von zwölf Jahren  „hann ich mei erschdes Bier gezappt“, erzählt uns die kleine mit Humor gesegnete Frau, die bald nach Quierschied zu einem Cousin ziehen wird. „Oooooh, ganz schlimm“, sagt sie, als wir sie fragen, wie sie sich wohl fühlt, wenn sie morgen Abend die Tür endgültig hinter sich zuziehen wird. Andererseits freut sie sich auch auf die freie Zeit, die sie  selbst gestalten kann. Doch erst einmal heißt es Abschied nehmen von vielen Stammgästen, die ihr über Jahrzehnte die Treue hielten. Gerade kommt solch ein Stammgast die Tür herein. Seit 60 Jahren, so erzählt die Frau, würde sie schon hier verkehren.

Kurz mal ernst werden kann Brigitte Hilger auch. Und zwar, als wir sie fragen, was sich im Laufe der Jahrzehnte im Wirtshaus-Wesen verändert hat. Da stellt die heute 75-Jährige fest, dass schon mal sehr viel mehr los gewesen sei. Das Rauchverbot habe viel kaputt gemacht, und: „Die Junge geh’n jo nur noch in die Shisha-Bude.“  Zum guten Schluss wird’s wieder erheiternd, denn die Entertainerin im Seniorenalter serviert uns einen Witz: Die erste Frage der Gletschermumie Ötzi, als sie aufgetaut war: „Hat’s Brigitte noch sei Kneip’?“

Mit den Witzen hat sich’s dann auch in Kürze, jedenfalls in Altenwald. Dort geht eine Ära zu Ende. Wehmut liegt da schon in der Luft. Alles Gute, Frau Hilger, wir wünschen Ihnen noch viele schöne  Jahre. Und einen leicht zu ertragenden Übergang vom Zapfhahn zum Ruhestand.

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