VHS und KEB luden ein Stiller Krimi über Wirren der Saarabstimmung

Friedrichsthal · Der in Heidelberg lebende Schriftsteller Marcus Imbsweiler las aus seinem Buch „55“. Er paart Fiktives mit Realem.

 Marcus Imbsweiler bei seiner Lesung.

Marcus Imbsweiler bei seiner Lesung.

Foto: Thomas Seeber

„Ohne Vergangenheit kann man die Gegenwart nicht verstehen“. Wenn Marcus Imbsweiler das sagt, stimmt man ihm direkt zu. Doch dieser nach Floskel klingende Satz hatte am vergangenen Freitagabend bei der Lesung, zu der etwa zwei Dutzend Besucher - meist reiferen Alters - erschienen waren, im Nebenzimmer der Küchenbox der Helenenhalle eine besondere Bedeutung. Bei der Veranstaltung der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Bildstock in Zusammenarbeit mit der VHS Friedrichsthal las der aus Kirkel-Limbach stammende Krimiautor aus seinem Werk „55“ vor. Das hat er zum 60. Jahrestag der Saarabstimmung geschrieben.

Dabei weicht der in Heidelberg lebende Schriftsteller von seinem Weg eines klassischen Kriminalromans ab. Vielmehr handelt es sich um einen stillen Krimi, der die Zeit der Saarabstimmung bis in die Gegenwart beleuchtet. Die erste Lesung fand bereits vor über einem Jahr auf Initiative von Dr. Peter Kleiß in Uchtelfangen statt, der auch dieses Mal die Moderation innehatte. Spaß gemacht hätten dem Autor die historischen Recherche zu „55“ , denn die Risse, die durch die Familien wegen des sensiblen Themas der Saarabstimmung gingen, dauerten in vielen Familien heute noch an.

Da gab es sofort Zustimmung von den Besuchern. Diese Bestätigung erhielt Marcus Imbsweiler auch, als er eine Textpassage des legendären Fußballspiels vom März 1954, das erste im damals noch neuen Saarbrücker Ludwigspark, vortrug. Das zu dieser Zeit eigenständige Saarland verlor 1:3 gegen Deutschland und ebnete so indirekt den Weg für den späteren WM-Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft gegen Ungarn in Bern. Die sehr besondere Stimmung im Saarbrücker Stadion konnte ein Mann, damals selbst Spielbesucher, bestätigen. Ebenso eine Frau die Konflikte bei einer Saalschlacht im Katholischen Vereinshaus von Bildstock. „Damals gingen sie mit Schirmen aufeinander los“, blickte sie zurück. Das sei am 22. Oktober 1955 gewesen, als auch Steine auf das Auto von Ministerpräsident Johannes Hoffmann und Knallfrösche geworfen wurden, ergänzte der Autor spontan. Imbsweiler las Ähnliches vom Vereinshaus aus Neunkirchen vor.

Nicht alles in seinem Buch ist fiktiv, sondern gepaart mit Realem. Es sei aber nichts Autobiographisches dabei, so der Marathonläufer. Hauptfiguren sind Kurt und Fred, die eigentlich eng befreundet waren und sich durch die politischen Ereignisse spinnefeind werden. Irgendwann spielt auch die Politik bei Kurt (CDU) und Fred (SPD) eine Rolle. Die beiden leben im erfundenen Ort Dürrweiler, der laut Imbsweiler „irgendwo in der Ecke von St. Ingbert und Neunkirchen“ angesiedelt sei. Es sei vollkommen normal, dass Menschen Anekdoten zu der damaligen Zeit beisteuerten, wenn er aus dem Buch liest.

Am vergangenen Freitag meldete sich bei der Lesung in Friedrichsthal etwa Eberhard Riemenschneider zu Wort. Er erzählte spontan die Geschichte aus der Zeit vor 1955, als er mit anderen von der französischen Kripo bei einer Zugfahrt von Trier nach Saarbrücken verhaftet wurde, weil er in Zeitungspapier eingewickelt neue Schuhe nach Saarbrücken schmuggeln wollte. Wie es denn so sei, wenn er in der Heimat liest, hat ihn die SZ gefragt. „Bei diesem Buch ist es völlig anders. Es gibt viel mehr Intensität. Obwohl das Thema auch anderswo eine Bedeutung hat, fand die Lesung erst zwei- bis dreimal außerhalb statt“, beschreibt der 1967 geborene Musikredakteur den Hintergrund.

Im Dezember kommt eine Sammlung von Kurzkrimis auf den Markt, die Imbsweiler allmonatlich in der Heidelberger Rhein-Neckar-Zeitung zu aktuellen Themen veröffentlicht.

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