So werden Senioren übers Ohr gehauen „Handwerker“, die Senioren ausnehmen

Sulzbachtal/Fischbachtal · SZ im Gespräch mit dem Leiter des Kriminaldienstes: Wie vor allem betagte Menschen Dieben und Betrügern zum Opfer fallen.

 Auf die Barschaft älterer Leute haben es dreiste Diebe besonders abgesehen.

Auf die Barschaft älterer Leute haben es dreiste Diebe besonders abgesehen.

Foto: picture alliance / dpa/Achim Scheidemann

Die Kriminalität gegen alte Menschen nimmt auch im Sulzbach-/Fischbachtal zu. Das sagt Kriminalhauptkommissar Günther Rzeznik in seiner Eigenschaft als Leiter des Kriminaldienstes bei der Polizei-Inspektion Sulzbach. Im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung zählt er diverse Taten auf, aber keine von körperlicher Gewalt gegen betagte Menschen, sondern vor allem die „Plünderung“ des Girokontos dieser Personengruppe.

Ruhig und sachlich äußert er Verständnis für Senioren, die sich eben eine x-beliebige PIN für ihr Konto nicht (mehr) merken könnten und daher einen Zettel mit der vierstelligen Zahl im Portemonnaie mitführten. Manche hätten diese – auch als Telefonnummer getarnt – im Handy gespeichert, was aber meist auch entdeckt werde. Die Täter gingen in der Regel immer gleich vor. Sie bringen die Handtasche (meist alter Frauen) in ihren Besitz, zum Beispiel am Wühltisch in einem Geschäft, oder aus dem abgestellten Rollator oder Einkaufswagen. Dann klauen sie Bargeld, EC-Karte plus PIN aus dem Geldbeutel, fahren zum nächsten Geldautomaten und plündern hier und an einem weiteren einer „Fremdbank“ das Konto und verschwinden. Beim Abheben seien sie bis zur Unkenntlichkeit vermummt, sodass eine Aufklärung der Fälle schwierig bis unmöglich sei. Die Täter hätten das Geld ja quasi  regulär mittels EC-Karte plus PIN abgehoben. Hier sieht Rzeznik die Banken nicht in der Verpflichtung, den angerichteten Schaden dem Kontoinhaber zu erstatten. Im Einzelfall liege die Beute bei rund 1500 Euro.

Natürlich hat der Kripo-Chef auch Ratschläge parat, wie man sich gegen derlei kriminelle Taten schützen kann: Die Handtasche sollte möglichst immer direkt am Körper getragen werden, und die PIN sollte niemals (auch nicht verschlüsselt) mitgeführt werden. Wer befürchte, sich die automatisch vergebene PIN nicht merken zu können, solle bei seinem Geldinstitut seine ganz persönliche Wunsch-PIN bestellen. Hier sollte man eine private Kombination wählen, die an ein Jubiläum (Hochzeit,  Geburt des Kindes) oder den Geburtstag eines Nahestehenden (nicht den eigenen, weil der ja auf dem Personalausweis steht) erinnert. Die Nachfrage der SZ bei zwei Geldinstituten am Ravanusaplatz ergab, dass dort je die Möglichkeit besteht, seine persönliche PIN zu erhalten.

Zum Leidwesen von Rzeznik und seinen Kolleginnen und Kollegen greife zurzeit der „Handwerker-Trick“ um sich. Dabei sei zu beobachten, dass ein Trupp von Handwerkern, oft Dachdeckern, durch Wohngegenden fahre und gezielt nach Schäden an Häusern, zum Beispiel eine verdreckte, undichte Dachrinne oder eine mit „Unkraut“ übersäte Terrasse, Ausschau halte. Einer von ihnen klingele dann an der Haustür und versichere dem Besitzer, dass er und seine Kollegen den begutachteten Schaden schnell und weit unter dem offiziellen Preis reparieren würden. Sie könnten das unmittelbar erledigen, sodass Wartezeiten auf mit Termin bestellte Handwerker entfielen. Das täten die so Angesprochenen dann auch. Nach Abschluss der Arbeiten klingelten dann alle Männer und verlangten vom Besitzer, oft eine alte Frau oder ein alter Mann, einen vielfach höheren Preis als den ursprünglich, aber nur  mündlich vereinbarten, Preis. Durch ihr provokatives Auftreten allein schüchterten sie die alten Leute massiv ein.

Dermaßen unter Druck gesetzt, bezahlten diese dann dem Trupp die überteuerte Rechnung in bar. Rzeznik weist ausdrücklich darauf hin, dass es in jedem Fall besser sei, einen bei der Kammer registrierten Handwerker zu beauftragen, selbst wenn man dann eventuell eine Zeitlang auf die Reparatur warten müsse. Der Handwerker aus der Region biete Gewährleistung, schreibe eine offizielle Rechnung, die nach Bezahlung mittels Überweisung und nicht in bar,  beim Finanzamt geltend gemacht werden könne. Außerdem könne der lokale Handwerker sich „Pfusch“ nicht leisten, denn das spreche sich schnell herum.

Im Gespräch mit der SZ zählt Rzeznik einen Einzelfall auf. Dabei haben angebliche Schädlingsbekämpfer an der Tür ihres Opfers geklingelt und die Entfernung eines gut sichtbaren Wespennestes angeboten. Hierfür verlangten sie 544 Euro, wobei sie den Insekten nicht nachhaltig zu Leibe rückten. Denn diese erfreuten sich bester Gesundheit.

Abschließend rät der Sulzbacher Kripo-Chef Günther Rzeznik, unbestellte Handwerker (auch Schlüsseldienste von außerhalb) nicht zu beauftragen und im Zweifelsfall (auch bei Beobachtungen in der Nachbarschaft) die Polizei zu informieren.

Die Polizei-Inspektion Sulzbach (Gärtnerstraße) ist erreichbar unter Telefon (0 68 97) 933-0.

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