Industriegeschichte „Schlafzimmer Fulda“ & Co. sorgten für Arbeit

Heusweiler · Sollte der Laminatepark in Eiweiler schließen, wäre das auch der Endpunkt einer traditionsreichen Unternehmensgeschichte. In den 1950ern hatten die damalige Möbelfabrik und das größte Spanplattenwerk Europas 1500 Mitarbeiter.

 Die Fertigungshallen der Eiweiler Möbel-, Spanplatten- und Sperrholz-Werke um 1955 (zusammengesetzt aus zwei Fotografien). 

Die Fertigungshallen der Eiweiler Möbel-, Spanplatten- und Sperrholz-Werke um 1955 (zusammengesetzt aus zwei Fotografien). 

Foto: Janson/Unbekannt

Wird nicht doch noch eine Lösung gefunden, dann schließt der Laminate-Park im Heusweiler Ortsteil Eiweiler Ende des Jahres (die SZ berichtete). 230 Arbeitsplätze sind bedroht. Die Geschäftsführung nannte insbesondere einen Rückgang der Nachfrage nach Laminatböden als Ursache.  Inzwischen drängen auch moderne Vinyl-Bodenbeläge auf den Markt. Zudem, so heißt es, war in vergangenen Jahren die Zusammenarbeit der beiden Mutter-Unternehmen – Tarkett aus Frankreich und Sonae Arauco aus Portugal –, welche die „LaminatePark GmbH & Co. KG“ gemeinsam als Joint Venture führen, nicht immer ideal gewesen. Es ist nicht die erste Krise des Unternehmens, das, unter verschiedenen Namen, in seinen Spitzenzeiten 1500 Menschen beschäftigt hatte.

Sollte das Werk tatsächlich geschlossen werden, dann geht damit auch ein Teil saarländischer Industriegeschichte verloren, denn das Unternehmen hat, aus kleinen Anfängen als Möbelschreinerei heraus, eine lange Tradition. Womöglich ist sogar noch heute das eine oder andere Möbelstück „Made in Saarland“ erhalten, denn einst wurden in Eiweiler insbesondere Möbel produziert, und hier stand auch das größte Sperrholzwerk Europas.

Der 2018 verstorbene Heusweiler Heimatforscher Karl-Heinz-Janson hatte sich eingehend mit der Geschichte des Werks befasst und sogar einen alten Möbel-Katalog aufgetrieben, der zum Beispiel die „Glasvitrine Oxford“, das „Herrenzimmer Genua“ oder die „Anrichte Wilma“ im Schick vergangener Tage zeigt. Der Gründer des ursprünglich kleinen Handwerksbetriebs war Ende des 19. Jahrhunderts Nikolaus Edmund Geissler. Sein Sohn Nikolaus Albert Geissler machte daraus noch vor dem Zweiten Weltkrieg ein großes Unternehmen der Holzindustrie, mit Zweigwerken in Thüringen und Ostpreußen.

Nach Krieg und Verlust der Ost-Werke expandierte das Unternehmen – die Nachfrage nach Möbeln war groß – zum größten Betrieb der Holzindustrie in Südwestdeutschland. 1948 entstand direkt am alten Werk, nördlich der Köllertal-Bahnlinie, eine neue Halle für die Tisch- und Kleinmöbelfertigung. Im „alten“ Teil wurden Schlafzimmer-, Küchen- und Wohnmöbel gefertigt, der eigene Lkw-Fuhrpark lieferte auch nach Lothringen und ins Elsass, das Saarland gehörte ja zum französischen Wirtschaftsraum.

Für den Möbelbau brauchte man Sperrholz: 1946 hatten Albert Geissler und seine Söhne am Eiweiler Bahnhof ein Sperrholzwerk errichten lassen, später ergänzt durch ein Furnierwerk. 1952 folgte ein Spanplatten-Werk, damals das größte Europas. Dort wurden auch Zimmertüren gefertigt, zudem Verschalplatten für die Bauindustrie und furnierte Verkleidungen. Für die Furniere wurden auch im großen Stil Edelhölzer aus Afrika eingekauft. Über die damalige Köllertal-Bahnstrecke brachten Güterzüge, mit zwei Lokomotiven bespannt, das Holz nach Eiweiler.

Dann zerstörte, am 13. März 1957, ein Feuer das noch neue Nordwerk. Die Halle wurde zwar wieder aufgebaut, aber an die Firma Telefunken vermietet, die technische Geräte produzierte. Als das Saarland 1959 wirtschaftlich wieder an Deutschland angegliedert wurde, gab es auf einen Schlag starke Konkurrenz für das Eiweiler Werk. 1962 wurden die Betriebe am Bahnhof von der „Deutschen Novopan“ übernommen, die zum Reemtsma-Konzern gehörte und mehrere Spanplattenwerke in Deutschland betrieb. 1967 schließlich schloss die AGE Möbelfabrik.

Das erste Spanplattenwerk wurde 1973 durch ein neues ersetzt, das 1979 von der Glunz AG übernommen wurde. Es wechselten sich nun Manager und Krisen ab, nach und nach wurde dabei die Furnier- und die Sperrholzfabrikation aufgegeben, bis nur noch die Spanplattenfabrikation mit gerade mal 110 Mitarbeitern übrig blieb – das Ende des Unternehmens schien möglich.

 Frauen arbeiten in den Eiweiler Möbelwerken am Furnier-Trockenofen – vermutlich in den 1960er Jahren.

Frauen arbeiten in den Eiweiler Möbelwerken am Furnier-Trockenofen – vermutlich in den 1960er Jahren.

Foto: Sammlung Janson
 Die Familie des Firmengründers Edmund Geißler (vorne sitzend), hinter ihm mit Fliege sein Sohn Albert Geißler.

Die Familie des Firmengründers Edmund Geißler (vorne sitzend), hinter ihm mit Fliege sein Sohn Albert Geißler.

Foto: Verein Für Industriekultur/K.H. Janson
 Das „Schlafzimmer Fulda“ – eine Abbildung aus einem alten Katalog der Eiweiler Möbelwerke.

Das „Schlafzimmer Fulda“ – eine Abbildung aus einem alten Katalog der Eiweiler Möbelwerke.

Foto: Verein für Industriekultur/Janson
 So sieht der von der Schließung bedrohte Laminatepark im Heusweiler Ortsteil Eiweiler heute aus (aufgenommen im Februar), 230 Menschen arbeiten hier.

So sieht der von der Schließung bedrohte Laminatepark im Heusweiler Ortsteil Eiweiler heute aus (aufgenommen im Februar), 230 Menschen arbeiten hier.

Foto: Barbara Scherer

Dann der vorläufige Neuanfang: 2005 wurde ein Großteil des alten Geisslerschen Sperrholzwerks abgerissen, und die portugiesische Sonae-Tafisa-Gruppe baute zusammen mit der französischen Tarkett-Gruppe den heutigen Laminate Park, um Faserplatten und Laminatböden für den deutschen und internationalen Markt zu produzieren.

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