Schluss mit dem Verwirrspiel

Unsere Woche · Das Hickhack um eine Bank auf dem Haldenrundweg Göttelborn offenbart eine Schwäche in Politik und Verwaltung. Es gibt zu viele Ebenen.

Großes entsteht immer im Kleinen: Mit diesem Motto wirbt das Saarland für sich. Das hat durchaus Charme, wie viele positive Reaktionen aus dem Rest der Republik belegen. Aber es beinhaltet auch einen gehörigen Schuss (Selbst)-Ironie. Denn unser Land ist zwar das kleinste Flächenland der Bundesrepublik Deutschland, leistet sich aber so viele Verwaltungsebenen, als sei es eines der größten.

Da gibt es Ortsräte, Gemeinderäte, Kommunen mit Tochtergesellschaften und Eigenbetrieben, Zweckverbände, die Landkreise (im Großraum Saarbrücken heißt der ja bekanntlich Regionalverband), die Landesregierung mit ihrer Verwaltungsebene und Landesbetrieben, Projektgesellschaften und ...

Dass diese Zersplitterung unnötige Reibungen verursacht, macht das simple Beispiel einer Bank auf dem Haldenrundweg in Göttelborn deutlich. Dieses Sitz- und Ruhemöbel wurde an eine Stelle gesetzt, die für Menschen mit Einschränkungen oder für Menschen, die einen Kinderwagen schieben, nur mit Mühe (oder gar nicht) zu erreichen war. Das ist seit Anfang dieser Woche anders. Gut so, denkt jetzt der Betrachter: Hat die Verwaltung um den Quierschieder Bürgermeister unverzüglich reagiert und den Hinweis ihres Beauftragten für Menschen mit Behinderung ernst genommen und schnell umgesetzt.

Aber: weit gefehlt. Die Kommune, zu der Göttelborn gehört, ist gar nicht zuständig. Auch die Industriekultur Saar oder das Bildungsministerium erklärten sich für nicht zuständig und verwiesen auf das Wirtschaftsministerium. Von hier kam dann die Auskunft, dass der richtige Ansprechpartner in der Strukturholding Saar sitzt.

Dieser sorgte dann auch dafür, dass der Standort nun angehoben wurde, sodass die Bank mittlerweile ohne Probleme erreichbar ist. So weit, so gut. Allerdings hatte sich zwischenzeitlich der Zweckverband LIK Nord als Verursacher des Fehlers geoutet und eingestanden, den (ehemals) nur schwer zugänglichen Stellplatz für die Bank ausgewählt zu haben.

Während das manche von uns mit einem Lächeln abtun, bemühen andere jetzt wieder das Schlagwort der Selbstbedienungsmentalität im Staat. Sie meinen damit, dass die Parteien, die seit Jahrzehnten die Geschicke des Landes auf allen Ebenen und in wechselnden Konstellationen lenken, immer mal wieder für Parteikollegen, die fleißig über Jahre hinweg an Infoständen Flugblätter oder Rosen verteilt haben, irgendwelche Gremien geschaffen haben, in denen diese (oft sogar ehrenamtlich) Platz nehmen können. Wegen der Vielzahl der Gremien aber wisse oft die Linke nicht, was die Rechte tut, fehle es oft an Absprache und Miteinander.

Das geht auch anders. Den Beweis traten unlängst die Stadt Friedrichsthal (Regionalverband Saarbrücken) und die Gemeinde Spiesen-Elversberg (Landkreis Neunkirchen) an. Deren Verwaltungen erarbeiteten einen Vertrag zum Betrieb einer gemeinsamen Sammelstelle für Grüngut. Nach Zustimmung der beiden Kommunalräte kann die Anlage zum 1. Januar 2018 auf Friedrichsthaler Gebiet ihre Arbeit aufnehmen. So einfach kann das gehen: Da wurden weder ein Zweckverband gegründet noch eine Projekt- oder eine Betreibergesellschaft.

Und was für Grüngut gilt, müsste doch in ähnlichen Fällen (zum Beispiel ÖPNV oder Straßenunterhaltung) auch gehen. Zwei oder mehr Kommunen wollen zusammenarbeiten und schließen darüber einen Vertrag. Und damit sie im Streitfalle nicht gleich vor Gericht ziehen müssen, dient die Kreisverwaltung (anstelle eines Zweckverbandes oder ähnlicher Konstrukte) als Schlichter oder bekommt sogar die Entscheidungsgewalt. Das mag aufgrund geltender Regelungen und Gesetze (noch) nicht möglich sein.

In Zeiten von Globalisierung und Verschlankung in der Wirtschaft muss die (Landes-) Politik das möglich machen können - vor allem wenn im Landtag die Große Koalition jetzt erneut eine satte Mehrheit hat. Also: an die Arbeit Damen und Herren Abgeordnete im Landtag: Schneiden Sie Speck weg, selbst wenn das anfangs wehtut.

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