Schlagstock-Attacke gegen Lkw Straßen-Kampf: Fahrer werden Feinde

Alt-Saarbrücken · Ein Fahrfehler, ein Streit ums Parken: Monate später warten Beteiligte oft auf das Urteil und bangen um mehr als um den Führerschein. Jetzt ist eine Begegnung auf der A 620 ein Fall für die Justiz.

Es ist der 20. April. Gerade noch ist Alltag. Auf der A 620 rauscht der Verkehr dahin. Gegen 12.30 Uhr beginnt der Fall für Polizei und Justiz. In Höhe des Messegeländes zieht ein Auto an einem Lastwagen vorbei. Der Pkw-Fahrer (28) wechselt auf die rechte Spur und bremst seinen Wagen kurz vor der Malstatter Brücke  bis zum Stillstand.

Auch der Lastwagen, gesteuert von einem 26-Jährigen, muss deshalb stehen bleiben. Zum Glück fährt niemand auf, gibt es keine weiteren Beteiligten. Aber für den Lastwagen ist kein Entkommen. Dem Hindernis lässt sich auf der schmalen Fahrbahn nicht ausweichen. Blockade. Und das auf einer der am stärksten befahrenen Autobahnen im Südwesten.

Ein Mann steigt aus dem Pkw, hält einen Teleskop-Schlagstock. Er ist außer sich, beschimpft den Lkw-Fahrer, geht zur Beifahrerseite des Lastzuges und haut mit dem Schlagstock eine Delle ins Blech. Dann fährt er davon. Eine Kamera im  Lastwagen filmt das.

Es wird ein Fall für den Ermittlungs- und Servicedienst der Polizeiinspektion Alt-Saarbrücken, geleitet von Mathias Biehl. Einer seiner Mitarbeiter ermittelt den Pkw-Fahrer aus dem Kreis Neunkirchen. Der will den Spieß umdrehen und zeigt nun seinerseits den Lkw-Fahrer an wegen Nötigung. Der 28-Jährige behauptet, der Lastwagenfahrer sei auf die Überholspur ausgeschert und habe dabei  ihn, den Autofahrer, geschnitten. Die Ermittlungen sind abgeschlossen, die Akte ist klar für den Weg zur Staatsanwaltschaft. Die schwereren Vorwürfe macht die Polizei dem Mann im Pkw: Er habe mit dem Bremsmanöver einen künstlichen Stau verursacht, was ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sein könne. Erst recht auf einer Hauptverkehrsader wie der A 620. Und vor allem, wenn ein Vorsatz, wie in diesem Fall, nur schwer zu bestreiten sei.

Hinzu kommen nach Einschätzung der Alt-Saarbrücker Dienststelle Nötigung, Beleidigung und Sachbeschädigung. Außerdem stellt schon der Besitz des Teleskopschlagstocks einen Verstoß gegen das Waffengesetz dar. Alles in allem drohen dem beschuldigten Pkw-Fahrer der Entzug des Führerscheins und eine Geldstrafe. Zur voraussichtlichen Höhe der Strafe wollte Mathias Biehl keine Einschätzungen abgeben. Darüber entscheide das Gericht.

Wer sich die Rechtsprechung anschaut, stößt in solchen Fällen auf Urteile über sechs bis neun Monate Führerscheinentzug, kombiniert mit einer Geldstrafe von etwa einem Monatsgehalt. Auch gegen den Lkw-Fahrer läuft ein Ermittlungsverfahren, und zwar wegen Nötigung und Beleidigung.

Solche Auseinandersetzungen zwischen Fahrern erregen immer wieder Aufsehen in der Region. Erst vor kurzem waren zwei Männer auf einem Parkplatz in Fürstenhausen aneinandergeraten. Gegenseitigen Beschimpfungen folgten Fausthiebe. Einer der Beteiligten erlitt einen Bruch der Augenhöhle, der Kontrahent Prellungen und Schürfwunden. Anlass war der Polizei zufolge der Streit um einen Parkplatz für Fahrzeuge mit Anhänger.

 Auseinandersetzungen im Straßenverkehr gibt es in der Region immer häufiger. Im April eskalierte ein Streit: Ein Autofahrer schlug auf der A 620 mit einem Schlagstock eine Delle in die Beifahrerseite eines Lkw.

Auseinandersetzungen im Straßenverkehr gibt es in der Region immer häufiger. Im April eskalierte ein Streit: Ein Autofahrer schlug auf der A 620 mit einem Schlagstock eine Delle in die Beifahrerseite eines Lkw.

Foto: Mike Schroeder / argus/Mike Schroeder

Zu dem, was heute auf den Straßen abgeht, hat Mathias Biehl folgende persönliche Einschätzung: „Die Bandagen werden härter.“ Sein Appell an alle auf den Straßen lautet: „Fahren Sie defensiv, rechnen Sie mit den Fehlern  anderer, und fahren Sie nicht aus der Haut, wenn andere etwas falsch machen.“ Sonst kann der Führerschein weg sein. Von Geld- oder gar Freiheitsstrafen ganz zu schweigen. Und in Sekunden ausgelebte Wut könnte über Monate und Jahre schmerzhaft nachwirken. Wenn nicht sogar ein Leben lang.

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