Eben mal die Welt retten? Nur noch kurz die Welt retten?

So politisch kann Jugendtheater sein: Gespräch über das Stück „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“.

 Geld regiert die Welt? Von links Sabine Merziger, Nicolas Bertholet, Eva Coenen und Reinhold Rolser diskutieren vor und mit Jugendlichen.

Geld regiert die Welt? Von links Sabine Merziger, Nicolas Bertholet, Eva Coenen und Reinhold Rolser diskutieren vor und mit Jugendlichen.

Foto: Theater Überzwerg/Uwe Bellhaeuser

Das Kinder- und Jugendtheater Überzwerg hat viele lustige, nachdenkliche, auch hintersinnige Theaterstücke für Kinder und Jugendliche im Angebot. Aber das Stück, das aktuell auf dem Spielplan steht, fällt doch aus dem Rahmen. Gerhard Meisters „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“ ist ein hoch politisches Stück, das sich mit den drängenden sozialen Fragen unserer Zeit befasst. Überzwerg-Chef Bob Ziegenbalg hat es selbst inszeniert. Wir haben mit ihm über das Stück und seine Erfahrungen damit gesprochen.

Millionen Menschen hungern, und für das Coltan in unseren Handys riskieren Sklaven ihre Gesundheit. Aber bei uns werden Lebensmittel weggeworfen, und das neue iPhone liegt wahrscheinlich wieder unter jedem zweiten Weihnachtsbaum. Wir wissen fast alle, dass das alles eine große Schweinerei ist, aber wir verdrängen es und regen uns lieber über Kaugummi in der Bahnhofstraße oder Hundehaufen am Staden auf. Das ist, grob gesagt, der Rahmen von „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“. Sie selbst sind als streitbarer politischer Mensch bekannt. War es also unausweichlich, dieses Stück zu inszenieren?

Bob Ziegenbalg: Ja, es war unausweichlich. Es ist das richtige Stück zur richtigen Zeit. Ich nehme in meinem Umfeld überall wahr, dass der moderne Mensch überfordert ist. Auf der ganzen Welt ist diese Spannung spürbar. Das Stück greift Thematiken der Überforderung und Verdrossenheit auf und regt damit zum Nachdenken an. Damit hält es uns den Spiegel vor.

Wie gehen Sie an das Thema ran?

Bob Ziegenbalg: Die Inszenierung ist sehr minimalistisch gehalten, aufgrund der Wortgewalt des Textes bedarf es keiner überladenen Inszenierung. Die Konzentration aufs Wesentliche steht im Vordergrund.

Sie arbeiten bei Überzwerg seit Jahren viel mit jungen Leuten zusammen. Können Sie die Beobachtung teilen, dass zu viele junge Menschen heute unpolitisch sind, Dinge zu sehr geschehen lassen?

Bob Ziegenbalg: Nein, ich nehme das nicht wahr; die jungen Menschen werden heute leider viel zu selten ernst genommen und nach ihrer Meinung gefragt, insbesondere in politischen Dingen. Dabei ist es wichtig heutzutage, Mut zu haben, aufzustehen und die jungen Menschen zu ermutigen, sich für ihre Meinung einzusetzen. Es gibt auch viele positive Beispiele, die wir beobachten können: Junge Menschen demonstrieren beim Hambacher Forst, gegen den Brexit oder gegen die Waffengewalt in den USA. Daran müssen wir festhalten, das finde ich sehr ermutigend.

Ein paar Mal haben sie „In meinem Hals...“ ja schon aufgeführt. Wie waren die Reaktionen?

Bob Ziegenbalg: Man spürt sehr deutlich, dass nach dem Stück Gesprächsbedarf besteht. Die erste Frage, die dann meistens kommt ist: „Wo kann ich eigentlich anfangen etwas zu ändern?“ Die Antwort darauf lautet: „Fang irgendwo an! Und wenn es nur ist, höflicher zu Deinen Mitmenschen zu sein, auch das kann ein Anfang sein.“ Eine der schönsten Reaktionen kam übrigens von einem 15-jährigen Schüler, der sagte: „Wenn jeder etwas Kleines macht, wird ja vielleicht was ganz Großes daraus.“

Das Gespräch führte Susanne Brenner

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