Tonnen giftiger Stoffe in Bergwerksstollen

Saarbrücken · Welche Gefahr droht, wenn die RAG die Pumpen abstellt und die Bergwerke flutet? Ein jetzt bekannt gewordener Bericht von 1984 zeigt, dass im Saarland unter Tage Tonnen Schmieröl mit gefährlichem PCB lagern.

 Geht es nach den Plänen der RAG, soll ab 2035 Grubenwasser vom Standort Duhamel in Ensdorf in die Saar geleitet werden. Foto: rup

Geht es nach den Plänen der RAG, soll ab 2035 Grubenwasser vom Standort Duhamel in Ensdorf in die Saar geleitet werden. Foto: rup

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Die Diskussion um mögliche Gefahren für Gesundheit und Umwelt durch die geplanten Flutungen ehemaliger Bergwerke gewinnt an Schärfe. Aus jetzt ans Licht gekommenen Bundestagsprotokollen und Untersuchungsberichten des saarländischen Landtags aus den 1980er-Jahren, aus denen das Magazin "Der Spiegel" zitiert, geht hervor, dass in Deutschland zwischen 1979 und 1984 rund 12 500 Tonnen hochgiftiges Hydrauliköl unter Tage eingesetzt wurden. Das Schmieröl soll die seit 2001 verbotene Chemikalie PCB (polychlorierte Biphenyle) enthalten, die im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Weniger als zehn Prozent seien vom Bergbau-Konzern RAG ordnungsgemäß entsorgt worden, schreibt das Magazin. Über 10 000 Tonnen lagerten unter Tage - in Behältern, zurückgelassenen Anlagen oder verschüttet auf dem Boden. Auch im Saarland . "In den Bergwerken der Saarbergwerke AG sind derzeit 56,2 t geringchlorierte PCB als Hydraulikflüssigkeiten unter Tage und 13,7 t hochchlorierte PCB als Isolierflüssigkeiten in elektrischen Betriebsmitteln im Einsatz", heißt es im 70-seitigen Bericht des Untersuchungsausschusses mit dem Namen "Sonderabfall" des Saar-Landtags von 1984, der der SZ vorliegt. Demnach wurden im Saar-Bergbau zwischen 1979 und 1983 1572 Tonnen an PCB-haltigen Stoffen verbraucht. Keine verlässlichen Zahlen gibt es jedoch darüber, welche Mengen des Schmieröls ordnungsgemäß entsorgt wurden, stellt der Bericht fest und folgert, dass die "Sammlung und Beseitigung synthetischer Öle nicht in dem gesetzlich normierten Rahmen" praktiziert worden ist: "Damit muss davon ausgegangen werden, dass durch den Steinkohlenbergbau ganz erhebliche Mengen PCB in die Umwelt freigesetzt werden."

Das Abpumpen des Grubenwassers kostet die RAG jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag. Im Saarland hat der Konzern die Erlaubnis zur Flutung in der Primsmulde, Feld Dilsburg (seit März 2013). Ziel ist es, ab 2035 das Wasser in die Saar abzuleiten.

Naturschützer und Grüne fürchten, dadurch könne PCB in das Grundwasser, die Flüsse und Bäche gespült werden. "Da tickt eine ökologische Zeitbombe", warnt der BUND Saar im "Spiegel". Der Fraktionschef der Grünen im Saar-Landtag, Hubert Ulrich , warnt vor "verheerenden Auswirkungen" und sieht "die Trinkwasservorkommen des Bundeslandes in akuter Gefahr".

2011 hatte eine Untersuchung des Saar-Umweltministeriums ergeben, dass PCB aus dem Bergbau die Kontamination von Fischen in Saar und Blies mit PCB mitverursacht hat.

Die RAG bestätigte auf Anfrage, dass in den 1980ern mehrere Tausend Tonnen PCB-haltiger Flüssigkeiten im Bergbau eingesetzt worden seien. Wie viel belastete Hydraulikflüssigkeit unter Tage ist, sei nicht zu ermitteln. Vom geplanten Grubenwasseranstieg gehe keine Gefahr aus. Es seien mehrere Sicherheitsbarrieren in das Wasserhaltungskonzept eingebaut. Zudem werde das Grubenwasser regelmäßig untersucht, alle PCB-Messwerte lägen unter der Nachweisgrenze. Der Konzern hat im Saarland ein Konzept zur Grubenwasserhaltung vorgelegt, das jedoch umstritten ist. Die Landesregierung hat daher ein unabhängiges Gutachten angekündigt, das mögliche Gefahren für das Trinkwasser prüft. Dies geht den Grünen jedoch nicht weit genug. Ulrich will das Thema in der Plenarsitzung am 21. Januar diskutieren: "Wir lassen nicht zu, dass sich die Landesregierung weiterhin aus ihrer Verantwortung stiehlt und die Bevölkerung über eine mögliche Gesundheits- und Umweltgefährdung im Dunkeln lässt."

Im Dezember hatte die Regierung betont, falls die RAG die Erlaubnis erhalte, das Grubenwasser ansteigen zu lassen, müsse der Anstieg jederzeit gestoppt werden können. Auch von den unter Tage gelagerten Stoffen dürfe bei der Flutung keine Gefahr ausgehen. Sie erwartet, dass die RAG den Antrag zur Grubenwasserflutung 2016 einreicht.

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