Casinogesellschaft Völklingen feiert Jubiläum Ein Stück Stadtgeschichte ist bis heute lebendig

Völklingen · Im Januar 1869 wurde die Völklinger Casinogesellschaft ins Leben gerufen. Und am Samstag feiert sie ihr 150-jähriges Bestehen.

 Jakob Kühlwein, von 1851 bis 1879 Bürgermeister, zählte zu den Gründungsmitgliedern der Casinogesellschaft.

Jakob Kühlwein, von 1851 bis 1879 Bürgermeister, zählte zu den Gründungsmitgliedern der Casinogesellschaft.

Foto: Stadtarchiv Völklingen

Ein Abend im Jahr 1868.  Völklinger Honoratioren saßen gemütlich in der Kneipe zusammen – bis der Ortspolizist kam und „Feierabend!“ gebot. Die Honoratioren waren empört; aber der Ortspolizist hatte das Recht auf seiner Seite, sie mussten heimgehen. Damit ihnen das nicht noch einmal widerfahre, schritten sie zur Tat: Sie gründeten eine geschlossene Gesellschaft.

Im Januar 1869 hoben sie  die Casinogesellschaft Völklingen aus der Taufe, laut Paragraph 1 der Satzung eine „Gesellschaft zum geselligen Verkehr für gebildete Personen“. Zu den Gründungsmitgliedern zählten der damalige Bürgermeister Kühlwein, der katholische Dechant,  der Friedensrichter, der Knappschaftsarzt, der Notar, der Apotheker „und die üblichen Verdächtigen“. So beschreibt Karl-Heinz Kihn, der heutige Präsident, die Entstehung der Völklinger Casinogesellschaft, die am Samstag, 12. Januar, mit einem gemeinsamen Essen ihr  150-jähriges Bestehen feiert. Mit Oberbürgermeisterin Christiane Blatt als Gast. Und mit Bürgermeister Christof Sellen als neuem Mitglied.

Der Verein hatte Vorbilder. In vielen Städten gründeten sich nach der Französischen Revolution Casinogesellschaften, als „Begegnungsplattformen für das aufstrebende Bürgertum“, wie Kihn es formuliert. Schon 1786 entstand die Saarbrücker Casinogesellschaft, die mit der Förderung von Kunst und Kultur auch nach außen bekannt geworden ist. Die Völklinger Schwester-Institution hingegen kennt man in der Öffentlichkeit kaum. Sie ist ihren nach innen gewendeten Anfängen treu geblieben, berichtet der 72-jährige Kihn, ehemals Saarstahl-Personaldirektor. Doch mit ihren rund 100 Mitgliedern, sagt er, sei sie nach wie vor lebendig. Zehn Veranstaltungen organisiert sie jedes Jahr – je einen Kino-, Theater- und Museumsbesuch, eine Betriebsbesichtigung, ein Grillfest, einen Ball, je einen Damen- und Herrenausflug und die Mitgliederversammlung. Bei Letzterer sind nur Männer dabei, so sieht es die Satzung vor. Eine Änderung ist nach Kihns Auskunft nicht geplant. Aber auch wenn sie nicht Mitglieder sein können, „Frauen sind bei uns sehr willkommen, und sie sagen ihre Meinung“.

1978 sei er nach Völklingen gekommen, erzählt Kihn. „Damals kam es einem Ritterschlag gleich, wenn man bei Saarstahl arbeitete und eingeladen wurde, Mitglied der  Casinogesellschaft zu werden.“

Noch heute könne man nicht einfach so eintreten. Zwei Gesellschaftsmitglieder müssten für Neu-Bewerber bürgen, und der Vorstand schaue sich an, ob ein Kandidat „zu uns passt“. Historisches Erbe auch das: Polizeispitzel waren in den frühen Jahren unerwünscht. „Emporkömmlinge oder Neureiche“ (Kihn) ebenso. Ansonsten sei die Gesellschaft völlig offen, „ob jemand schwarz, weiß, gelb oder grün ist, spielt keine Rolle“, alle Nationalitäten seien gleichermaßen willkommen.

Karitativen Ehrgeiz werde es auch künftig nicht geben, sagt Kihn: „Das können wir finanziell gar nicht. Die Saarbrücker Casinogesellschaft hat da einen ganz anderen Hintergrund.“ Dennoch haben viele Mitglieder Erfahrung mit Wohltätigkeit – denn sie gehören zugleich dem Lions-Club an. Kihn, selbst „Löwe“, hebt vor allem Ernst Potthast hervor, „einen sehr verdienten Mann“: Ihn hat Völklingens Casinogesellschaft zu ihrem Ehrenpräsidenten gekürt.

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