Hilfe, Alleswisser unterwegs Meine Alexa heißt Leon

Pubertät macht nicht nur denen zu schaffen, die mitten drin stecken. Elterliche Begleiter leiden manchmal noch mehr. Besonders unter den Formen der zwischenmenschlichen Kommunikation . . .

Hilfe, Alleswisser unterwegs: Meine Alexa heißt Leon
Foto: SZ/Robby Lorenz

Ich habe mich entschieden. Ich spare die 129,99 Euro, die ich eigentlich für ein schickes Gerät ausgeben wollte. Bei uns sollte der Lautsprecher einziehen (Amazon Echo), der per Stimme, nämlich Alexa, gesteuert wird. Man kann Alexa alles fragen, Sie weiß unheimlich viel. Ich habe aber festgestellt, dass ich Alexa gar nicht brauche. Ich habe nämlich Leon. Leon gehört zu der besonderen Spezies der 16-jährigen Alleswisser. Kein Thema, das nicht kommentiert oder besser noch, korrigiert wird. Manchmal bin ich soweit, ich würde sogar in ein Stück Seife beißen, nur damit er aufhört, auf mich einzureden. Im Ernst.

Gestern Abend zum Besipiel. Meine Tochter und ich unterhalten uns darüber, dass wir zuviel Fleisch essen und wie wir den Konsum einschränken wollen. Da schaltet sich Alexa-Leon ein. „Alles Quatsch“, befindet er, eiweißhaltige Nahrung müsse sein. Aber nicht auf der Basis dieser umweltschädigenden Tierhaltung. Leon plädiert für pulverisierte Insekten. Ungläubig schaue ich ihn an. „Kannste vergessen, mein Sohn, ich werde niemals Insekten essen.“ Es folgt der Vortrag über die Gesellschaft und ihre Vorurteile, dann gehen wir über auf das Thema meiner ganz persönlichen Vorurteile. Mein zaghafter Einwurf, man könne es ja mal mit Algen probieren, jodhaltig, wird mit „Bullshit“ abgehakt.  Schon in unserem Salz stecke zuviel davon. Ich habe mal wieder was dazu gelernt.

Genau wie beim letzten Mal. Da überprüfte Alexa-Leon meine politische Gesinnung per Wahl-o-mat. Da er mich in die rechte Ecke steckt, war das Ergebnis ein Triumph für ihn: 46,6 Prozent für die CDU. Ich fühlte mich ertappt und falsch verstanden. Vielleicht sollte er in die Politik einsteigen und Berater werden. Wenn er Gas gibt, könnte er sich noch als jüngster Spin-Doctor ever bei Donald Trump bewerben und ihn so besoffen reden, dass er doch noch den Kyoto-Vertrag unterschreibt zugunsten des Weltklimas oder ein Gesundheitsprogramm in Milliarden-Dollar-Höhe  für alle Amerikaner auflegt. Wenn er wieder nach Hause kommt, habe ich von den gesparten 129,99 Euro einen Rhetorik-Kurs belegt, der sich im besonderen mit der Thematik „Wie trotze ich jugendlichen Alleswissern“ beschäftigt hat.

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