Christen in Aufbruchstimmung Wo Christen Aufbruchstimmung schaffen

Alt-Saarbrücken · Sechs Alt-Saarbrücker Kirchengemeinden und ihre Seelsorger setzten ein starkes Zeichen der Zusammengehörigkeit. Die gemeinsame Osternachtsfeier stand für neuen Schwung. Aber auch für ein Miteinander, das schon lange klappt.

 Die Friedenskirche (rechts) und die Ludwigskirche liegen in Alt-Saarbrücken nahe beieinander. Auch die Zusammenarbeit der Alt-Katholiken under der Protestanten funktioniert.

Die Friedenskirche (rechts) und die Ludwigskirche liegen in Alt-Saarbrücken nahe beieinander. Auch die Zusammenarbeit der Alt-Katholiken under der Protestanten funktioniert.

Foto: MARISA WINTER

Sie ist noch frisch, die Erinnerung an dieses besondere Fest. „Das war war etwas ganz Großes“, sagt Pfarrer Thomas Bergholz von der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Saarbrücken. Menschen aus sechs Kirchengemeinden und Konfessionen hatten sich zur Osternachtfeier auf dem Ludwigsplatz versammelt. Um die 15 Jahre waren seit der letzten ökumenischen Osternacht vergangen. Für Bergholz ist das Christentreffen ein weiteres Zeichen für eine Zeit des Um- und Aufbruchs in Alt-Saarbrücken. Unübersehbar ist, dass „Barock trifft Moderne“, ein Förderprogramm, die Architektur-Schätze des Stadtteils, Ludwigskirche, Friedenskirche und Umgebung, aufwertet. Es brachte rund vier Millionen Euro Fördergeld nach Alt-Saarbrücken. 3,6 Millionen kommen aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“. Damit das hoch verschuldete Saarbrücken seinen Anteil erbringen konnte, erhielt die Stadt vom Land eine Bedarfszuweisung in Höhe von 400 000 Euro.

Natürlich ist Seelsorger Bergholz froh, dass letztlich 1,5 Millionen Euro für die technische Sanierung der Ludwigskirche da waren. Das reichte unter anderem für die Erneuerung von Teilen des Dachs, für eine neue Glockentechnik und eine modernisierte Heizung. Geld für all das hätte die rund 4000-köpfige evangelische Kirchengemeinde nicht aus eigener Kraft aufbringen können. Die trägt an den jährlichen Unterhaltskosten von rund 100 000 Euro für die Ludwigskirche schwer genug. Das macht ungefähr ein Zehntel der Gemeinde-Einnahmen eines Jahres aus.

Für Bergholz rührt die Aufbruchstimmung nicht in erster Linie vom Geld her. Er ist froh, dass sich aus der Gemeinde viele für die gemeinsamen Ziele einsetzen. Vom Großvorhaben „Barock trifft Moderne“ hätte die Kirche ohne „extrem kompetente Ehrenamtliche“ nicht profitiert, wie er betont. Bergholz hat Experten an seiner Seite wie Baukirchmeister Peter Böttcher, im Hauptberuf Professor für Baumanagement an der Hochschule für Technik und Wirtschaft.

Steuerberaterin Iris Fohr bringt ihr Wissen als Finanzkirchmeisterin und Vorstandsmitglied der Stiftung Ludwigskirche ein. „Solche Leute sind für uns wie ein Sechser im Lotto“, sagt Bergholz. Er braucht lebenserfahrene Mitstreiter wie diese in der Gemeindearbeit, weil die Gegensätze im Stadtteil immer mitzudenken sind. Schließlich gibt es dort Wohlhabende, aber genauso eine hohe Kinderarmut.

Thomas Bergholz verbindet die Freude über die aktuelle Aufbruchstimmung mit dem Stolz darauf, was ohnehin schon gut läuft. Die ökumenische Zusammenarbeit auf der Folsterhöhe zum Beispiel, wo sein pastoraler Mitarbeiter Christoph Stattaus viel bewegt und es gut besuchte gemeinsame Gottesdienste mit den Katholiken gibt.

Im noch größeren Rahmen bewährte sich das Teamwork der Katholiken und Protestanten von Alt-Saarbrücken während der Umbauzeit in der Ludwigskirche. Fast ein Jahr lang durften die Protestanten ihre Gottesdienste in der nahen Pfarrkirche St. Jakob an der Keplerstraße feiern. „Das war überhaupt kein Problem“, sagt Bergholz. Hausherren und Gäste hatten keine Schwierigkeiten, ihre Gottesdienstzeiten aufeinanderabzustimmen.

Mit den Alt-Katholiken verbindet die evangelische Gemeinde mehr als der gemeinsame Kirchenarchitekt Stengel. Die Einladung zum gemeinsamen Abendmahl etwa. Oder die Möglichkeit für den Chor der Ludwigskirche, sich im deutlich kleineren Stengelbau gegenüber vor Konzerten einzusingen.

Die große Renovierung beider Kirchen und die Einführung des alt-katholischen Pfarrers Thomas Mayer nutzte die Evangelische Kirchengemeinde für ein Zeichen der Verbundenheit und überließ den Alt-Katholiken die kleine Orgel der Ludwigskirche als Dauerleihgabe. Das gute Stück aus dem Jahr 1964 ist technisch tiptop und kann in der Friedenskirche gute Dienste leisten. Zugleich ist die kleine Orgel im gegenüberliegenden Gotteshaus nicht mehr unbedingt für Konzerte nötig.

Für Bergholz ist diese Leihgabe am Ludwigsplatz ein „Zeichen der innerstädtischen Ökumene und Stengel’scher Verbundenheit der beiden Kirchen“.

 Die Saarbrücker Friedenskirche.

Die Saarbrücker Friedenskirche.

Foto: Becker & Bredel
 Feierten die ökumenische Osternacht auf dem Ludwigsplatz (v.l.): Pfarrer Thomas Mayer, alt-katholische Gemeinde, Diakon Roland Isberner, römisch-katholische Gemeinde, Pfarrer Andreas Berg, selbstständige evangelisch-lutherische Gemeinde, Pastor Joachim Hipfel, freie evangelische Gemeinde, Pastor Joachim Schumann, evangelisch-methodistische Gemeinde, und Pfarrer Thomas Bergholz, evangelische Gemeinde Alt-Saarbrücken.  Foto: Heidi Walter

Feierten die ökumenische Osternacht auf dem Ludwigsplatz (v.l.): Pfarrer Thomas Mayer, alt-katholische Gemeinde, Diakon Roland Isberner, römisch-katholische Gemeinde, Pfarrer Andreas Berg, selbstständige evangelisch-lutherische Gemeinde, Pastor Joachim Hipfel, freie evangelische Gemeinde, Pastor Joachim Schumann, evangelisch-methodistische Gemeinde, und Pfarrer Thomas Bergholz, evangelische Gemeinde Alt-Saarbrücken. Foto: Heidi Walter

Foto: Heidi Walter

Ein Grund mehr für die Aufbruchstimmung, die der Pfarrer in Alt-Saarbrücken spürt – und die er über die denkwürdige Osternachtfeier auf dem Ludwigsplatz hinaus bewahren möchte.

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