Prozess vor WIrtschaftsstrafkammer Chef räumt Betrug und Ausbeutung ein

Saarbrücken · Einen pensionierten Bergmann und Firmenboss erwartet erneut eine Haftstrafe wegen Veruntreuung und Ausbeutung.

 Angehörige und Bekannte des Angeklagten verfolgen den Prozess vor der Saarbrücker Wirtschaftsstrafkammer.

Angehörige und Bekannte des Angeklagten verfolgen den Prozess vor der Saarbrücker Wirtschaftsstrafkammer.

Foto: BeckerBredel

. Der pensionierte Bergmann und Ex-Chef von Baufirmen mit Sitz in Schiffweiler wird wohl noch einige Jahre hinter Gittern verbringen. Seit November 2016 sitzt der 52-Jährige in Untersuchungshaft. Im Prozess gegen den Deutsch-Türken vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts standen schon zum Auftakt die Zeichen auf Verständigung. Nach Angaben der Vorsitzenden Richterin Christiane Schmitt steht nach Gesprächen zwischen den Prozessbeteiligten für den Fall eines umfassenden Geständnisses ein Strafmaß zwischen drei Jahren und neun Monaten und viereinhalb Jahren Haft im Raum.

Im Vorfeld wurde bereits eine Serie von Anklagevorwürfen eingestellt. Das Urteil in dem Verfahren wegen Menschenhandels, gewerbsmäßigen Betrugs und Ausbeutung von hilflosen Ausländern wird voraussichtlich nächste Woche  fallen. Der Angeklagte Rifat Ü. gab sich gestern eher wortkarg. Das Geständnis gab Verteidiger Professor Guido Britz in seinem Namen kurz und bündig in zwei Sätzen zu Protokoll. Derweil suchte der Firmenchef, der in Handschellen in den Saal geführt wurde, immer wieder Blickkontakt zu Angehörigen, die in der zweiten Reihe des Zuschauerraumes Platz genommen hatten. Sieben Frauen mit farbenfrohen Kopftüchern beobachteten das Geschehen. Sie und ihre Begleiter zeigten sich medienscheu, legten mit Hinweis auf Persönlichkeitsrechte gesteigerten Wert darauf, dass sie auf Fotos und Filmen nicht erkannt werden wollen.

Staatsanwalt Christian Nassiry hielt dem Ex-Firmenboss, der in hellem Jackett und dunkler Hose auf der Anklagebank saß, sein Sündenregister vor. Nach verdeckten Ermittlungen, wozu auch Telefonüberwachungen gehörten, schlugen die Ermittler im November 2016 zu. Ein Opfer des Angeklagten, ein Bulgare, der für einen Hungerlohn arbeiten musste, tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Er arbeitete als Eisenflechter auf Baustellen von Ü. Angeblich war ihm ein Stundenlohn von sechs Euro samt Unterkunft versprochen. Der Bulgare holte seine Frau und zwei Kinder nach Deutschland, die in einer leeren Wohnung unter erbärmlichen Umständen hausen mussten. Der Chef begleitete seinen Arbeiter auch zum Jobcenter, erzählte dort wahrheitswidrig, dass der Mann nur geringfügig beschäftigt sei und beantragte für ihn und dessen Familie Sozialleistungen wie etwa Wohngeld und Kindergeld. Dieses Geld wurde angeblich in mehreren  Fällen auf Konten überwiesen, die von dem Boss kontrolliert wurden.

Nach den Ermittlungen trat der Angeklagte bei Behörden wiederholt als Dolmetscher für seine Arbeiter auf. Erstaunlicherweise hat er selbst jetzt im Prozess, in dem es auch um Sozialabgabenbetrug geht, einen Gerichtsdolmetscher an seiner Seite.

Für die Wirtschaftsstrafkammer ist der Angeklagte kein Unbekannter. Bereits 2006 flogen seine Machenschaften in Sachen Einschleusen von Ausländern und Veruntreuung von Arbeitsentgelt auf und wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Im Rahmen der jüngsten Telefonüberwachung wurde aufgezeichnet, wie er einem Gesprächspartner offenbarte: Er habe „nach dem Gefängnis versucht aufzuhören, er kann aber nicht, gehe das Risiko ein und mache weiter“.

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