„Die Masern machen an der Grenze nicht halt“

Saarbrücken · Bundesweit und in Frankreich wurden vermehrt Fälle der Infektionskrankheit gemeldet. Im Saarland ist es bisher ruhig.

410 Masern-Fälle zählte das Robert-Koch-Institut (RKI) bis Anfang April bundesweit. Eine deutliche Steigerung zu 2016, als insgesamt 326 dem Institut gemeldet wurden. Im Saarland gab es bisher 2017 nur zwei Fälle, wie Mathias Gessner, Pressesprecher des Gesundheitsministeriums, mitteilt. Von einer gehäuften Fallzahl könne nicht die Rede sein. Das RKI weist für das Vorjahr einen Fall im Saarland aus, 2015 blieb die Region von der Krankheit ganz verschont.

Karl Stiller, Landesverbandsvorsitzender beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, beobachtet jedoch zurzeit die Entwicklung in Lothringen mit Sorge. "Aktuell haben wir eine kleine Epidemie in Frankreich", sagt er und ergänzt: "Über die Kollegen in Grenznähe und Privat-Nachforschungen haben wir davon erfahren." Er und seine Kollegen erwarten nun, dass weitere Fälle in ihren Praxen auftauchen. "Die Masern machen an der Grenze nicht halt", so Stiller.

Bei der französischen Gesundheitsbehörde ARS beurteilt man die Lage nicht ganz so dramatisch. Es habe bereits Jahre mit mehr Fällen gegeben. Zwischen Ende Januar und Mitte März wurden in der Region Grand Est 61 Masern-Fälle gemeldet. Besonders betroffen sind die Bereiche um Metz und Forbach. Drei Viertel der Betroffenen sind Kinder. "Die durch die ARS geführten Untersuchungen weisen auf eine fehlende oder nicht genügende Impfung der Betroffenen und ihrer Umgebung hin", teilt die ARS mit. In Frankreich ist die Masern-Impfung freiwillig. Sie wird dennoch von Behörden und Ärzten dringend empfohlen. Die erste Impfung erfolgt, wenn die Kinder zwölf Monate alt werden. Um vollständig gegen Masern geschützt zu werden, muss eine Auffrischung der Impfung zwischen 16 und 18 Monaten stattfinden. Im Hinblick auf die aktuelle Verbreitung weist die ARS darauf hin, dass Kinder, die eine Krippe besuchen, die erste Impfdosis bereits mit neun Monaten bekommen können.

Besonders gefährdet seien Säuglinge, erklärt Stiller, denn geimpft werde in Deutschland ebenfalls nach dem ersten Geburtstag. Solange müssen die Abwehrkräfte halten, die das Kind von der Mutter mitbekommen hat. Sind diese jedoch gering, könne der Schutz des Säuglings bereits nach einem halben Jahr auslaufen. Die Impfungsrate im Saarland sei jedoch vergleichsweise hoch, weswegen er und seine Kollegen die Hoffnung hegen, dass es bei Einzellfällen bleibt.

Zumindest für die Schulanfänger hat Gessner, Sprecher des hiesigen Gesundheitsministerium, Impfzahlen. Demnach lag die Quote bei den Schuleingangsuntersuchungen 2015 bei den Schülerinnen und Schülern mit Impfbuch, die eine einmalige Masernimpfung bekommen haben, bei 97,2 Prozent. Immerhin 92,7 Prozent hätten auch die zweite Impfung erhalten, womit das Saarland laut RKI fast im Bundesschnitt liegt (92,8 Prozent). Trotz der hohen Zahlen empfiehlt das Gesundheitsministerium eine sachgerechte Impfung. Bundesweit wird eine Quote von 95 Prozent durch alle Altersgruppen angestrebt, so das RKI.

Stiller und seine Kollegen beim Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte plädieren zudem für ein europaweites und einheitliches Meldesystem, damit bei Notlagen reagiert werden kann.

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