Psychotherapeutenkammer Hunderte Flüchtlinge im Saarland bräuchten Psychotherapie

Saarbrücken · Kammer: Menschen mit Migrationshintergrund bekommen bei psychischen Erkrankungen oft keinen Zugang zu angemessenen Behandlungen.

Die Psychotherapeutenkammer des Saarlandes schlägt Alarm: Die Versorgung von Migranten und geflüchteten Menschen mit psychischen Erkrankungen ist zurzeit nicht zufriedenstellend.

Zum einen fehle es an Psychotherapeuten im Saarland und zum anderen seien die Krankenkassen nicht verpflichtet, die Kosten für einen häufig nötigen Dolmetscher zu übernehmen, sagte die Psychologin Susanne Münnich-Hessel, und Vorstandsmitglied der Kammer. „Uns von der Psychotherapeutenkammer macht dieses Thema schon länger Sorgen und das ganz unabhängig von der Flüchtlingswelle 2015“, sagte die Psychologin. Sie schätzt, dass im Saarland zwischen 500 bis 1000 geflüchtete Menschen psychotherapeutische Hilfe bräuchten. Ebenso verweist sie darauf, dass die Wartezeiten auf einen Therapieplatz sehr lang sein können. Und dass bei der Gruppe der Migranten die Therapeuten auf andere Bedürfnisse reagieren müssten.

Eckart Rolshoven von der Saarländischen Ärztekammer stimmt seiner Kollegin zu: „Die Kapazitäten sind deutlich eingeschränkt und Migranten oder Flüchtlinge haben eine viel höhere Krankheitslast. Es gibt bei dieser Gruppe sehr viel mehr posttraumatische Belastungsstörungen. Ein Hauptproblem ist dabei die Dolmetscherfrage.“ Eine gesetzliche Regelung für Menschen mit Migrationshintergrund oder Flüchtlinge, die in Deutschland anerkannt sind, eine Therapie beginnen wollen und einen Übersetzer benötigen, gibt es bislang nicht. „Bei stummen Patienten ist es zum Beispiel gesetzlich geregelt, dass sie für Arztbesuche einen Dolmetscher zur Verfügung gestellt bekommen“, erklärt Rolshoven. „Das wäre natürlich auch eine Lösung für Migranten.“

Wird eine Therapie bewilligt, kann ein Antrag auf einen Dolmetscher gestellt werden. Für Ingrid Scholz, die bei Baris, einem Verein zur Förderung des Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, für die psychosoziale Beratung zuständig ist, ist eine Gesetzesänderung in dieser Hinsicht dringend notwendig. „Einen solchen Antrag zu stellen, ist ein schwerer  Prozess, den man den meisten Migranten nicht zumuten kann“, bemängelt Scholz.

Weiter bemängelt die Kammer die Bedarfsplanung, also die vorgesehenen Sitze der Therapeuten pro Region. Diese müsse dringend reformiert werden, so Münnich-Hessel. Wo mehr kranke Menschen statistisch zu erwarten seien, solle es auch mehr Therapeutensitze geben. Ebenso sollten in der Bedarfsplanung, für die der Bund verantwortlich ist, bilinguale Therapeuten berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass auch Menschen, die nicht die deutsche Sprache sprechen, behandelt werden können.

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