Gesundheit Wegen Dr. Google schnell in die Klinik

Saarbrücken · Nicht alle Patienten, die in die Notaufnahme eines Krankenhauses kommen, sind dort auch richtig.

 Ärzte und Pflegekräfte in den Notaufnahmen versorgen schwer verletzte oder schwer erkrankte Menschen. Es kommen aber auch Patienten, die besser beim Bereitschaftsdienst aufgehoben wären.

Ärzte und Pflegekräfte in den Notaufnahmen versorgen schwer verletzte oder schwer erkrankte Menschen. Es kommen aber auch Patienten, die besser beim Bereitschaftsdienst aufgehoben wären.

Foto: picture alliance / Friso Gentsch/dpa Picture-Alliance / Friso Gentsch

Patienten in der Notaufnahme, die eigentlich besser bei ihrem Hausarzt oder beim ärztlichen Bereitschaftsdienst aufgehoben wären, sind auch im Klinikum Saarbrücken auf dem Winterberg an der Tagesordnung. Dr. Christian Braun, Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor des Klinikums, erläutert im Interview mit unserer Zeitung, was sich die Patienten dabei denken und wie die Ärzte in der größten Notaufnahme des Landes mit solchen Fällen umgehen.

Herr Dr. Braun, wie groß ist im Klinikum Saarbrücken das Problem, dass Patienten die Notfallaufnahme aufsuchen, die eigentlich zum Hausarzt oder in die Bereitschaftsdienstpraxis gehören?

BRAUN Das ist unterschiedlich. Außerhalb der Öffnungszeiten der niedergelassenen Ärzte und der Bereitschaftsdienstpraxen wird unsere Zentrale Notaufnahme (ZNA) naturgemäß stärker in Anspruch genommen, auch am Wochenende ist sie oftmals deutlich stärker frequentiert als werktags. Wir stellen aber auch fest, dass sich durch die erweiterten Öffnungszeiten der Bereitschaftsdienstpraxis am Klinikum Saarbrücken (wochentags bis 22 Uhr) die Situation deutlich verbessert hat.

Mit welchen Beschwerden kommen Patienten, die letztendlich ungerechtfertigt die Notaufnahme aufsuchen, zu Ihnen?

BRAUN Es handelt sich hierbei häufig um ganz alltägliche Beschwerden wie  Erkältung, Magen-Darm-Infekte oder aber Bagatellverletzungen. Problematisch kann es werden, wenn Patienten mit einer selbst gestellten Diagnose auftauchen – und das kommt auch dank „Dr. Google“ häufig vor. Da gibt es oft eine Diskrepanz zwischen der Meinung des Patienten und der objektiven medizinischen Notwendigkeit und Realität.

Warum gehen diese Patienten in die Notaufnahme und nicht zum Bereitschaftsdienst?

BRAUN Das ist eine Frage, die man nicht pauschal beantworten kann. Grundsätzlich: Unsicherheit und Angst sind starke Motivatoren für ungeplante Vorstellungen – in der Notaufnahme wie auch in der Bereitschaftsdienstpraxis. Wenn ein Patient beispielsweise Brustschmerzen bei sich feststellt, beginnt oft das Gedankenkarussell: Habe ich einen Herzinfarkt? Oder bei Schwindel und Kopfschmerzen: Ist es ein Schlaganfall oder eine Hirnblutung? Da entsteht schnell der Wunsch nach umfassender Abklärung, oft am liebsten in einer Krankenhaus-Umgebung. Menschen, die wegen einer körperlichen Veränderung unsicher sind, fühlen sich oftmals beruhigter, wenn sie die Infrastruktur einer Klinik um sich wissen, und haben deshalb weniger Hemmungen, sich in einer Notaufnahme vorzustellen.

Was sagen Sie einem Patienten, der eigentlich nicht in die Notaufnahme gehört?

BRAUN Grundsätzlich ist es so, dass beim Erstkontakt mit einem Patienten – egal ob Magen-Darm-Infekt, Schwindelanfälle oder Kopfschmerz – nicht auf der Stirn steht, ob eine ernsthafte Erkrankung zugrunde liegt. Der Patient hat ein Problem und begibt sich in unsere Obhut. Für uns gilt dann an dieser Stelle als allererstes die medizinische Sorgfaltspflicht im Rahmen unserer Aufgaben in der Notaufnahme. Wir müssen einschätzen: Ist dies ein Notfall, der in die Notaufnahme gehört oder können wir an den Bereitschaftsdienst verweisen? Handelt es sich überhaupt um einen Notfall, der einer unmittelbaren Abklärung bedarf, oder reicht vielleicht auch ein Termin bei einem niedergelassenen Arzt in ein paar Tagen? Da gehört auch Vertrauen von Seiten der Patienten in die medizinische Expertise dazu. Einem Patienten muss man vielleicht auch mal sagen: Ich verstehe, dass es dir jetzt schlecht geht, aber es ist kein Notfall, bei dem es um Leben oder Tod geht – und ihm dann alternative Lösungen aufzeigen.

Halten Sie es für sinnvoll, dass Kliniken und Kassenärzte – wie der Bund dies plant – künftig gemeinsame Notfallzentren einrichten sollen, in denen sich am Tresen entscheidet, ob der Patient zum Bereitschaftsdienst oder in die Notaufnahme kommt?

BRAUN Eine engere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung ist sicher sinnvoll. Das Klinikum Saarbrücken ist hier, gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung, auf einem guten Weg.

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