Saar-Parteien zur Bundestagswahl Mehr Sorgen als Sieger an der Saar

Saarbrücken · Das Ergebnis der Bundestagswahl treibt auch die saarländischen Parteien um. Neben der AfD sorgt vor allem die SPD für Gesprächsstoff.

 Symbolfoto.

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Foto: picture-alliance/ dpa/Friso Gentsch

Wer nicht wüsste, wie die Bundestagswahl ausgegangen ist, könnte auch an den Gesichtern vor den Mikrofonen auf Anhieb kein Ergebnis ableiten. 17 Stunden nach der 18-Uhr-Prognose von Sonntag stellen sich in Saarbrücken die Vertreter der Landtags-Fraktionen und der Saar-Grünen (die FDP entschuldigt sich terminbedingt) den Fragen der Landespressekonferenz – aber wie ein strahlender Sieger wirkt niemand. Nicht einmal die, die Grund hätten. AfD-Fraktionschef Josef Dörr, der den Anfang macht, erklärt denn auch, von einem „Triumph“ der AfD gebe es „keine Spur“. Vielmehr erlebe man ein „Zwischenhoch“, dem noch viel Arbeit folgen müsse, denn der „Gegner“ sei nach wie vor stark. Man hatte sich mehr erhofft – zumal die Partei im Saarland deutlich unter dem AfD-Ergebnis im Bund liegt.

Dennoch: Die AfD ist eingezogen, entsendet gar einen Abgeordneten aus dem Saarland (s. Text unten) und ist Wahl-Sieger, befindet AfD-Fraktionsvize Rudolf Müller. CDU-Kanzlerin Angela Merkel, die er die „Katastrophengestalt der deutschen Politik“ nennt, habe für ihre „Politik des Linksextremismus“ in Form der „offenen Grenzen für alle“ die „Quittung bekommen“. Zitate wie dieses und der erstmalige Einzug der Rechtspopulisten sorgen am Tag danach für Besorgnis in der übrigen Parteienlandschaft – auch im Saarland.

Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine zeigt sich „zufrieden“ mit dem Ergebnis der Linken. Aber: „Unzufrieden müssen alle sein mit dem Aufstieg der AfD.“ Zu lange habe man die „sozial Benachteiligten“ vernachlässigt, das sei der Hauptgrund für den AfD-Zuwachs, noch vor der Flüchtlingspolitik. Die zweite große Nachricht des Wahl-Abends wiederum – die Absicht der SPD, lieber Opposition als Regierung sein zu wollen – freut Lafontaine. Damit hätten die Sozialdemokraten „zum ersten Mal nach langer Zeit eine Entscheidung getroffen, die ich begrüßt habe“. Er hoffe, „dass sich die SPD berappelt“ – damit wieder „eine starke linke Partei in Deutschland“ entstehen könne. Also eine, die Linke und SPD wieder vereint? Lafontaine verneint nicht, noch sei die SPD aber nicht so weit. Und Jamaika? Glaubt er an ein künftiges Bündnis von Union, FDP und Grünen im Bund, trotz programmatischer Differenzen? Ja. „Ich glaube, das ist schon eingetütet.“

Die Oppositions-Ankündigung ihrer Partei findet SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Petra Berg richtig. Die historische Wahl-Klatsche nennt sie „sehr schmerzlich“, ein Trost sei immerhin das bessere Abschneiden im Saarland und ein zurückgewonnenes Direktmandat durch Josephine Ortleb in Saarbrücken. „Die SPD hat eine gute Arbeit gemacht, dennoch konnten wir nicht alle überzeugen“, sagt Berg. Der Wähler habe der SPD „ganz klar keinen Regierungsauftrag erteilt“. Nun gelte es, sich „neu zu sortieren“ in der Opposition.

Dem bisherigen Koalitionspartner im Bund stößt das sauer auf, wie auch CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Hans klarmacht. Der SPD wirft Hans vor, sich aus taktischen Gründen „aus der Verantwortung zu stehlen“. Um 18.01 Uhr zu erklären, man stehe nicht für eine Regierung zur Verfügung, sei „eine schallende Ohrfeige“ für die Wähler. Das Abschneiden der AfD nennt Hans eine „große Herausforderung“, das eigene CDU-Ergebnis „unbefriedigend“. Dennoch stelle man sich der Verantwortung, eine „Zukunftskoalition der bürgerlichen Mitte“ mit FDP und Grünen zu bilden. Jamaika hält Hans für „machbar“, trotz des Scheiterns im Saarland.

Der saarländische Grünen-Bundestagsabgeordnete Markus Tressel, der den Wiedereinzug geschafft hat, sieht Jamaika als „riesige Herausforderung“, die man „nicht um jeden Preis“ eingehen werde. Auch Tressel wirkt vor allem besorgt. Bei aller Freude über das grüne Abschneiden sei der AfD-Einzug eine „schwere Hypothek“. Daher gelte es, die AfD künftig stärker inhaltlich zu stellen – und sich nun bei der Koalitionssondierung anzustrengen. Neuwahlen seien „das Schlechteste, was wir machen können“. „Denn dann habe ich die AfD bei 20 Prozent.“

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