Schneidewind-Prozess Hals-Bonbons vom Richter für den Verteidiger

Saarbrücken/Homburg · Der Untreue-Prozess gegen den Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind wurde spät am Abend vertagt – nach 13 Stunden.

 Der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD, links) mit seinem Anwalt Joachim Giring, hier beim Prozessauftakt Ende Januar vor dem Landgericht Saarbrücken. Am Montag soll Schneidewind als Zeuge im Prozess gegen seinen Vorgänger Karlheinz Schöner (CDU) aussagen.

Der Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD, links) mit seinem Anwalt Joachim Giring, hier beim Prozessauftakt Ende Januar vor dem Landgericht Saarbrücken. Am Montag soll Schneidewind als Zeuge im Prozess gegen seinen Vorgänger Karlheinz Schöner (CDU) aussagen.

Foto: dpa/Oliver Dietze

„Es muss sich da auch irgendwie heute Abend ein Ende finden!“ Zu dieser Erkenntnis kam Ralf Schwinn, Vorsitzender Richter der großen Strafkammer, die gegen den der Untreue angeklagten Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) verhandelt, am vergangenen Freitagabend um 22.15 Uhr. Mehr als 13 Stunden dauerte der Gerichtsmarathon zu diesem Zeitpunkt schon.  Der Prozess wurde schließlich auf kommenden Donnerstag, 21. Februar, vertagt. Dann werden die Plädoyers von Oberstaatsanwalt Peter Thome und Verteidiger Joachim Giring erwartet. Möglicherweise fällt an diesem Tag auch bereits das Urteil gegen den SPD-Politiker. Neue Beweisanträge der Verteidigung sind aber ebenfalls nicht auszuschließen.

Verteidiger Giring präsentierte am fünften Prozesstag in der so genannten Homburger Detektiv-Affäre eine Serie von über 30 Beweisanträgen. Sein Mandant Schneidewind ist angeklagt, weil er angeblich „pflichtwidrig“ und zum Nachteil der Stadtkasse eine Düsseldorfer Detektei wochenlang mit der kostspieligen Überwachung von Bauhof-Mitarbeitern beauftragt hatte. Die Rechnung dafür macht unter dem Strich  330 000 Euro brutto aus.

Stadt und Detektivbüro prozessieren derzeit in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht in Düsseldorf. Ein vom Saarbrücker Gericht beauftragter Sachverständiger kam zu dem Ergebnis, dass die berechneten und mit Schneidewind vereinbarten Stundenlöhne nicht marktüblich und überhöht waren. Er bezifferte den dadurch entstandenen Schaden auf mehr als 140 000 Euro.

Giring hält das Gutachten des Frankfurter Wirtschaftsprüfers für fehlerhaft und „rechtswidrig“. Der Grund dafür: Offenbar in Abstimmung mit der Strafkammer hat der Experte Angebote von 62 Detekteien angefordert und vorgegeben, er handele im Auftrag eines Mandanten, eines mittelständischen  Handwerksbetriebes aus dem Saarland. Der Verteidiger argumentiert, die Detekteien – von 37 gingen Antworten ein – seien „getäuscht“ worden. Er steht auf dem Standpunkt, das Gericht könne das auf einer Täuschung oder Lüge basierende Gutachten überhaupt nicht verwerten.

Der Anwalt beanstandete zudem, dass über ein Telefonat zwischen einem Richter und dem Gutachter kein Vermerk in den Akten zu finden war.  Beweisanträge, unter anderem mehrere der angeschriebenen Detektive als Zeugen zu hören, wurden allesamt abgelehnt. Giring drohte im Sitzungsverlauf wiederholt die Stimme zu versagen. Richter Schwinn half ihm mit Hals-Bonbons zur Schmerzlinderung aus. Ein Staatsanwalt reichte dem Verteidiger zur Stärkung einen Müsliriegel.

Noch nicht entschieden hat das Gericht über einen Antrag der Verteidigung, das Strafverfahren auszusetzen, bis in dem Düsseldorfer Rechtsstreit zwischen der Kreisstadt Homburg und dem Detektivbüro eine Entscheidung gefallen ist. Hierzu reichte Giring etwa 50 Seiten Schriftsätze  aus diesem Verfahren ein. Diese müssen die Prozessbeteiligten jetzt auf Anordnung des Gerichts bis zum nächsten Verhandlungstag lesen.

Schneidewind hat bereits am Montag einen weiteren Gerichtstermin. Im Untreue- und Betrugsprozess gegen seinen Vorgänger Karlheinz Schöner (CDU) soll er als Zeuge aussagen.

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