Bildungssystem Lehrer fordern neues Konzept für Gymnasien

Saarbrücken · Der Saarländische Philologenverband spricht sich für Informatik- und Mehrsprachenunterricht bereits ab der fünften Klasse aus.

 Ein Schüler tippt auf einem Tablet (Symbolbild).

Ein Schüler tippt auf einem Tablet (Symbolbild).

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Wer heute studiert, kann ein Auslandssemester in Spanien machen, Kontakt zu Freunden in Amerika via Skype halten und Online-Vorlesungen von unterwegs folgen. Die Welt wird immer vernetzter, der Mensch immer mobiler. Doch bereiten die Schulen die Jugendlichen auf diese Welt angemessen vor? Aus Sicht des Saarländischen Philologenverbands nicht. „Das Bildungssystem muss sich bewegen. Wir können nicht mehr so tun, als ob wir im Jahr 1950 wären“, spitzt Marcus Hahn, Vorsitzender des Verbands, es zu. Deshalb hat der Verband ein neues Konzept für die saarländischen Gymnasien entwickelt. Die Idee: Mehrsprachigkeit und Informatik als eigenständige Fächer ab Klassenstufe 5 an Gymnasien. Die Schüler sollen wählen können zwischen den beiden Zweigen. Beide Lernangebote sollen eine „gleichwertige, aber fachlich unterschiedene Herangehensweise an dasselbe Bildungsziel“ sein: die Schüler besser auf Globalisierung und Digitalisierung vorzubereiten.

Was genau verbirgt sich hinter einem Fach „Mehrsprachigkeit“? Laut Hahn ist es die „Weiterentwicklung des Sprachunterrichts“. Statt nur eine Sprache zu lernen, werde der Erwerb mehrerer Sprachen miteinander verknüpft, grammatische Phänomene etwa in verschiedenen Sprachen beleuchtet. Wie viele und welche Sprachen gelehrt würden, müsste noch ausgearbeitet werden, sagt Hahn. Dies stehe auch nicht im Vordergrund. „Es geht darum, Sprache als Medium zu verstehen, als Form des Austauschs zwischen verschiedenen Kulturen.“

Informatik gibt es bisher an einigen Gymnasien ab Klassenstufe 8 optional – viel zu spät aus Sicht des Philologenverbands. Die Jugendlichen befänden sich dann in einer „entwicklungspsychologisch schwierigen Phase“, so Hahn, in der Vorurteile bereits verfestigt seien und sich stärker auf das Wahlverhalten auswirkten als tatsächliche individuelle Neigungen und Fähigkeiten. Dann entschieden sich nur noch Schüler für Informatik, die sich wirklich „intensiv dafür interessieren“, sagt Stefan Nagel, stellvertretender Vorsitzender des Verbands. Dabei spreche Informatik viele Kompetenzen an, die auch in anderen Fächern von großem Wert seien: formale Logik, algorithmisches Denken, strukturierte Problemlösung. Das Bildungsministerium setze bisher vor allem auf Medienbildung an Schulen. Auch das ein „gutes und wichtiges“ Element, so Nagel, aber Informatik reiche viel tiefer. Sie müsse als Wissenschaft vermittelt werden.

Dass das Konzept nicht kurzfristig umsetzbar wäre, ist Hahn und Nagel klar. „Aber gerade deswegen müssen wir jetzt damit anfangen“, sagt Hahn. Speziell im Fach Informatik stünden nicht einmal genügend Studienplätze und Referendariatsstellen zur Verfügung, von fertig ausgebildeten Lehrkräften ganz zu schweigen. Auch die EDV-Ausstattung und die Netzanbindung seien an den meisten Gymnasien noch nicht ausreichend.

Im Bildungsministerium hat man sich mit dem Konzept auseinandergesetzt und reagiert zurückhaltend. Ein zweistündiges Fach Informatik ab Klassenstufe 5 sei zeitlich zu knapp, um den Schülern entsprechende Kompetenzen zu vermitteln, sagt eine Sprecherin. Das Ministerium arbeite aber derzeit an einem umfassenden „Konzept zur informatischen Bildung und Medienbildung von der Grundschule bis zu den jeweiligen Schulabschlüssen aller Schulformen“.

Das Konzept zur Mehrsprachigkeit des Philologenverbands müsste aus Sicht des Ministeriums „noch weiter konkretisiert“ werden. Die Sprecherin betont, Mehrsprachigkeit werde bereits seit Jahren auf verschiedene Weise gefördert. So gebe es zum Beispiel bilinguale Angebote, bei denen die Schüler etwa in Kunst, Geschichte oder Mathematik in einer Fremdsprache unterrichtet werden. Auf diese Weise würden vernetztes Denken und Handeln und interkulturelle Kompetenzen gefördert und die Schüler auf den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt und die Herausforderungen der Globalisierung vorbereitet. Außerdem werde in allen Schulformen bereits seit Jahren an der Umsetzung des Konzeptes der funktionellen Mehrsprachigkeit gearbeitet. Neben Deutsch, Französisch und Englisch würden auch Herkunftssprachen und das Lernen weiterer Sprachen gefördert, so die Sprecherin des Bildungsministeriums.

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