Kommende Slevogt-Schau im Saarlandmuseum Museums-Kracher Slevogt als saarländischer Glücksfall

Saarbrücken. · „Slevogt und Frankreich“ bringt demnächst hochkarätige Impressionisten in die Moderne Galerie. Es ist die erste Ausstellung im Saarbrücker Museums-Neubau, die ein breiteres Publikum ziehen könnte.

 Die Saarbrücker Schau „Slevogt und Frankreich“, zu sehen ab 1. September, soll auch zeigen, dass Max Slevogt kühner war als gemeinhin angenommen. Hier sein „Tiger im Dschungel“ (1917).

Die Saarbrücker Schau „Slevogt und Frankreich“, zu sehen ab 1. September, soll auch zeigen, dass Max Slevogt kühner war als gemeinhin angenommen. Hier sein „Tiger im Dschungel“ (1917).

Foto: Hamburger Kunsthalle

Als der Galerist Paul Cassirer 1899 Max Slevogts „Danae“ (1893) nach Berlin holte, brachte das Bild eine „Chronique scandaleuse“ mit, eine Skandalgeschichte. Slevogt hatte ein mythologisches Sujet ins Prostituiertenmilieu verrückt – in München, wo das Bild zuerst gezeigt wurde, galt das als geschmacklos, untragbar! Cassirer, Förderer der Avantgarde, nahm’s als Ansporn. Er hängte Slevogt neben einen älteren Skandalmaler, neben Edouard Manet.

Nein, Zufall ist das nicht. Eher der Beginn eines roten Fadens, den die Kuratorin Katrin Elvers-Svamberk im Werk Slevogts (1868-1932) aufzuspüren angetreten ist. In den vergangenen drei Jahren ist die stellvertretende Saarbrücker Museumschefin zur Slevogt-Detektivin geworden, die Analogien aufdeckt zwischen den Werken des deutschen Impressionisten Slevogt und den Bildern französischer Kollegen. Sie folgt dabei weniger Slevogts biografischen Spuren, etwa seinen Paris-Aufenthalten oder den raren konkreten Hinweisen in Briefen, was Kontakte zu französischen Kollegen angeht. Sie vertraut ganz ihren Augen, fahndet nach ähnlichen Motiven, Übereinstimmungen in der Pinselschrift oder in der Farbwahl.

„Slevogt und Frankreich“ heißt die Ausstellung, die ab 1. September in der Modernen Galerie zu sehen sein wird und die einem Dialog-Konzept folgt: hier Slevogts „Tiger im Dschungel“ (1917), dort Eugène Delacroix, mit seiner „Inderin, von einem Tiger zerrissen“ (1856). Frappierende Parallelen. Bereits an diesem Beispiel wird das deutlich, was Elvers-Svamberk als eine ihrer Hauptentdeckungen bei den Vorbereitungen schildert: „Dass Slevogt viel kühner, freier und aufregender gearbeitet hat als man es ihm gemeinhin zuschreibt, und wie weit er bereits in die Avantgarden der 20er Jahre vorstößt“. Slevogt sei ein „extrem phantasievoller Typ“ gewesen: „Ich habe doch sehr Feuer gefangen“, gesteht sie.

„Slevogt und Frankreich“, das ist jedenfalls ein ideales Sujet für ein Museum, das, wie der Saarbrücker Stiftungsvorstand Roland Mönig es ausdrückt, „auf die Grenze genäht“ ist. Zumal man gerade dabei ist, eine weitaus stärkere deutsch-französische Identität als je zuvor zu entwickeln. Das geht auch mit einem Wahl-Pfälzer. Im „Jahr eins neuer Zeitrechnung“ (so Stiftungsvorstand Roland Mönig) – 2017 eröffnete der Erweiterungsbau (Vierter Pavillon) – jährt sich Slevogts Geburtstag am 8. Oktober zum 150. Mal. Ab 1914 lebte Slevogt in einem Landgut bei Neukastel, und ist ein saarländischer Glücksfall. Er war eine kunsthistorische Größe als Teil des berühmten „Dreigestirns des deutschen Impressionismus“ neben Corinth und Liebermann, zugleich regional angebunden. Seine Mutter stammte aus Saarbrücken, die Ehefrau aus der Südpfalz. Das Saarlandmuseum besitzt abertausende Slevogt-Werke, mehrheitlich aus der Sammlung Kohl-Weigand, allein 6500 Dokumente, dazu Gemälde, Karikaturen, Buchillustrationen, Lithografien.

Mit dem Landesmuseum Mainz streitet man sich um den Titel des Slevogt-Sammlungs-Champions. Doch die letzte große Saarbrücker Slevogt-Ausstellung datiert zurück ins Jahr 1992. Also wird’s Zeit für die nächste Retrospektive? Nur nicht. „Wir suchten bereits vor Jahren nach einer ungewöhnlichen Perspektive“, so Museumschef Mönig. Denn er wusste, dass auch andere Häuser in Hannover, Mainz und Kaiserslautern für das Jubiläumsjahr 2018 Ausstellungen vorbereiteten. Das für Saarbrücken gewählte Thema stellte sich dann auch noch als in der Tiefe kaum je bearbeitet heraus, was das Museumsteam zusätzlich beflügelte. Schließlich will man nicht einfach nur einen Publikumskracher liefern, für den man neben Slevogts Namen noch populärere aufs Plakat drucken kann: Corot, Cézanne, Courbet, Pissarro, van Gogh, Monet . . . Das dürfte nun auch allen eher traditionell orientierten Museumsfans mit Faible für Ikonen der Kunstgeschichte Entzückensschreie entlocken, nachdem Mönig sie unmittelbar nach der Neubau-Eröffnung durch einen prononciert zeitgenössischen Kurs auf Diät hielt.

Was also wird zu sehen sein? 190 Werke, von Slevogt und 26 Franzosen. 106 Leihgaben reisen an. Gehängt wird nicht chronologisch, sondern nach Gattungen und Themen, unter anderem: Stillleben, Porträts, Krieg, Orient. Dem Grafiker und Illustrator Slevogt gebührt zudem ein eigenes Grafik-Kabinett. Es steht inmitten des früheren Wechselausstellungspavillons, im erweiterten Haus heißt er Trakt C. Doch die Ausstellung springt auch über in den Neubau. Die Landschaften bekommen ihren Sonderauftritt in dem bisher mit Pae-White-Mobiles bespielten Raum im Erdgeschoss. Die Moderne Galerie erprobt also ihre neuen architektonischen Kräfte.

 Inspiration für Slevogt? Eugène Delacroix’ „Tiger, eine Inderin zerreißend“ (Ausschnitt) wird in der Ausstellung zu sehen sein.

Inspiration für Slevogt? Eugène Delacroix’ „Tiger, eine Inderin zerreißend“ (Ausschnitt) wird in der Ausstellung zu sehen sein.

Foto: Staatsgalerie Stuttgart

Eröffnung: 31. August, 19 Uhr.

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