Anti-Armutskonzept Saar-SPD sagt Armut den Kampf an

Saarbrücken · Die SPD-Fraktion hat einen umfassenden Maßnahmenkatalog erarbeitet, um die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern.

 Die Kinderarmut ist, neben dem Fehlen von bezahlbarem Wohnraum, laut SPD eines der drängendsten Probleme im Saarland.

Die Kinderarmut ist, neben dem Fehlen von bezahlbarem Wohnraum, laut SPD eines der drängendsten Probleme im Saarland.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Magnus Jung. Zudem ist laut einer Studie heute jedes fünfte Kind im Saarland von Armut betroffen, dies sei eines der „drängendsten Probleme“. In den Koalitionsverhandlungen der Bundesregierung habe dies eine wichtige Rolle gespielt. So sollen die Landesregierungen beispielsweise einen Aktionsplan gegen Armut vorlegen. Die Saar-SPD stellte nun der SZ ihr Positionspapier vor. Als neuer Vorsitzender des Sozialausschusses und sozialpolitischer Sprecher der Fraktion ist Jung auch federführend bei der Erstellung des folgenden Maßnahmenkatalogs:

▶ Mehr bezahlbarer Wohnraum: Das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum ist laut Jung aktuell „der größte Faktor, der Armut hervorruft“. Es bedarf daher einer konkreten Wohnbaupolitik, die mit Finanzzuschüssen Anreize für die Kommunen schafft, mehr bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen und ungenutzten Wohnraum zu aktivieren. Dem von Bauminister Klaus Bouillon (CDU) vor einigen Monaten vorgestellten Konzept zum Sozialen Wohnungsbau fehle es an validen Daten. Es gebe immer noch keine Zahlen, wie viele Wohnungen benötigt werden und wie viel Wohnraum durch das Projekt überhaupt geschaffen werden kann. Die SPD geht davon aus, dass der Bedarf „mit den momentanen Werkzeugen nicht bewerkstelligt werden kann“, sagt Jung.

▶ Integration: Bildung sei das Instrument für sozialen Aufstieg. Daher „müssen die verschiedenen Systeme noch enger vernetzt und ausgebaut werden“. Schulen, Kinder- und Jugendhilfe, Erziehungsberater und Sozialarbeiter müssen frühzeitig aktiv werden, fordert die SPD.

▶ Kommunale Projekte stärken: „Schön wäre es, wenn wir im Rahmen des ‚Saarland-Paktes’ auch einen ‚Saarländischen Sozialpakt’ hätten“, sagt Jung. Weniger Bildungserfolg, weniger soziale Teilhabe und schlechtere Gesundheit seien die Folgen von Armut und würden vor allem in den Kommunen sichtbar. Deren Finanzsituation lasse aber kaum Spielraum für eine gezielte Armutsbekämpfung. Das Land sei in der Pflicht, auch hier finanziell zu unterstützen, beispielsweise bei der Gemeinwesenarbeit.

▶ Alleinerziehende stärken: Die Kinderbetreuung müsse ausgebaut werden, sodass Alleinerziehende bessere Chancen beim beruflichen Wiedereinsteig erhalten. Darüber hinaus sollen die finanziellen Belastungen von Eltern minimiert werden. Zum Beispiel mit einem kostenfreien Mittagessen in Kitas und Schulen. Im Koalitionsvertrag ist das schon geregelt, landespolitisch kommt es hier aber zu rechtlichen Problemen. „Wir dürfen den einen Euro, den die Empfänger von Leistungen nach SGB II zuzahlen müssen, nicht abschaffen.“ Eine entsprechende Gesetzesänderung werde im Bund vorgelegt.

▶ Soziale Teilhabe in Vereinen: Armut könne durch mehr gesellschaftliche Teilhabe bekämpft werden. Um Kindern aus finanziell schlechter gestellten Familien die Teilnahme am Vereinsleben zu erleichtern, sollen mit Saartoto-Geldern „Kosten für Vereinsbeiträge und Sportbekleidung zumindest in Teilen übernommen werden“.

▶ Kontakt zu Jobcentern verbessern: Da die Institutionen nicht nur Leistungen gewähren sondern auch für Sanktionen, also Leistungskürzungen, verantwortlich sind, gebe es ein großes Misstrauen der Leistungsempfängern. Es sei eine Frage der Würde, und es müsse erkannt werden, wie sie sich behandelt fühlen, um das gegenseitige Verständnis zwischen Jobcentern und den Leistungsempfängern zu verbessern. Die SPD fordert zudem einen Ombudsmann auf Landesebene, der in Abstimmung mit Sozialberatungsstellen und den für den SGB-II-Bezug zuständigen Landkreisen vermittelt.

▶ Flächendeckendes Sozialticket: Mit einem Sozialticket für den öffentlichen Nahverkehr würden diejenigen unterstützt, die aus Armutsgründen auf diese Verkehrsmittel angewiesen sind. Das sei in Abstimmung mit Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) als Zielsetzung bereits formuliert. Wie viel das genau kosten wird, sei noch nicht näher erörtert, so Jung.

▶ Keine Stromsperre: Durch Vereinbarungen mit Energieversorgern soll die Zahl der Stromsperren weiter gesenkt werden.

 Federführend bei der Erstellung des Konzepts: Magnus Jung (SPD).

Federführend bei der Erstellung des Konzepts: Magnus Jung (SPD).

Foto: SPD-Landtagsfraktion/Tom Gundelwein

Spätestens vor der Sommerpause im kommenden Jahr müsse der Aktionsplan gegen Armut verabschiedet werden, sagt Jung. Der Maßnahmenkatalog der SPD liege dem Leitgedanken einer wirksamen Armutsbekämpfung zugrunde.

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