Gefängnisse im Saarland Personalabbau im Justizvollzug gestoppt

Saarbrücken/Ottweiler · Weil die Situation in den Haftanstalten in Saarbrücken, Ottweiler und Saarlouis weiter angespannt ist, zieht das Ministerium jetzt beim geplanten Stellenabbau die Notbremse.

 Der Personalabbau in den Justizvollzugsanstallten im Saarland (hier die Saarbrücker JVA auf der Lerchesflur) ist vorerst gestoppt worden.

Der Personalabbau in den Justizvollzugsanstallten im Saarland (hier die Saarbrücker JVA auf der Lerchesflur) ist vorerst gestoppt worden.

Foto: BeckerBredel

775 Gefangene sitzen derzeit im Saarland hinter Gittern. 584 (111 Untersuchungshäftlinge und 453 Strafgefangene) davon sind im Hochsicherheitsgefängnis auf der Saarbrücker Lerchesflur inhaftiert. In Ottweiler sind nach Angaben des Justizministeriums bei einer Belegungskapazität von 134 Haftplätzen 86 Jugendliche untergebracht, davon 25 in Untersuchungshaft. Ebenfalls in Ottweiler verbüßen 105 erwachsene Männer in Wohneinheiten ihre Strafen. 23 dieser Gefangenen leben im offenen Vollzug in der von Ottweiler aus geleiteten Teilanstalt Saarlouis.  50 Frauen hat die saarländische Justiz in der rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalt (JVA) in Zweibrücken inhaftieren lassen.

Die Situation im Justizvollzug ist seit Jahren extrem angespannt. Es fehlt an Aufsichts- und Betreuungspersonal im so genannten Allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) und in den Werkstätten. In der bereits angelaufenen Urlaubszeit kann akute Personalnot durchaus dazu führen, dass es zu Engpässen kommt. Auf eine Anfrage unserer Zeitung erklärte das Justizministerium, es lasse sich nicht ausschließen, dass es in der Haupturlaubszeit im Strafvollzug zu Einschränkungen kommen werde, insbesondere bei Eintritt „besonderer, nicht planbarer Umstände“. Damit sind etwa Verlegungen von Gefangenen in das besonders gesicherte Krankenzimmer auf dem Saarbrücker Winterberg gemeint. Diese Patienten müssen dann von Sicherheitspersonal rund um die Uhr beaufsichtigt werden, das wiederum in der JVA fehlt.

Auch kurzfristige Erkrankungen können die Personalplanung hinter Gittern zur Makulatur werden lassen. Für die Häftlinge bedeutet dies, dass vorgesehene Freizeitprojekte wie Sport oder gemeinsame Aktivitäten mit anderen Gefangenen abgesagt werden und sie damit länger alleine in ihren Zellen eingesperrt sind.   In der JVA Saarbrücken sind von den 584 Häftlingen 165 Ausländer (darunter 22 Türken, 14 Syrer, zehn Franzosen, acht Algerier, sechs Albaner und vier Afghanen). Eine besondere Herausforderung für das Aufsichtspersonal, das in vielen Fällen bei persönlichen Problemen und Krisen erster Ansprechpartner der Insassen ist. Bei der Verständigung muss deshalb mitunter improvisiert werden.

Die überdurchschnittliche Belastung des Aufsichts- und Betreuungspersonals, das in allen Anstalten rund um die Uhr Präsenz zeigen muss, ist zwischenzeitlich  in der Landespolitik anerkannt. Unter dem Strich stehen bei 360 Vollzugsbeschäftigten mehr als 32 000 Überstunden zu Buche. Auffällig ist auch die hohe Krankenquote von 11,2 Prozent in Saarbrücken, wo der Spitzenwert 2018 Anfang März bei 23,21 Prozent lag. In Ottweiler liegt diese Quote aktuell bei 13,76 Prozent, der Spitzenwert wurde im März mit 31,12 Prozent errechnet.

Ursprüngliche Pläne, mit Blick auf die Schuldenbremse das Personal weiter zu reduzieren, sind zumindest vorerst vom Tisch. Diese Überlegungen gingen von der falschen Prognose aus, dass mit dem Rückgang der Bevölkerung auch die Zahl der Gefangenen sinken werde. In Schubladenplänen war bereits die Schließung einzelner Abteilungen hinter Gittern vorgesehen.  Tatsächlich wurden im Vollzugsdienst seit 2013 exakt 34 Stellen gestrichen. Insgesamt sollten 61 Stellen dem Rotstift und dem Spardiktat geopfert werden.  Dazu wird es aller Voraussicht nach nicht kommen. Justizstaatssekretär Roland Theis (CDU) erklärte gegenüber unserer Zeitung: „Unsere Überzeugung ist, dass ein weiterer Stellenabbau angesichts der gestiegenen Zahl der Gefangenen sowie neuer Aufgaben im Vollzug objektiv nicht möglich ist. Das Ergebnis der Haushaltsberatungen der Landesregierung lautet daher: Solange die Gefangenenzahlen nicht massiv zurückgehen, wird es keinen weiteren Stellenabbau geben.“ Damit habe Finanz- und Justizminister Peter Strobel (CDU) den Abbau de facto gestoppt. Theis weiter: „Das ist ein echter Durchbruch. Unser politisches Ziel ist es jetzt, dass sich aus dem Pakt für den Rechtsstaat der Bundesregierung Mittel für eine Verstärkung des Personals in der Justiz insgesamt ergeben.“ Konkret sollen mehr Nachwuchskräfte eingestellt und ausgebildet werden. 2018 wurden bereits 25 eingestellt, im Herbst sollen zwölf weitere folgen.

„Der Dienstbetrieb im Vollzug wird mit diesen Maßnahmen hoffentlich vor dem Kollaps bewahrt. Unsere Forderungen wurden weitgehend akzeptiert“, kommentiert Markus Wollscheid, Vorsitzender der Gewerkschaft Strafvollzug   (Bund Saarländischer Justizvollzugsbediensteter) diese Zusage des Staatssekretärs. Er spricht von einem „wichtigen Schritt für die Zukunft des Strafvollzugs im Saarland“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort