Wegen aktiver Rolle im Nationalsozialismus Uni entzieht Ex-Regierungschef Auszeichnung

Saarbrücken · Heinrich Welsch, saarländischer Ministerpräsident in den Jahren 1955/56, ist wegen seiner aktiven Rolle im Dritten Reich kein Ehrensenator der Saar-Hochschule mehr. Das entschied der Senat jetzt einstimmig.

 Heinrich Welsch war 1934/35 Leiter der Gestapo in Trier und machte im Dritten Reich Karriere.

Heinrich Welsch war 1934/35 Leiter der Gestapo in Trier und machte im Dritten Reich Karriere.

Foto: oettinger

Die Universität des Saarlandes hat dem früheren Ministerpräsidenten Heinrich Welsch (1888-1976) wegen Verstrickungen in das NS-System posthum die Ehrensenatorenwürde aberkannt. Der Senat der Hochschule folgte am Mittwochabend einstimmig einem entsprechenden Antrag von Uni-Präsident Manfred Schmitt. In dem Beschluss begründet der Senat den Schritt mit der Tatsache, dass Welsch „während des NS-Regimes höchste Ämter bekleidete“.

Die Auszeichnung wurde seit dem Jahr 1961 bisher an 28 Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft verliehen, „die sich in hervorragender Weise durch Rat oder Tat wiederholt und uneigennützig um die Universität des Saarlandes und die Allgemeinheit verdient gemacht haben und von denen erwartet werden darf, dass sie dies auch künftig tun werden“. Die Initiative zur Aberkennung der Ehrensenatorenwürde Welschs war aus dem Kreis der Studenten (Linke Liste) gekommen. Er hatte die Auszeichnung 1961 erhalten, fünf Jahre nachdem er das Amt des Ministerpräsidenten abgegeben hatte. In der Liste der Ehrensenatoren, die auf der Internetseite der Saar-Universität veröffentlicht ist, steht hinter Welschs Name seit gestern die Bemerkung: „2018 aberkannt aufgrund seiner aktiven Rolle in der NS-Diktatur“.

Ein großes Forschungsprojekt zur Gestapo in Trier von Historikern der Uni Trier hatte zuletzt die Zweifel an Welschs Integrität verstärkt. Der Jurist hatte 1934/35 die Gestapo in Trier geleitet – in das Amt war er auf Empfehlung von Hermann Göring gekommen. Die Dienststelle hatte unter Welschs Führung unter anderem die Aufgabe, vor der Saar-Abstimmung von 1935 Gegner des Hitler-Regimes an der Saar auszuspionieren, wie der Trierer Historiker Thomas Grotum im März bei einem Vortrag in Saarbrücken erläuterte. Welsch machte im Dritten Reich Karriere, wurde unter anderem im Zweiten Weltkrieg Beauftragter für das Justizwesen im besetzten Lothringen und Generalstaatsanwalt in Zweibrücken.

 Uni-Präsident Manfred Schmitt hatte die Aberkennung der Ehrensenatorenwürde im Senat beantragt.

Uni-Präsident Manfred Schmitt hatte die Aberkennung der Ehrensenatorenwürde im Senat beantragt.

Foto: Wieck/Thomas Wieck

Dies stellte im Nachkriegs-Saarland jedoch kein Hindernis für eine Beamten- und Politiker-Karriere dar. In der von NS-Gegnern dominierten Regierung des CVP-Politikers Johannes Hoffmann wurde Welsch als Parteiloser Präsident des Landesversicherungsamtes und Direktor des Ministeriums für Arbeit und Wohlfahrt. Als die Regierung Hoffmann zurücktrat, nachdem am 23. Oktober 1955 über zwei Drittel des Saarländer gegen das Saarstatut gestimmt hatten, wurde Welsch Ministerpräsident. Er führte die Regierung übergangsweise vom 28. Oktober 1955 bis zum 10. Januar 1956, als der Landtag den CDU-Politiker Hubert Ney zu seinem Nachfolger wählte.

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