Urteil gegen Syrer Hassan A. „Kein Terrorist, sondern ein Betrüger“

Saarbrücken · Die Richter sind überzeugt, dass Hassan A. versucht hat, den IS zu betrügen. Deshalb soll er zwei Jahre in Haft.

 Das Schwurgericht kurz vor der Urteilsverkündung: Der ursprünglich wegen versuchten Mordes angeklagte  Syrer Hassan A. (rechts) muss wegen versuchten Betrugs zwei Jahre ins Gefängnis.  

Das Schwurgericht kurz vor der Urteilsverkündung: Der ursprünglich wegen versuchten Mordes angeklagte Syrer Hassan A. (rechts) muss wegen versuchten Betrugs zwei Jahre ins Gefängnis.  

Foto: BeckerBredel

Das Schwurgericht am Saarbrücker Landgericht unter Vorsitz von Richter Bernd Weber war sich am Freitag nach längerer Beratungspause einig: „Der Angeklagte ist kein Terrorist, sondern ein Betrüger.“ Ursprünglich saß der 39-jährige Friseur Hassan A. aus Damaskus seit Silvester 2016 wegen Terrorverdachts und versuchten Mordes in Untersuchungshaft. Jetzt verurteilt ihn die erste Strafkammer wegen versuchten Betrugs am Islamischen Staat (IS) zu zwei Jahren Gefängnis ohne Bewährung.

Der Grund dafür: Per Internetchat hat Hassan A. einem – wie er glaubte – IS-Verbindungsmann Pläne für Sprengstoffanschläge mit als Polizeiautos getarnten Fahrzeugen in mehreren Ländern vorgetäuscht. Der IS sollte diese Pläne mit 180♦000 Euro finanzieren. Zur Geldübergabe kam es aber nie. Der Syrer, den Zeugen als sehr geldgierig und in ständiger Geldnot beschrieben haben, ging einem erklärten IS-Gegner auf den Leim. Der schaltete über Umwege die deutsche Polizei ein. Am Morgen des Silvestertages 2016 holten in Spezialeinsatzkräfte aus seinem Zimmer in Burbach. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Der eigentliche Vorwurf des versuchen Mordes ist zumindest vorerst vom Tisch. Weber, der das Urteil 45 Minuten lang begründete, bescheinigte dem Syrer eine „hohe kriminelle Energie“. Die Kammer habe aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme „nicht den geringsten Zweifel daran“, dass der anerkannte Flüchtling, der vor seiner Festnahme einige Monate im Saarbrücker Stadtteil Burbach lebte, „weder fähig noch willens war“, überhaupt die gegenüber einem angeblichen IS-Kontaktmann angekündigten Sprengstoffanschläge („ein ungeheuerlicher Tatplan“) zu begehen. Er habe nie tatsächlich geplant, diese Attentate zu verüben.

Weber: „Der Tatplan war eine Lüge gegenüber dem vermeintlichen IS-Repräsentanten.“ Davon sei das Gericht (drei Berufsrichter und zwei Schöffen) auf Grund des erkannten Lügengeflechtes und der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten überzeugt. Konkrete Hinweise auf behauptete Mittäter, angeschaffte Autos oder Sprengstoff gab es nicht. Vielmehr hat Hassan A. schon seit seiner Festnahme in Vernehmungen konsequent behauptet, er wollte die IS-Terrormiliz um das geforderte Geld prellen.

Oberstaatsanwalt Guntram Liebschner hatte - wie bereits ausführlich berichtet - für den Mann aus Damaskus zehn Jahre Gefängnis wegen versuchten Mordes beantragt. Sein Verteidiger Marius Müller plädierte dagegen auf Freispruch. Er kündigte „auf jeden Fall“ Revision gegen das jetzt gefallene Urteil an. Der Anwalt bezweifelt, wie auch manche Prozessbeobachter, ob die Terror-Organisation Islamischer Staat überhaupt nach deutschem Recht betrogen werden kann. Diese Frage wird wohl demnächst den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen. Der Oberstaatsanwalt meinte, Revision werde seitens der Anklage geprüft. Dieser Schritt „liegt mehr als nahe“.

Hassan A. bleibt nach einem Beschluss des Gerichtes wegen Fluchtgefahr weiter in Untersuchungshaft. Die Richter gehen davon aus, dass ihm die Ausländerbehörde den Flüchtlingsstatus aberkennt und er aus dem Gefängnis heraus abgeschoben werden soll.

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