ÖPNV-Streik in Saarlouis Eine Menge Verständnis für den Streik, aber . . .

Kreis Saarlouis · Die Busfahrer im Kreis Saarlouis haben am Montag gestreikt. Viele Menschen warteten vergebens auf ihre Verbindung.

 Mit roten Plakaten wird an Bussen vor dem Gebäude der KVS in Saarlouis auf den Streik hingewiesen.

Mit roten Plakaten wird an Bussen vor dem Gebäude der KVS in Saarlouis auf den Streik hingewiesen.

Foto: Barbara Scherer

Busbahnhof Lebach, Montagmorgen, 7.48 Uhr: Eine kleine Gruppe von Menschen steht an Steig C und wartet auf die Linie R 5. Planmäßig soll der Bus jetzt gerade einlaufen, aber er tut es nicht. Noch hoffen die Wartenden, dass der Bus nur eine Verspätung hat. Einige Minuten darauf werden die ersten Handys gezückt, ein Mann verlässt den Bussteig, eine Frau organisiert sich telefonisch eine Mitfahrgelegenheit. Der Bus kommt nicht – wie viele im Kreis Saarlouis. Denn die Busfahrer der Kreisverkehrsbetriebe Saarlouis (KVS) streiken.

Während in Lebach die Menschen noch am Bahnsteig stehen, beginnt an der Johannes-Gutenberg-Schule in Schwalbach der Unterricht. Circa 25 der knapp 600 Schüler sind wegen des Streiks nicht gekommen, heißt es aus dem Sekretariat. Die Schule akzeptiert den Streik als Entschuldigung, sagt eine Mitarbeiterin, schließlich seien viele Kinder auf den Bus angewiesen und hätten keine andere Möglichkeit zu kommen. „Zum Glück haben wir gerade Projektwoche“, zeigt sich die Mitarbeiterin erleichtert, „so geht den Schülern kein Stoff verloren.“

Etwas später, um 8.30 Uhr, startet eine andere Art von Unterricht – die Integrationskurse an der Volkshochschule (VHS) Dillingen. Diese werden zu großen Teilen von Flüchtlingen besucht, die in den seltensten Fällen ein Auto haben. „18 Leute sind nicht gekommen“, erzählt Elvira Seger von der VHS. Das ist fast ein Drittel aller Kursteilnehmer. Seger zeigt Verständnis für die streikenden Busfahrer, aber auch für die Menschen, die in den Dörfern wohnen und auf Busse angewiesen sind – Flüchtlinge, Schüler, Ältere: „Wenn man im Dorf wohnt, kann man nicht einkaufen, man kann nichts erledigen.“ Für zwei Personen aus ihrem Ort habe sie am Morgen selbst Taxi gespielt und sie mitgenommen.

Apropos Taxi: Die Nachfrage danach ist am Morgen rapide gestiegen, berichtet eine Taxi-Fahrerin am Saarlouiser Hauptbahnhof. „Das Problem ist aber, dass wir feste Termine haben“, räumt sie ein – und so würden auch Menschen stehen gelassen. Verständnis für die Busfahrer hat sie nicht: Einerseits hätten die Fahrgäste hohe Kosten, andererseits sei die Lage der Fahrer im Vergleich nicht so schlecht: „Wir hätten manchmal mehr Grund zu streiken.“

Verständnisvoller ist Klaus-Dieter Schneider, obwohl auch sein Bus – Saarwellingen, planmäßige Abfahrt um 8.47 Uhr – nicht kommt. „Ich kann nicht gut gehen und muss nur einen Haltepunkt weiter“, erzählt er, „ich kann jetzt nur warten und hoffen, dass mich jemand mitnimmt.“

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bus kommt, ist gering: Nach Angaben von Christian Umlauf von der Gewerkschaft Verdi, die zum Streik aufgerufen hat, fahren weniger als 30 Prozent der Busse. „Es tut uns leid für die Fahrgäste, aber es ist die einzige Möglichkeit, die wir haben“, sagt er. Die Ziele: den Beruf attraktiver machen, das Lohnniveau anheben. Deshalb wird den ganzen Tag gestreikt – in Saarlouis wie in anderen Kreisen.

Den ganzen Tag sind streikende Fahrer am Gebäude der KVS in Saarlouis. Gegen 10.05 Uhr brechen viele von ihnen auf nach Saarbrücken, um die Kollegen dort zu unterstützen. Günther Schmitt aber bleibt in Saarlouis. Der 61-Jährige aus Wadgassen ist seit 25 Jahren Busfahrer und erhofft sich von dem Streik eine einheitliche Regelung für alle. „Wir haben hier drei Lohnstrukturen“, erläutert er die Situation – mit unterschiedlichen Gehältern, Verträgen und Pausenzeiten. Zudem kritisiert er das Verhältnis zum Arbeitgeber, der Rückhalt in der Firma fehle. Und er vermisst das Verständnis der Fahrgäste: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Bevölkerung mehr auf unserer Seite ist. Aber die Leute da draußen wissen ja nicht, wie wir bezahlt werden.“ Nach Angaben von Verdi-Vertreter Umlauf verdient ein Busfahrer um die 2400 Euro brutto monatlich.

 Günther Schmitt arbeitet seit 25 Jahren als Busfahrer. Er erhofft sich einen einheitlichen Tarifvertrag.

Günther Schmitt arbeitet seit 25 Jahren als Busfahrer. Er erhofft sich einen einheitlichen Tarifvertrag.

Foto: Barbara Scherer
 An der Bushaltestelle vor dem Saarlouiser Hauptbahnhof ist nach dem Berufsverkehr am Vormittag nichts los.

An der Bushaltestelle vor dem Saarlouiser Hauptbahnhof ist nach dem Berufsverkehr am Vormittag nichts los.

Foto: Barbara Scherer
 Klaus-Dieter Schneider aus Saarwellingen ist auf den Bus angewiesen. Dass der wegen des Streiks nicht kommt, nimmt er gelassen.

Klaus-Dieter Schneider aus Saarwellingen ist auf den Bus angewiesen. Dass der wegen des Streiks nicht kommt, nimmt er gelassen.

Foto: Barbara Scherer

Nicht alle Busfahrer sind im Übrigen am Streik beteiligt: Manche gehören Subunternehmen an, andere dürfen oder wollen aus anderen Gründen nicht streiken. „Ich kann sie verstehen“, zeigt sich einer dieser Fahrer solidarisch mit den streikenden Kollegen. Ein weiterer betont: „Es wird zu wenig bezahlt.“ Dann fährt er weiter seine Schicht, ganz regulär. Zumindest seine Fahrgäste müssen also heute nicht warten und kommen an ihr Ziel.

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