Ausstellung „Demokratie hatte nirgendwo gute Karten“

Ensdorf · Eine Ausstellung in der RAG-Repräsentanz in Ensdorf zeigt die Entwicklung der Arbeiterbewegung im Saarland. Passend vor Ort.

 Gut besucht war die Eröffnung der Ausstellung „Freiheit, Brot, Gerechtigkeit“ über die Arbeiterbewegung im Saarland in Ensdorf.

Gut besucht war die Eröffnung der Ausstellung „Freiheit, Brot, Gerechtigkeit“ über die Arbeiterbewegung im Saarland in Ensdorf.

Foto: Bodwing

Verfolgt, verprügelt und verhaftet. Die Arbeiterbewegung im Saarland hatte im 19. Jahrhundert einen schweren Stand gegenüber der preußischen Obrigkeit. Auf die Entwicklung dieser Bewegung weist eine Ausstellung in der RAG-Repräsentanz hin, die am Dienstagabend eröffnet wurde. Dafür ist die ehemalige Grube Duhamel ein passender Ort. Denn die ersten Streiter für „Freiheit, Brot, Gerechtigkeit“ in der Saarregion waren Bergleute. Beispielhaft für die Bedingungen, unter denen sie um ihre Rechte stritten, ist Nikolaus Warken. Er war Streikführer bei den frühen Arbeitskämpfen im Saarrevier. Warken wehrte sich beispielsweise gegen die Zwölfstunden-Schicht im Bergbau. Am 15. Mai 1889 forderten unter seiner Versammlungsleitung 3000 Bergleute in Bildstock den Achtstunden-Tag und mindestens vier Mark pro Tag. Ebenso die Abschaffung von Toren, mit denen die Arbeiter während der Arbeitszeiten in den Bergwerken eingeschlossen wurden. Ab 23. Mai streikten die Bergmänner, etwa 15 000 an der Zahl.

Für Warken zog dies seine Entlassung nach sich. Er durfte nicht einmal als Hausierer tätig sein. Im Januar 1893 streikten dann 83 Prozent der Bergleute im Saarrevier. Beide Streiks brachten keine Erfolge mit sich. Vielmehr wurden tausende Streikteilnehmer entlassen. Mehrfach inhaftiert, starb der 1851 in Hasborn geborene Warken 1920 verarmt in seinem Heimatort. Doch andere machten weiter. Auf der Grundlage ihrer beständigen Forderungen entwickelten sich später Gewerkschaften wie die IGBCE und Parteien wie die SPD.

„Die Zustände, die damals herrschten, waren der Auslöser der Arbeiterbewegung“, sagte bei der Begrüßung in dem mit etwa 70 Zuhörern gut gefüllten Saal Martin Becker, Vorsitzender der IGBCE-Betriebsgruppe Saar. Vor dem Hintergrund rechter Tendenzen in Europa, aber auch angesichts von Digitalisierung und virtueller Welt seien die damaligen Themen „aktueller denn je“. Es gehe zudem um die Entwicklung bei Einkommen und Renten sowie um Altersarmut. Die Ausstellung sah Becker als Aufforderung. Um „die großen Ziele, die damals ihren Anfang genommen haben, weiterhin wach zu halten“.

„Dass noch Vieles zu tun ist“, betonte Reinhard Klimmt, SPD. Letztlich gehe es auch heute darum, „einen gerechten Anteil zu bekommen, an dem, was erarbeitet wird“. Die Arbeiterbewegung lief in den Anfängen „vor allem über christliche Gruppierungen“, stellte Klimmt dar. Erst waren Industrielle und preußischer Staat die Gegner, später das Hitlerregime. „Die Demokratie hatte nirgendwo gute Karten“, sagte Klimmt zu dieser Zeit. Und heute denke mancher wieder „in Richtung starker Mann“.

Für entscheidend hielt es Dietmar Geusken, IGBCE-Bezirksleiter, „dass der Bergbau dieses Land erst ermöglicht hat“. Die Schwerindustrie bildete dann nach dem Zweiten Weltkrieg den Rahmen für die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EGKS. Für Europa wurde dies zum „Grundsockel, auf dem wir heute noch leben“.

Mit Szenen aus dem Leben von Nikolaus Warken belebte der Theaterverein Edelweiß aus Hasborn-Dautweiler die Veranstaltung. Die Ausstellung „Freiheit, Brot, Gerechtigkeit – Die Arbeiterbewegung an der Saar“ hat die Stiftung Demokratie Saar der IGBCE zur Verfügung gestellt. 47 postergroße Tafeln zeigen wesentliche Stationen der saarländischen Arbeiterbewegung.

Zu sehen ist die Ausstellung bis 11. April in der RAG-Repräsentanz am Fuße der Bergehalde Ensdorf. Täglich von zehn bis 16 Uhr, Eintritt frei.

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