Jonas Fröhlich Trotz der Krankheit will Jonas hoch hinaus

Nalbach/Diefflen · Jonas Fröhlich hat Mukoviszidose, muss täglich 20 Tabletten schlucken. Dennoch ist er einer der besten Nachwuchs-Weitspringer.

  Jonas Fröhlich ist an Mukoviszidose erkrankt, wurde aber dennoch siebenfacher Leichtathletik-Saarlandmeister  .

Jonas Fröhlich ist an Mukoviszidose erkrankt, wurde aber dennoch siebenfacher Leichtathletik-Saarlandmeister .

Foto: Leistenschneider

Gespannt wartet Jonas auf sein Zeichen und sprintet los. Innerhalb weniger Sekunden nimmt er an Fahrt auf, stürmt nach vorn und gibt alles. Gleich kommt der Moment, er darf ihn nicht verpassen. Mit dem linken Fuß hüpft er auf den Block und mit rechts – Absprung. Wie ein Ball, den man gen Himmel wirft, springt Jonas hoch hinaus, schwebt schwerelos in der Luft und plumpst in die weiche Matte.

Seit fünf Jahren geht Jonas Fröhlich seiner Leidenschaft nach: der Leichtathletik und insbesondere dem Weitsprung. Sport gehört für den Zwölfjährigen zum Leben dazu, zwei bis dreimal trainiert er mehrere Stunden in der Woche. Mit Erfolg: In diesem Jahr wurde er siebenfacher Kreismeister in verschiedenen Disziplinen, wie im Hürdenlauf über 60 und 75 Meter sowie im Hoch- und Weitsprung. Mit seiner sportlichen Leistung überzeugte der Nalbacher 2018 auch saarlandweit und darf sich jetzt siebenfacher Saarlandmeister nennen. In seiner Altersklasse führt er sogar die Bestenliste Deutschlands an. „Wir sind sehr stolz auf seine Leistungen“, sagt Manfred Müller, sein Trainer vom AC Diefflen.

Was man ihm nicht ansieht: Jonas hat Mukoviszidose. „Als er auf die Welt kam, war er ein gesundes Kind“, erinnert sich seine Mutter, Agnes Fröhlich. Mit sieben Monaten fing es dann an. „Er hatte Probleme mit der Verdauung und mit der Lunge. Bronchitis und Durchfall, beides auf einmal“, schildert sie sein Krankheitsbild. Der Schweißtest in Homburg brachte die Erkenntnis: Mukoviszidose, eine Erbkrankheit.

Für Agnes Fröhlich und ihren Mann Holger war die Diagnose damals ein Schock, zumal ihr erster Sohn Jan (15) gesund war. „Auf einmal hatte ich ein anderes Kind“, erzählt sie. Von dem Gendefekt in ihrer Familie wussten beide nichts.

In Jonas Alltag zeigen sich durch die Krankheit viele Auswirkungen. Sein Essen wird mit Kalorien angereichert und er nimmt Verdauungsenzyme zu sich. Pro Tag benötigt er 3500 Einheiten an Fett, was seine Mutter ebenso wie die benötigten Medikamente für ihn berechnet. Er steht früher als andere Kinder auf, weil er eine halbe Stunde inhalieren muss, um seine Lunge zu reinigen, ehe er zur Schule kann. Er muss stehendes Wasser meiden, kann sich seine Hände nur bei geschlossenem Becken waschen. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bekam Jonas bereits früh einen multiresistenten Keim, der die Lunge angreift. „Gesunde können den Keim einfach abhusten“, erzählt Agnes Fröhlich, „aber zu anderen Muko-Kindern ohne den Keim muss er Abstand halten.“

Vierteljährig fährt Jonas in die Homburger Ambulanz, für die große Untersuchung muss er nach Heidelberg. „Seit zwei Jahren hat er Top-Werte“, sagt Agnes Fröhlich. Sie weiß am besten über den hohen Therapieaufwand ihres Sohnes Bescheid, sie kennt den Ärztemangel in Homburg. Dort kümmere sich eine Teilzeit-Ärztin als Spezialistin um alle 80 Muko-Kinder im Saarland, berichtet Jonas Mutter. „Wir haben immer in Homburg gekämpft“, sagt sie, denn im Saarland gibt es nur die Universitätsklinik, die Betroffene fachgerecht behandeln kann.

Was sich nach vielen Einschränkungen anhört, kennt Jonas seit seinen Kindheitstagen nicht anders. Mit dem täglichen Schlucken von mehr als 20 Tabletten, der zusätzlichen Einnahme von Vitaminen. und den anderen Folgen seiner Krankheit arrangiert er sich. In der Schule und im Sport nimmt man auf ihn Rücksicht. Sein Husten gehört zum Alltag dazu, dennoch sei er äußerst fit und habe in der Schule sogar weniger Fehltermine als manche seiner Mitschüler. „Er darf alles machen, er muss nur mehr Dinge beachten als gesunde Kinder“, sagt Agnes Fröhlich.

Der Sport ist für Jonas nicht alleine eine Freizeitbeschäftigung, sondern ein Ausgleich zur täglichen Routine. Die sportliche Betätigung wirkt sich zugleich positiv auf seine Krankheit aus. Er absolviert gemeinsam mit gesunden Kindern Zirkeltraining, Läufe und Sprünge, im Sommer kommen Weit- und Hochsprung hinzu. Es ist in zweierlei Hinsicht ein Erfolgserlebnis. Zum einen, weil er Spaß daran hat und Triumphe erzielt. Zum anderen, weil sich seine Lunge durch die Leichtathletik in einem äußerst guten Zustand befinde. „Bewegung löst und Inhalation lockert den Schleim“, sagt seine Mutter.

All ihre Hoffnung setzt sie daher in die Forschung. „Da tut sich so vieles“, erzählt sie. In den USA forsche man an einem Medikament, das die Einnahme vieler Tabletten auf eine beschränken würde. „Ich kann seine Gene nicht ändern, aber durch die Therapie bekommt Jonas ein lebenswertes Lebensgefühl“, sagt sie.

Dafür muss die Familie sich stark engagieren. Aufgrund seiner Krankheit erhielt Jonas einen Behindertenausweis, der ihm nun aberkannt werden soll. Weil seine Werte top seien. „Aber er ist immer noch krank“, beharrt seine Mutter. Auch die Beantragung von Pflegegeld oder Reha sei ein harter Kampf. Über seine unheilbare Krankheit mache sich Jonas aber keine Gedanken, meint Agnes Fröhlich. Wie sie ihm von seiner Erkrankung erzählt haben? „Wir haben ihm gesagt, dass er eine Krankheit hat und dass es ihm besser geht, wenn er inhaliert.“

Wenn Jonas die Schule beendet hat, will er Informatik studieren. „Uns wäre es lieber, wenn er eine Ausbildung macht“, erzählt Agnes Fröhlich. Dann habe er Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente und damit eine Absicherung in der Tasche. Aber so weit denkt Jonas jetzt noch nicht. Sein Ziel ist, an der deutschen Leichtathletik-Meisterschaft der U16 teilzunehmen. Bis dahin muss er sich allerdings noch zwei Jahre gedulden.

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