Big-Therapie bewegt Parkinson-Patienten

Saarlouis · Patient Frank Michler nimmt derzeit an einer speziellen Therapie teil. Sie soll ihm mehr Bewegung ermöglichen.

 Ruth Schiffmann therapiert Frank Michler in ihrer Praxis in Saarlouis. Mit der BIG-Therapie gegen Michlers Parkinson-Krankheit soll ihm mehr Sicherheit im Alltag gegeben werden. Foto: Carolin Merkel

Ruth Schiffmann therapiert Frank Michler in ihrer Praxis in Saarlouis. Mit der BIG-Therapie gegen Michlers Parkinson-Krankheit soll ihm mehr Sicherheit im Alltag gegeben werden. Foto: Carolin Merkel

Foto: Carolin Merkel

"Stellen sie sich vor, sie fahren auf der Überholspur mit 200 Stundenkilometern und von einer auf die andere Sekunde befinden sie sich auf dem Standstreifen, alles rast an ihnen vorbei", versucht Frank Michler seine Gefühle, die er am 2. November 2011 hatte, in Worte zu fassen. An dem Tag hat er die Diagnose "Parkinson" erhalten. Mit 41 Jahren, sagt er, war auf einmal alles anders. Dabei, betont Michler, hatte er Glück im Unglück, der Hausarzt kam sehr schnell auf die richtige Diagnose, die Klinik hat den Verdacht ebenso rasch bestätigt.

Inzwischen ist Michler 46 Jahre alt, die Krankheit, das weiß er, ist sein ständiger Begleiter. An seiner Seite sind die Ärzte, die in medikamentös behandeln, die Familie, die ihm Kraft gibt, die Selbsthilfegruppe "Jung und Parkinson" und nicht zuletzt seine Physiotherapeutin Ruth Schiffmann. Die hat aktuell Großes mit ihm vor. Im Rahmen eines Symposiums zum Thema Parkinson wurde sie auf eine spezielle, in den USA entwickelte Bewegungstherapie aufmerksam.

Hinter der Abkürzung "LSVT/BIG" verbirgt sich zum einen die erste Patientin, Lee Silvermann mit ihrer Voice Treatment (Sprachtherapie), zum anderen stehen die Buchstaben "BIG" für groß. "Mit großen Buchstaben, die in der Logopädie auch sehr groß ausgesprochen werden, konnten Therapeuten ihr helfen, wieder verständlicher zu sprechen", erklärt Schiffmann.

Auch bei Frank Michler geht es um eine Rückgewinnung an Größe, allerdings hauptsächlich im Rahmen seiner Bewegungsamplitude. Die ist, wie Schiffmann erläutert, bei sehr vielen Parkinson Patienten deutlich verkleinert. "Wenn man einen Patienten auffordert, einen großen Schritt zu machen, dann kommen meist sehr kleine Bewegungen heraus", erklärt sie. Auch Michler hat diese Erfahrung gemacht. Er hat, da die rechte Seite viel stärker betroffen ist, lange Zeit vermieden, mit dem rechten Fuß den ersten Schritt zu machen oder mit der rechten Hand eine Flasche zu greifen.

Ein paar BIG-Therapieeinheiten hat er mittlerweile mit Ruth Schiffmann absolviert und kann, wie er betont, schon eine deutliche Verbesserung spüren. Das beweist er auch gleich, nimmt die Flasche ohne Zittern, ohne Verzögerung in die rechte Hand. "Es handelt sich um eine sehr hochfrequente Therapie, der Patient kommt vier Wochen lang an vier Tagen in die Praxis, muss daneben ebenso regelmäßig täglich zu Hause trainieren", erklärt Schiffmann.

Dass das sehr anstrengend ist, muss Michler nicht betonen, das zeigt der Besuch in der Therapieeinheit. Frank Michler sitzt ganz aufrecht auf einem Stuhl und wiederholt die Rumpfdrehung. "Das ist eine Übung hier im kleinen, die im Alltag dabei hilft, deutlich besser aus dem Auto auszusteigen", erläutert die Therapeutin. Sie muss in der Therapie in die Offensive gehen, oft auch übertreiben, sehr große Bewegungen vormachen. Frank Michler visualisiert, macht nach, übt mit großer Konzentration die Bewegungen. Nach vier Wochen, sagt Schiffmann, ist die Therapie erst einmal abgeschlossen, das Gehirn ist, wie sie erklärt, neu kalibriert, hat die neuen, großen Bewegungen abgespeichert. "Natürlich muss man immer dranbleiben, damit die Kleinschrittigkeit nicht wieder einsetzt", sagt sie.

Für Michler ist das Üben kein Problem, er hat schon nach den ersten Einheiten eine deutliche Verbesserung gespürt. "Das gibt mir eine viel höhere Sicherheit im Alltag", erklärt er. Neben dem subjektiven Empfinden des Patienten und seiner Umwelt, erklärt Schiffmann, ist das Ergebnis auch auf Hirnebene in bildgebenden Verfahren feststellbar. Neben der SHG Kliniken Sonnenberg, die die BIG Therapie stationär anbietet, ist Ruth Schiffmann in der Praxis für Physiotherapie Saarlouis Mitte die einzige ambulante Stelle für die BIG-Therapie im gesamten Saarland.

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Kontaktdaten der Ansprechpartner Weitere Informationen zur BIG-Therapie bei Ruth Schiffmann, Physiotherapie Saarlouis Mitte, Lothringer Straße 3-5, 66740 Saarlouis, Telefon (0 68 31) 4 88 01 80; Infos zum Verein "Jung und Parkinson", kommissarischer Vorsitzender Frank Michler unter www.jung-und-parkinson.de

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